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Made in Bremen Wie eine Traditionsfirma mit Kaffee aus der ganzen Welt handelt

Sie lieben Kaffee, haben den Namen Gollücke & Rothfos noch nie gehört? Das Bremer Unternehmen gehört zu den größten Rohkaffeegroßhändlern Deutschlands. Ein Experte verrät, was das Getränk so besonders macht.
08.05.2022, 05:00 Uhr
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Von Anke Velten

Mit einer guten Tasse Kaffee beginnt bei vielen Menschen jeder neue Tag. Die Chancen stehen gut, dass ihr morgendlicher Wachmacher aus dem Hause Gollücke & Rothfos stammt. Der Name mag vielen Konsumentinnen und Konsumenten nicht viel sagen. Doch das Bremer Unternehmen zählt zu den traditionsreichsten und größten Rohkaffeegroßhändlern Deutschlands – mit einem Marktanteil um die 20 Prozent. Zu den Geschäftskunden zählen einige der bekanntesten Marken der Kaffeeindustrie, aber auch viele kleine Röstereien. Und noch immer wird hier jede neue Lieferung persönlich verkostet. Denn die Rohkaffeespezialisten wissen: Deutsche Kaffeetanten und -onkels legen viel Wert auf Qualität.

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Schlachte 3-5: Es gibt wohl kaum eine gediegenere Adresse in Bremen. Ein denkmalgeschütztes Kontorhaus mit Backsteinfassade und Blick auf die Weser, das bewusst viel älter aussieht, als es ist. Es wurde Anfang der 1950er-Jahre erbaut, aber im Stil der alten hanseatischen Zeit. Ganz und gar nicht konservativ: das Ambiente hinter der Eingangstür. Die Firmenzentrale ist Kommunikationszentrum und Arbeitsplatz im modernen Design für Leute von heute. Von hier aus werden Kaffeebohnen auf ihren Weg gebracht von der Farm bis in die Röstereien, bevor sie, ganz oder gemahlen, auf den Regalen von Supermärkten und Discountern, in den Auslagen kleiner Manufakturen, in den Kaffeetassen der Gastronomie oder in den Maschinen für den Genuss "to go" landet.

Kaffee aus der ganzen Welt

"Wir sind das Bindeglied zwischen Produzent und Röster, und decken die gesamte Lieferkette ab", erklärt Geschäftsführer Bastian Fülles. Er hat sein Metier als Groß- und Außenhandelskaufmann bei Gollücke & Rothfos erlernt, und war dann zehn Jahre lang in der weiten Welt des Kaffees unterwegs: in Afrika, Südamerika und in der Schweiz. Seit 2017 ist er der Chef von 25 Mitarbeitern, und verantwortlich für das Deutschland-Geschäft in der Kaffeesparte Volcafé des Londoner Handelskonzerns ED&F-Man. Unter dem Dach der Unternehmensmutter handeln die Bremer mit Zehntausenden von Farmern aus 14 Ursprungsländern des Kaffeegürtels zwischen Südamerika, Afrika, Asien und Ozeanien.

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Sechzig bis hundert sogenannte Vorverschiffungsmuster kommen täglich an der Schlachte an. Die erdnussgroßen Bohnen werden im Probenzimmer geröstet, gemahlen, aufgegossen und verkostet, bevor überhaupt eine Bestellung an die Kaffeeproduzenten aufgegeben wird. Chef der Qualitätskontrolle René Fleischer weiß, was der Kundschaft schmeckt, und wie unterschiedlich die Präferenzen sind: Bei den einen muss die Wiedererkennbarkeit garantiert sein, die die Konsumentinnen und Konsumenten von ihrer Lieblingsmarke erwarten. Die anderen suchen die außergewöhnlichen Entdeckungen, die in winzigen Chargen geliefert werden. "Die absolute Vielfalt von Kaffee ist ja das Schöne", schwärmt Fülles. "Kaffee hat mehr als 600 Aromen, viel mehr als Wein. Und man findet immer einen Kaffee, der etwas Besonderes hat."

