Leere Schaufenster sind wie hohle Augen, und davon gibt es viele in der Bremer Innenstadt. Obernstraße, Hutfilterstraße, Lloydpassage, Schüsselkorb, Knochenhauerstraße – überall haben Läden dicht gemacht. Im Ansgarihaus am Hanseatenhof ist fast unbemerkt ein großer Ankermieter ausgezogen, kein Geschäft in diesem Fall, sondern der größte Coworking-Anbieter in der Stadt: "Spaces" hatte mit viel Aufwand auf vier Etagen rund 3200 Quadratmeter hergerichtet. Nach nicht einmal drei Jahren wurde das Projekt wieder aufgegeben. Jetzt sind die 50 Büros und Besprechungsräume verwaist.
Nebenan in dem Gebäude verkauft Appelrath-Cüpper Damenmode, seit Eröffnung der Filiale im September 2019 wird über deren Schließung spekuliert, bislang geht der Betrieb aber noch weiter. Und so gibt es eine Vielzahl von Beispielen für den schwächelnden Einzelhandel und die Leerstände in der City. Manchmal betrifft das ganze Häuser wie das C&A-Gebäude oder den Lloydhof. Beide Immobilien werden jetzt aber immerhin neu entwickelt.
Ursachen sind neben der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Restriktionen ein grundlegender Strukturbruch im Einzelhandel. "Annähernd jeder siebte Euro, der den Deutschen für Haushaltsausgaben zur Verfügung steht, wurde im Jahr 2021 fu?r Waren im E-Commerce ausgegeben", teilt der Branchenverband mit. Ein Jahr zuvor sei es noch jeder achte Euro gewesen. Das Wachstum zum Vorjahr betrage beim Bruttoumsatz 19 Prozent. Corona hat diesen Trend nicht ausgelöst, sondern zusätzlich befeuert.
Bremen kämpft mit dem "Stadtlabor" gegen Leerstand
Bremen begegnet dem Leerstand mit einem Programm, das unter der Überschrift "Stadtlabor" jungen und innovativen Geschäftsleuten unter die Arme greift. Sie bekommen vom Senat für ein knappes Jahr Ladenflächen mietfrei zur Verfügung gestellt, um ihre Ideen auszuprobieren. Das klappt mal mehr, mal weniger, wie die Bilanz kurz vor Ende der ersten Runde mit vier Teilnehmern zeigt.

In den vergangenen Jahren sind die Probleme der Innenstädte deutlich größer geworden. Bremen bildet da keine Ausnahme. Welche Ideen gibt es, den Leerstand zu beheben? Wie sollen die Besucher die Innenstadt künftig erreichen? Wie sieht es mit der Sauberkeit und Aufenthaltsqualität aus? Und wird das Bremer Zentrum auch ein Ort, an dem wieder Familien wohnen? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich unsere Redaktion in der Serie „Innenstadt – so machen es die anderen“.
Ein Betrieb, "Ekofair" in der Obernstraße, hat bereits angekündigt, den Laden wieder zu schließen – zu wenig Frequenz während der Woche, zu wenig Umsatz. Bei den anderen wird es mutmaßlich davon abhängen, ob es noch mehr Unterstützung gibt.
Zahlt Bremen weiterhin die Miete oder mindestens einen Teil davon? Zeigen die Immobilieneigentümer Entgegenkommen? Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) betrachtet es so: "Irgendwann müssen sich die neuen Läden auch selbst tragen, schließlich leben wir nicht in einer Planwirtschaft." Irgendwann, heißt das, muss der Einzelhandel in der Bremer Innenstadt wieder unter Marktbedingungen funktionieren.