Der Flugbetrieb ruht, und Busse sowie Straßenbahnen rollen seit Wochen mit wesentlich weniger Passagieren an Bord durch Bremen. Wenig überraschend gehören die Flughafen GmbH und die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) zu den Unternehmen mit städtischer Beteiligung, denen die Corona-Pandemie besonders zusetzt. Nach der Gesundheit Nord, die mit einem zu erwartenden Minus Fehlbetrag von rund 58 Millionen Euro kalkuliert, gehen auch Flughafen und BSAG von Umsatzeinbußen in jeweils zweistelliger Millionen-Höhe aus. Der BSAG könnten je nach Entwicklung der Gesamtlage am Jahresende im besten Fall bis zu 18 Millionen Euro, im schlimmsten bis zu 35 Millionen Euro fehlen, dem Flughafen rund 33 Millionen.
Aktuelle und geplante Lockerungsmaßnahmen eingerechnet, hält BSAG-Vorstand Hajo Müller derzeit ein Umsatzminus von rund 24,4 Millionen Euro für realistisch, die die Stadt zum jährlichen Verlustausgleich (für 2019: 63 Millionen Euro) addieren müsste. Das erklärte er am Freitag den Mitgliedern des Haushalts- und Finanzausschusses. „Wir müssen aber von Monat zu Monat schauen“, sagte Müller, „es ist schwierig, schon jetzt langfristige Prognosen zu erstellen.“ Die Liquidität sei derzeit allerdings unter anderem durch Zahlungen aufgrund der verspäteten Auslieferungen der neuen Straßenbahnen nicht in Gefahr.
Kosteneinsparungen seien aufgrund der bereits zu Beginn der Pandemie in Bremen mit der Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) beschlossenen Übereinkunft, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf einem möglichst hohen Niveau aufrechtzuerhalten, nicht leicht zu erzielen. Das Problem für die BSAG: Die Menschen haben trotz Maskenpflicht Angst, sich in Straßenbahnen oder Bussen zu infizieren – das Abstandsgebot von 1,50 Metern kann im ÖPNV mangels Platz in den Fahrzeugen nicht eingehalten werden. Im April hat sich der Umsatz laut Müller nahezu halbiert: Er sank von 9,3 Millionen Euro auf 4,5 Millionen Euro.
Dabei spiele auch eine Rolle, dass seit Mitte März aus Schutzgründen keine Tickets mehr in Bussen verkauft werden dürfen. "Dadurch verlieren wir rund 600.000 Euro pro Monat", sagte der BSAG-Vorstand. Nach und nach sollen Scheiben in die Busse eingebaut werden, die die Fahrerinnen und Fahrer schützen; dann wäre der Ticketverkauf wieder möglich. Die mittel- und langfristige Unternehmensplanung stelle die BSAG vor weit größere Herausforderungen, sagte Müller. "Wir werden so schnell nicht wieder auf Vorkrisenniveau kommen.
Tausende Abos gekündigt
Das Mobilitätsverhalten der Menschen ändert sich." Bereits jetzt seien rund 4000 Monatsabos und rund 2000 Jobtickets gekündigt worden. Themen wie Verkehrswende oder Umweltschutz, die die Konzepte vor der Krise bestimmten, seien vor dem aktuellen Hintergrund zwar nach wie vor wichtig, fraglich aber ihre schnelle Umsetzung. Müller: "Wir halten es immer noch für geboten, das umzusetzen. Aber die Rahmenbedingungen werden andere sein."
Davon geht auch Flughafen-Geschäftsführer Elmar Kleinert aus. Seit der Abfertigung des letzten Linienfluges ab Bremen am 25. März läuft der Hans-Koschnick-Airport im Notbetriebsmodus. Alle Mitarbeiter sind in Kurzarbeit – was laut Kleinert Einsparungen von rund zehn Millionen Euro bringt. „Derzeit verhandeln wir auch mit dem Betriebsrat die Möglichkeit, Mitarbeiter an andere Firmen auszuleihen“, erklärte er im Ausschuss.
Durch den Stopp des Flugverkehrs fehlen nun auch Einnahmen etwa durch die Mieten der Reisebüros und Geschäfte, erste Kündigungen seien bereits eingegangen, sagte Kleinert. Bis Juni 2021 werde der Flughafen rund 28 Millionen Euro benötigen, um geschäftsfähig zu bleiben. „Ein Antrag für das temporäre Cash-Pooling der Stadt Bremen ist bereits gestellt“, sagte der Flughafen-Chef – also die Teilnahme am 50 Millionen Euro schweren Programm, mit denen die Stadt den eigenen Firmen Überziehungskredite gewährt.
Auch der weltweite Flugbetrieb wird nach Kleinerts Ansicht lange brauchen, um sich von der Krise zu erholen. Für 2021 kalkuliert er für Bremen mit 1,5 Millionen Passagieren – das wären 800.000 weniger als im Jahr 2019, in dem der Flughafen ebenfalls schon ein deutliches Minus zu verzeichnen hatte. Als positiv wertete der Geschäftsführer, dass bislang keine der Airlines, die in Bremen am Start sind, aufgeben musste. Kleinert: „Alle planen ihren Wiedereinstieg in Bremen.“ Die ersten Flugzeuge sollen übrigens zwischen dem 18. und 20. Mai wieder starten: Die Lufthansa will dann zwei Mal pro Tag München anfliegen – die Passagiere müssen sowohl im Terminal als auch in den Maschinen Maske tragen. Nur jeden zweiten Flugzeugplatz zu besetzen, sei dagegen nicht geplant, sagte Kleinert.