Lage, meteorologische Bedingungen während Wachstum und Blüte, Erntezeit, Aufbereitung und Art der Fermentation: Sie alle spielen mit bei der Bildung von Geschmacksnuancen. Und wie beim Wein – oder auch bei zunehmend anderen Produkten des Alltags – legen die Kundinnen und Kunden immer mehr Wert auf die Geschichte hinter dem Produkt. "Es ist ein Kulturwandel", sagt Fülles. "Die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden in der Kaffeeindustrie noch richtig Fahrt aufnehmen. Und wir stehen in den Startlöchern."

Programm für Nachhaltigkeit unterstützt Kaffeefarmen

Unternehmensintern wurde mit dem "Volcafé-Way" ein Nachhaltigkeitsprogramm entwickelt, das rund 60.000 Kaffeefarmen bei der Umsetzung sozialer und ökologischer Verbesserungen unterstützt. Nach außen erwarte die Kundschaft immer mehr Information, Innovation und Transparenz, erklärt Tobias Schwind, verantwortlich für die Kaffeespezialitäten, die in den Gourmet- oder Premium-Editionen bekannter Marken oder in den Röstmaschinen von derzeit rund tausend unabhängigen kleinen Manufakturen landen – mit Luft nach oben, sagt Schwind, denn die Lust auf individuellen Genuss steigt weiter.

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Vom Luxusprodukt, das grammweise im Kolonialwarenladen verkauft wurde, bis zur Entstehung von Handelsmarken, aus denen sich später Weltkonzerne entwickelten, von Kaffeehäusern und Konditoreicafés bis zu den hippen Coffeeshops unserer Tage, von der Filterkanne bis zur "Single Serve"-Maschine : Die Art, wie und wo man Kaffee zubereitet und zu sich nimmt, hat sich immer wieder gewandelt. "Kaffee war niemals out, sondern ist immer ein Lifestyle-Produkt geblieben", sagt Schwind. Noch nicht einmal die Pandemie konnte die Lust auf Genuss vermiesen. Nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbands wurden im Jahr 2021 landesweit 500 Millionen Tassen mehr getrunken als im Vorjahr, und noch nie zuvor wurden so viele Kaffees in ganzen Bohnen verkauft. Und wer oftmals dachte, dass anderswo der Kaffee besser schmeckt, liegt falsch, sagen die Spezialisten: "Deutschland war seit jeher bekannt für Kaffee der Top-Qualität", erklärt Fülles. "Und Bremen ist die Kaffeehauptstadt."

Zur Sache

1922 eröffneten die beiden Kaufleute Hermann Heinrich Gollücke und Johannes Bernhard Rothfos ihre Kaffee-Im- und Export-Firma Auf den Geeren. Kurz darauf zogen sie mit Kontor und Packhaus an die Schlachte 3-5, und gründeten 1924 eine Dependance in Hamburg. 1927 trennten sich die Kompagnons. Rothfos wurde in der Hamburger Speicherstadt sehr erfolgreich. Sein Unternehmen wurde Ende der 1980er-Jahre von der Hamburger Neumann-Gruppe übernommen, die damit zum größten Rohkaffeehändler der Welt aufstieg. Das Bremer Unternehmen blieb zwei Gollücke-Generationen lang in Familienhand, bis es 1981 von der Volcafé-Gruppe mit Sitz in Winterthur übernommen wurde. 2004 verkauften die Schweizer ihre Kaffeesparte und den Markennamen an den traditionsreichen Londoner Rohstoffhandelskonzern ED&F-Man, der damit ebenfalls in die Riege der weltweit führenden Rohkaffeehändler aufstieg. Aus Gollücke & Rothfos hätte längst "Volcafé Germany" werden können. Doch anders als bei den übrigen 21 über den gesamten Globus verteilten Schwestergesellschaften wurde der Bremer Name nie aufgegeben. 

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