Die Einrichtung fügt sich in die der typischen Burgerläden, die derzeit wie Pilze aus dem Boden schießen: viel schwarze Farbe, viel Fabrik- und Industrieschick, robuste Holzmaterialien, teils freigelegte, teils dekorative Steinwände, der schon fast obligatorische Blick in die Küche durch Glaswände und natürlich nicht zu vergessen die Kreidetafelwände mit Tagesangeboten oder amerikanisch anmutenden Beschriftungen. Kaum ein (Burger-)Lokal mehr, das nicht mit diesen Elementen auskommt. Auch der Überfluss-Grill an der Schlachte will darauf nicht verzichten. Ja, das alles ist modern. Aber eben auch nicht mehr der große Wurf, weil’s halt mittlerweile so viele zu ihrem Konzept erklärten.
Zumindest der Blick in die Karte zeigte uns, dass der Überfluss-Grill weit mehr bietet als die üblichen Burgerbrater. Vor allem überraschte uns die Auswahl an veganen Gerichten oder so interessante Dinge wie die Süßkartoffel-Limettensuppe (6 Euro), das Zanderfilet (17 Euro), das Thunfischtartar (17 Euro), das Lammkarree (19 Euro) oder die Linguini mit frischem französischen Sommertrüffel (25 Euro). Wir bemerkten schnell, dass der Anspruch in diesem Restaurant höher liegt als ein paar Frikadellen auf Brötchen zu legen.
Das imponierte uns sehr. Hinzu kam eine gute Auswahl an Weinen aus Deutschland, Italien, Argentinien und Chile. Wir entschieden uns für einen kräftigen und aromatischen Spätburgunder vom Weingut Krieger aus der Pfalz (0,2 Liter für 7 Euro). Dazu bestellten wir eine Flasche Wasser, die wir schon lange nicht mehr so teuer bezahlen mussten. 0,75 Liter kosteten unverschämte 7,50 Euro. Bevor wir mit unseren Vorspeisen einstiegen, stellte uns die Kellnerin ein krosses Minifladenbrot auf den Tisch.
Dazu reichte sie einen Buttertaler in einem Weckglas. Übrigens: Das Weckglas kommt in irgendeiner Form im Überfluss-Grill fast bei jedem Gericht zum Einsatz. Salz, Pfeffer und Öl standen bereits auf dem Tisch. Leider war die Ölflasche schon fast leer, sodass wir uns am Nachbartisch bedienten. Der Service müsste also aufmerksamer und zuvorkommender agieren, wenn man als gehobener eingruppiert werden möchte, was sicher Ziel sein dürfte, da das rückwärtige Design-Hotel Überfluss zum Restaurant gehört.
Meine Begleitung startete mit einer sommerlichen, lauwarmen Orangen-Karottensuppe (6 Euro), die schön fruchtig schmeckte. Zwiebeln und der frische Koriander sorgten für eine herzhafte Note. Als kreativ empfanden wir den Hauch eines Ingwersorbets, der als Haube über der Suppe lag. Ich entschied mich an diesem lauen Sommerabend für die spanische, kalte Gazpacho (5 Euro), die auf einer Marmorplatte aus der Küche kam.
Darauf ein Glas mit der Suppe, ein Glas eines kräftigen, dickflüssigen Balsamicos und ein Weckglas mit Croûtons. Die Gazpacho war ein Frischeerlebnis sondergleichen. Die Tomaten, Paprika, Gurken, Zwiebeln und der Knoblauch kamen herrlich zur Geltung. Die Säure des Balsamico hätte es gar nicht gebraucht, weil dadurch das typische Aroma der Gazpacho verlorenging.
Als der Kellner mit dem Open-Face-Burger an den Tisch kam, bemerkte er noch gerade rechtzeitig, dass meine Begleitung eigentlich den Seven-Secrets-Burger (16 Euro) bestellt hatte. Er huschte in die Küche und kam eine Minute später mit dem richtigen Teller wieder an den Tisch. In dem Brioche-Brötchen versteckten sich eine würzige Soße, Salat, Tomate, Bacon, Cheddar, knusprige Zwiebeln und ein Hackfleischtaler, der dem Koch unglaublich saftig geriet. Beim Reinbeißen spürten wir richtiggehend, wie sich ein frischer, buttriger Eigengeschmack des Fleisches auf der Zunge ausbreitete. Wirklich köstlich und leider bei einigen Restaurants nicht üblich.
Ich probierte das gegrillte Thunfischsteak im Sesammantel (25 Euro), das so auf dem Teller lag wie es sein muss: nicht zu dünn, mit einem rohen Kern und das Fleisch von exzellenter Qualität. Ein Genuss. Dazu legte der Koch einen herzhaften Röstzwiebelstampf und einen gut abgeschmeckten Spinat auf den Teller. In einem Thermoglas gab es eine Honig-Sesam-Sojasoße zum Thunfisch, die mir aber durch den Honig zu süß war, zu wenig Sojasoße enthielt und deshalb zu wenig Pep bereithielt.
Den Abschluss bildete der Nachtisch namens „Golden Eye“ (8 Euro). Dabei handelte es sich um eine goldene Kugel, in deren Innern eine reichhaltige Mousse au Chocolat versteckt war. Dazu lag auf der Platte Karamell-Nuss-Crunch. Ich wählte die feine, cremige, vanillige Tonkabohnen-Crème-brûlée (7,50 Euro), die eine millimeterdicke, krosse Zuckerschicht besaß. In einem kleinen Schälchen servierte der Kellner dazu eine Kugel Walnusseis, was mir zu kristallig und zu wenig cremig war. Und, naja, ich bin ohnehin kein Freund von Walnusseis, weil es oft zu muffig, abgestanden schmeckt. Eine Kugel eines schaumigen, sahnigen Vanilleeises wäre zu dieser einwandfreien Crème brûlée angebrachter gewesen.
Fazit: Der Überfluss-Grill präsentiert sich auf den ersten Blick als Burgerrestaurant, führt aber auf der Karte weit mehr als nur Frikadellen. Hinzu kommt eine gute Auswahl an veganen Gerichten. Alles ist fein zubereitet und ansprechend serviert. Ein Besuch dieses Lokals direkt an den Schlachte lohnt sich also nicht nur wegen des Blicks aufs Wasser.
Überfluss-Grill, Langenstraße 72/Schlachte 36, 28195 Bremen, Telefon: 0421 322860, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag ab 7 Uhr, Sonnabend ab 8 und Sonntag von 8 bis 17 Uhr, bis 21. Juli Betriebsferien, teilweise barrierefrei, Internet: www.designhotel-ueberfluss.de/essentrinken