Ohne Zweifel: Die Corona-Krise trifft einige Menschen und Berufsgruppen härter als andere, und die Gastronomen im Allgemeinen gehören definitiv zu denen, die besonders leiden. Vor allem, wenn sie ihr Geld als Wirte im Bremer Viertel verdienen, in dem sich derzeit die Folgen der Pandemie für das Freizeit- und Ausgehverhalten der Menschen besonders gut beobachten lassen.
Zu den negativen Folgen gehört, dass zwischen Sielwall und Dobben, zwischen Oster- und Steintor in den zurückliegenden Monaten eine Art Verdrängungswettbewerb entbrannt ist, weil das Viertel – zumindest abends und am Wochenende – insgesamt voller geworden ist. Neue Gruppen, darunter die berüchtigten Autoposer und Partygänger, deren Ziel normalerweise die Discomeile ist, beanspruchen Platz.
Wirt ist in den Bereich gelangt, wo mit Drogen gehandelt wird
Für die eingesessenen Bewohner und viele Kneipiers sind sie Störenfriede, die die viel beschworene Viertelkultur, die doch eigentlich von Toleranz und dem Motto „Leben und leben lassen“ geprägt ist, mindestens bedrohen, wenn nicht gar zerstören. Das stimmt auch in vieler Hinsicht. Was aber den Gastronomen angeht, der wegen der Drogendealer vor seinem Lokal um Hilfe bei Bürgermeister und Innenbehörde bittet: Man kann Drogenhandel nicht verteidigen, die Konflikte sind jetzt entstanden, weil der Wirt erst durch die Vergrößerung der Außenfläche seines Ladens in einen Bereich gelangt ist, wo mit Drogen gehandelt wird.
Es gibt diese Dealer nun mal, sie machen ihre illegalen Geschäfte unter anderem auch mit Kunden der Viertel-Gastronomie. Die Erfahrung lehrt, dass sie auch durch noch so viele Aktionen der Polizei, die es nach wie vor wegen Drogenhandels gibt, niemals ganz verschwinden werden. Dass im Viertel neuerdings mehr Verkäufer von Rauschmitteln unterwegs sind als früher oder dass sie aggressiver agieren, kann niemand bestätigen. So lange coronakonformes Feiern draußen am ehesten möglich ist, muss man angesichts der neuen Nähe realistisch bleiben. Sie kann unangenehm sein, aber sie wird nicht groß zu ändern sein.
Was die Konflikte im Viertel auch zeigen: Die politische Entscheidung, die Bremer Polizei personell aufzustocken, war völlig richtig. Autoposer, Maskenverweigerer oder spontane Großpartys ohne Abstand am Sielwall zusätzlich zu den traditionellen Aufgaben wie der Bekämpfung von Drogenhandel und Kriminalität: Die neuen Beamten werden gebraucht.