Es gibt bereits Vergleiche zwischen der Greensill Bank und Wirecard, nachdem die deutsche Finanzaufsicht, die Bafin, Mittwoch beim Geldinstitut ein Moratorium verhängt und Strafanzeige bei der Bremer Staatsanwaltschaft gestellt hatte. Durch das Moratorium kommen die Anleger momentan nicht an ihr Geld. Die kommenden Tage werden sowohl für sie zur Hängepartie als auch für die 140 Beschäftigten.
Nach Angaben der „Financial Times“ bereitet Greensill Capital als Bankengesellschaft in Großbritannien bis Ende der Woche die Insolvenz vor. Für den australischen Teil wurde bereits am Dienstag Gläubigerschutz beantragt. Sollte dies zur Insolvenz der Bank in Bremen führen, wären die Anleger über den Einlagensicherungsfonds abgesichert. Viele von ihnen haben sich über die Internetportale Zinspilot.de und Weltsparen.de aufgrund der Konditionen für die Greensill Bank entschieden und ein Konto für Tagesgeld oder Festgeld eröffnet. Die Mindesteinlagesumme lag bei 20.000 Euro. Die Raisin Bank als Firmenmutter von Weltsparen.de hatte allein 15.000 Anleger genannt. Über dieses Portal hatte das Bremer Bankhaus mehrere 100 Millionen Euro eingenommen. Bis Ende 2019 soll die Bank gut eine Milliarde Euro über die genannten Portale von Privatanlegern bekommen haben.
- Lesen Sie hier unseren Kommentar zur Greensill Bank: Fragwürdige Arbeit der Wirtschaftsprüfer
Annabel Oelmann, Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen erläutert, wie sicher das Geld der Privatanleger ist: „Sie sind über die gesetzliche Entschädigungseinrichtung für Einlagen bis 100.000 Euro abgesichert. Außerdem ist die Greensill Bank Mitglied in der Einlagensicherung privater Banken.“ Im Schadensfall erhalten Kunden von der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken innerhalb von sieben Werktagen ihre kompletten Einlagen zurück. „Sie werden von der Entschädigungseinrichtung angeschrieben und müssen nicht aktiv werden“, sagt Oelmann. Ebenso sind die Einlagen von rechtsfähigen Stiftungen abgesichert.
Auch 50 Kommunen legten Geld bei der Greensill Bank an
Das gilt seit Oktober 2017 aber nicht mehr für institutionelle Investoren – und das könnte manchem Kämmerer Schweißperlen auf die Stirn bringen. Denn laut „Handelsblatt“ haben auch 50 Kommunen Geld beim Bremer Bankhaus angelegt. Welche das genau sind, ist bisher nicht bekannt.
Eine Insolvenz der Bank wäre für eine Reihe der Beschäftigten doppelt bitter. Denn während die Bank 2019 noch 80 Mitarbeiter hatte, wuchs sie laut Dienstleistungsgewerkschaft Verdi rasant auf 140 Beschäftigte an. Bis zu 30 davon waren nach Angaben des Bremer Wirtschaftswissenschaftlers Rudolf Hickel zuvor bei der Bremer Landesbank oder danach bei der NordLB tätig. Sie könnten ein zweites Mal ihren Arbeitsplatz verlieren. Wie aus dem Umfeld von Mitarbeitern zu hören ist, würden sie sich am liebsten einen neuen Investor wünschen. Laut Medienberichten hat der US-Finanzinvestor Apollo Interesse. Dem gehört bereits in der Region die Oldenburgische Landesbank, zu der das Bankhaus Neelmeyer gehört und die frühere Bremer Kreditbank.
So eine Übernahme hält Hickel für einen Teil des operativen Geschäfts für realistisch: „Damit könnten die Spareinlagen sowie die Einlagen von Firmenkunden etwa auf die OLB übertragen werden.“ Was laut Hickel dagegen spricht: „Personen mit Einlagen werden diese eher auf andere Banken übertragen. Andere Geschäfte wie das Factoring passen nicht zur OLB.“ Der Ökonom geht davon aus, dass die Bank nach dem Bafin-Einsatz und den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs der Bilanzfälschung den Vertrauensverlust nicht überstehen werde.
Greensill Bank funktionierte als Geld- und Garantiegeber
Was die Kontrolle der Bank angeht, sagt Hickel: „Endlich hat die Bafin einigermaßen rechtzeitig funktioniert und dieses hoch gefährliche Geschäftsmodell mit einem Moratorium gestoppt. Dabei müssen wir alle begreifen: Im Kern handelt es sich nicht um eine normale Geschäftsbank.“ Die Bank funktioniert laut Hickel vorrangig als „Geld- und Garantiegeber“ für das weltweit aufgestellte Finanzimperium des Australiers Lex Greensill: „Diesem Ziel sind die hochriskanten Geschäfte der Bank untergeordnet.“
Die Bremer Verdi-Gewerkschaftssekretärin Susanne Hylla sieht das differenzierter: „Dieser Fall zeigt mir, dass wir dringend eine Stärkung der Finanzaufsicht brauchen.“ Ähnlich wie bei Wirecard rücken nun die Wirtschaftsprüfer wieder in den Fokus: Wo haben sie vielleicht nicht genau hingeschaut? Den Abschluss des Geschäftsjahres 2019 hatte die bundesweit agierende Prüfgesellschaft Ebner Stolz gemacht.
Die Bafin hatte in den vergangenen Monaten die Anpassungen verschiedener Vermögenswerte verlangt. Ein Greensill-Sprecher aus New York teilte dem WESER-KURIER mit: „Die Greensill Bank hat dem umgehend entsprochen und die Klassifizierung der Assets geändert.“ Das alles muss nun die Bremer Staatsanwaltschaft in ihren Ermittlungen prüfen.