"Viele Auswärtige kennen unsere Stadt gar nicht und haben keine oder eine schlechte Meinung von Bremen", gab Karin Take von der Wirtschaftsförderung auf der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses des Beirates Mitte zu. Aber das ändere sich schlagartig, wenn sie hier von den Fachleuten an die Hand genommen werden würden, fügte sie hinzu. Die meisten Interessenten etwa aus den Niederlanden und Kopenhagen, die sich vorstellen könnten, in der Hansestadt wirtschaftlich etwas anzuschieben, seien begeistert, wenn sie erst einmal das historische Zentrum samt Roland und Weltkulturerbe Rathaus gesehen hätten. Doch das Zentrum Bremens hat, vielleicht einmal abgesehen von den historischen Gebäuden, mittlerweile so einige, gravierende Schönheitsfehler. Der Leerstand reißt unschöne Lücken in die City.
Die Wirtschaftsbehörde vertreten durch die Wirtschaftsförderung Bremen setzt nun alles daran, Überzeugungsarbeit zu leisten und mit Macht gegen diese Entwicklung gegenzusteuern. Take sieht sich und ihr Team dabei gut aufgestellt. Das Projekt "Stadtlabore für Deutschland: Leerstand und Ansiedlung" soll es nun richten. Bremen ist eine von insgesamt 15 ausgewählten Städten, die sich um finanzielle Mittel des Bundeswirtschaftsministeriums beworben haben. Ein Ziel ist es, mit der Vitalisierung der Innenstädte gegen Leerstände vorzugehen. Die hat es in Bremen zweifelsohne auch bereits vor Corona gegeben, "aber Corona habe wie ein Brandbeschleuniger gewirkt", berichtete Anna Bilski von der Wirtschaftsbehörde den Sachstand.
Ein Blick in die prominenten Lagen der Innenstadt ist eher desillusionierend: Leerstände in der Lloydpassage, aber auch in der Obernstraße, erst jüngst hat die große Telekom-Filiale in unmittelbarer Nähe des Blumenmarktes die Segel gestrichen. Schon länger leer steht die Crobag-Filiale in der Pieperstraße. Passgenau und maßgeschneidert sollen nun Miet-Interessenten und Immobilien-Eigentümer miteinander in Kontakt gebracht werden, und zwar über die Digitalisierung der Leerstandserfassung. Das erklärte Ziel: Dem Leerstand entgegenwirken, bevor er sichtbar wird. Vielerorts würden immer noch Excel-Tabellen mit teils veralteten Daten geführt, sagte Bilski. Da sei die Einführung eines digitalen Leerstandsmanagements eine große Erleichterung.
Der Kontakt zu den Eigentümern gestalte sich zudem oftmals schwierig, sagte Karin Take. Sie betonte, dass der Umgang mit Immobiliendaten generell hochsensibel sei. "Trotzdem versuchen wir, so viel wie möglich über den Eigentümer zu erfahren", sagte sie. Ein weiteres Ziel sei es, möglichst frühzeitig zu erfahren, zu welchem Zeitpunkt Mietverträge ausliefen, um frühzeitig aktiv werden zu können. "Manche Eigentümer kommen auch proaktiv auf uns zu", schilderte sie. Die Einhaltung des Datenschutzes und das generelle Pochen darauf führt allerdings auch dazu, dass die Entwicklung einiger Quartiere für benachbarte Einzelhändler nur schlecht oder gar nicht vorausgesehen werden kann. Was das bedeutet, ist momentan am Beispiel Steintor zu besichtigen. Denn die Angaben von Eigentümerseite sind freiwillig.
Generell sieht sich die Wirtschaftsförderung aber gut aufgestellt. So gelte es, neue Konzepte für mehr Vielfalt zu entwickeln. Da sei mit der Etablierung von Pop-up-Stores einiges in Gang gesetzt worden, resümierte Take. Noch ist die digitale Plattform, die im Frühjahr 2022 scharf geschaltet werden soll, auf die Leerstände in der Innenstadt beschränkt. Karin Take zufolge soll sie aber möglichst bald auf das Viertel ausgedehnt werden, das ja mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat. Zunächst müsse es aber darum gehen, den Kern der Innenstadt so schnell wie möglich weiterzutreiben. Ihr Wunsch wäre es, personell noch mehr aufzustocken. Und Anna Bilski ergänzte, dass die Einrichtung einer solchen Datenbank auf jeden Fall auch für andere Stadtteil sinnvoll wäre. "Das Ganze hängt aber immer auch von den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln ab", räumte sie ein. Auf die Frage von Marcel Schröder (FDP), ob die bereits etablierten Immobilien-Portale wie Immoscout nicht ausreichen würden, erwiderte Take, dass das im Aufbau befindliche, digitale Netzwerk bei der Wirtschaftsbehörde noch einmal wesentlich detaillierter und umfangreicher sei, es würden aber Synergien zwecks gegenseitigem Austausch mit anderen Portalen genutzt.