Altstadt. Ihr Leben wurde gleich mehrfach verfilmt. Doch ihre Berühmtheit ist eher eine traurige. Die 1785 geborene Bremerin Gesche Gottfried vergiftete 15 Menschen mit Arsen. Niemand schöpfte Verdacht, erst Gottfrieds Vermieter Johann Christoph Rumpff wurde misstrauisch. Am 6. März 1828 hat man die Giftmörderin verhaftet und am 21. April 1831 das Todesurteil vollstreckt. Der Spuckstein erinnert heute an ihre Hinrichtung auf dem Domshof, die zugleich die letzte öffentliche in der Hansestadt war. Ihr Motiv bleibt auch im Bremer Geschichtenhaus im Dunkeln. Doch wenn Gesche hier ihren Auftritt hat, ist es meist mucksmäuschenstill – geht es doch um eine Serienkillerin.
Schauspieler erwecken historische Figuren
Rund 30 Schauspieler schlüpfen im St.-Jakobus-Packhaus im Schnoor in eine oder mehrere Rollen historischer Figuren. In originalgetreuen Kostümen und Kulissen machen sie vergangene Zeiten lebendig. Die Besucher sind nicht nur Publikum, sondern mittendrin im Geschehen. „Das ist wirklich einmalig bei uns. Die Leute können in die Vergangenheit reisen und die Szenen hautnah miterleben“, erklärt Jens Folkerts vom Bremer Geschichtenhaus. „Auch für unsere Schauspieler ist jeder Auftritt ein kleines Abenteuer, denn sie müssen die Aufmerksamkeit der Gäste jedes Mal neu gewinnen.“ Die Akteure sind übrigens keine Profis. Das Geschichtshaus ist ein bundesweit einmaliges Projekt für Langzeitarbeitslose. Beschäftigungsträger ist der Verein Bras.

Die Fisch-Luzie errang als schlagfertige Fischhändlerin Berühmtheit.
Den Darstellern ist es jedenfalls zu verdanken, dass die Kombination aus Museum und Geschichte alles andere als langweilig ist. Professionelles Schauspiel- und Bewegungstraining sowie viel Begeisterung für Improvisation helfen ihnen dabei, den Ausflug ins vergangene Bremen zu einer spannenden Rundreise zu machen. Beginnen tut die 1646 mit dem Linzer Diplom. In der Unabhängigkeitsurkunde bestätigte Kaiser Ferdinand III. die Reichsunmittelbarkeit von Bremen. 100.000 Gulden haben die Ratsherren damals dafür bezahlt. Zwar musste die Stadt ihre Freiheit immer wieder verteidigen, trotzdem liegen hier die Wurzeln ihrer Selbstständigkeit. Ein geschichtsträchtiges Ereignis also, aber auch spannend? „Ganz klar“, sagt Folkerts, „unsere Figuren sind keine trockenen Lehrbuchcharaktere, sondern Menschen mit Emotionen. Gerade in der heutigen oft digitalen Welt bieten wir einen Ort, an dem man entschleunigt in die Geschichte eintauchen kann.“
Acht verschiedene Stationen
Acht Stationen gibt es insgesamt. Die vier im Untergeschoss sind bei jedem Besuch dabei, die im Obergeschoss variieren je nach Tagesbesetzung. Der Rundgang bietet einen Querschnitt durch die Stadthistorie. Dabei begegnet man zum Beispiel Bremens Stadt-Original Heini Holtenbeen oder der Fisch-Luzie, die Ende des 19. Jahrhunderts als warmherzige, aber ebenso schlagfertige Fischhändlerin Berühmtheit erlangte. Sechs Stationen bekommen die Gäste in der Regel zu sehen, mehr ist zeitlich nicht drin. Für Folkerts ist das ein guter Grund, wiederzukommen. „Jeder Besuch ist ein Unikat und hinterlässt bleibende Eindrücke.“ Und noch etwas anderes ist wohl einmalig: Auch Hunde sind im Geschichtenhaus willkommen.