Er könne versichern, dass die Musik von Richard Strauss voller Sonne sei, schrieb einst Claude Debussy. Und tatsächlich konnte man schon beim ersten freudevollen Anstimmen des Strauss-Liedes „Das Rosenband“ op. 36,1 den Eindruck gewinnen, der große Saal der Glocke würde urplötzlich zur sonnenbeschienenen Waldlichtung. Diana Damrau, die derzeit als eine der profiliertesten deutschen Liedinterpretinnen gilt, gefiel dabei mit beseelter, ausnehmend nuancierter Gestaltung der überschwänglich romantischen Poesien.
Einfühlsam besang sie die Naturszenarien einer Mondscheinnacht im „Ständchen“ op. 17,2, bis hin zu den emphatischen ‚Wonneschauern‘, die sie glasklar jubelnd in mühelos angegangener höchster Tonlage vermittelte. Ungemein stimmungsvoll und innig präsentierte sie das „Wiegenlied“ op. 41,1 in ätherisch zarter Intimität.
Ein fein gewebter Klangschleier untermalte den traumhaft schönen Gesang: Die groß besetzte Deutsche Kammerphilharmonie, die in der orchestralen Begleitung bei den subtil zurückgenommenen Gesangspartien der ersten Lieder vor allem bei den Bläsern bisweilen noch einen Hauch zu kräftig gewirkt hatte, fand hierbei (auch dank sordinierter Streicher) zu ausgewogener Balance. Von expressiver Emotionalität geprägt waren auch die glücklichen ‚Wie einst im Mai‘-Erinnerungen an verflossene Liebe als tröstliche Gedanken bei „Allerseelen“ op. 10, 8.
Mit substanzvoller, problemlos selbst satte Orchestertutti überstrahlender Stimme frohlockte Damrau bei ihrem enthusiastischen ‚Habe Dank!‘ aus der „Zueignung“ op. 10,1. Und sie legte nach frenetischen Beifall und etlichen Bravo-Rufen noch eins drauf: Zu Herzen gehend emp-findsam und mit äußerst fragiler, dennoch stets tragfähiger Stimmgebung intonierte sie in lyrisch warmem Timbre das ergreifende Versprechen „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen“ op.27,4, das samt ebenso zarter solistischer Instrumentalbegleitung als ‚des Glückes stummes Schweigen‘ wie in einem Hauch verklang.
Deutlicher Stimmungswechsel
Nicht sonnendurchflutet, sondern in gedeckten Klangfarben, die ein zwischenzeitliches Aufbegehren bis hin zu resignativer Melancholie widerspiegelten, hatten die Streicher der Deutschen Kammerphilharmonie unter der ambitionierten Stabführung des französischen Dirigenten Jérémie Rhorer den Konzertabend eingeleitet. „Metamorphosen, Studie für 23 Solo-Streicher“ hat Strauss sein Spätwerk genannt, das mit großformatigen, komplex changierenden Harmoniegeflechten als In-Memoriam-Lamento an die Zerstörung Münchens während des Zweiten Weltkriegs erinnert. Und als elegischer Trauermarsch startete nach den Liedvorträgen auch der Auftaktsatz von Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Sinfonie Nr. 3.
Umso markanter geriet der eruptive Stimmungswechsel zum Allegro brillante als resolut zupackende, dynamisch pulsierende Orchesteraktion. Rhorer setzte bei dem nicht nur technisch sehr anspruchsvollen Werk auf weitbogige Phrasierung, scharf pointierte Akzentuierungen und vor allem auf starke Kontraste. Tänzerisch wiegendes Metrum und fein getupfte Klangfarben bestimmten den unterhaltsamen „Alla tedesca“-Satz; breite Bläserpassagen wechselten in ballettartig anmutenden Bewegungen mit schluchzenden Streicherfigurationen im Andante-Mittelsatz.
Und während das luftige Scherzo als sorgfältig ausgeführtes, geheimnisvoll anmutendes Flirren daherkam, imponierte das von Rhorer energisch angefeuerte, äußerst engagiert aufspielende Orchester im Finalsatz mit fulminanten Fortissimos und donnernd heranrollenden Klangbrechern gewaltigen Ausmaßes samt darin eingebetteter, alles überstrahlender hymnischer Bläsermelodie. Tosender Applaus.