Frage: Am ersten März-Wochenende konnte zum ersten Mal wieder das Chorkonzert-Format 'Vokal Lokal' über die Bühne gehen. Was war das für ein Gefühl für die Beteiligten?
Kirsten Bodendieck: Es war eine große Freude für uns alle. Es war ganz fantastisch, dass wir im Wall-Saal der Zentralbibliothek wieder 60 Zuhörerinnen und Zuhörer begrüßen durften. Mit den Mitwirkenden und Helfern waren wir rund 70 Leute. 100 hätten es zu den derzeitigen Corona-Bedingungen sein dürfen. Am Ende gab es tosenden Applaus für die beiden Formationen. Wir sind total froh, dass es endlich wieder losgeht, auch wenn der Schatten des Krieges in der Ukraine über allem liegt. Das wurde auch in den Begrüßungsworten deutlich.
Welche Chor-Formationen sind aufgetreten?
Das Pop- und Jazz-Quartett *.jpg und das Quartett 'Lazy Loops'. Letzteres hat seinen Honorar-Anteil, der wie stets über Spenden zusammengekommen ist, an die Kriegsopfer in der Ukraine gespendet.
Bremen ist eine Chorstadt, wie viele Mitglieds-Chöre hat der Kreis-Chorverband Bremen?
Wir haben 109 Mitgliedschöre, Stand Ende 2021. Aber es gibt darüber hinaus noch Chöre, die nicht organisiert sind. Dazu kommen die Chöre der Bremischen Evangelischen Kirche.
Wie sind die Chöre durch die Corona-Pandemie gekommen? Gemeinsames Singen galt ja wegen der dabei entstehenden Aerosole lange Zeit als verpönt.
Erfreulicherweise haben wir im Kreis-Chorverband trotz Pandemie drei neue Chöre dazu gewinnen können, mit vielen Mitgliedern aus der mittleren Altersgruppe. Vom Chorverband Niedersachsen/Bremen weiß ich, dass inzwischen etliche Chöre aufgegeben haben. Aus dem Kreis-Chorverband Bremen sind Ende 2020 sechs Chöre ausgetreten. Chöre mit vorwiegend älteren Mitgliedern haben sich aufgelöst. Da ist immer noch eine große Angst, Zurückhaltung und Verunsicherung wegen der Corona-Pandemie zu spüren. Das gilt für Chöre als auch für ihr Publikum.
Sie sind selbst Chorleiterin, wie sieht das bei Ihren Chören aus?
Ich leite ja drei Chöre: die Chorifeen, Chorproject X sowie das Pop-Chor-Projekt sing'n smile. Wir haben ganz ähnliche Probleme, auch in meinen Chöre kann ich diese Angst und diese Bedenken spüren. Einige Mitglieder sind unentschlossen und nach wie vor in einer selbst gewählten Corona-Pause.
Tim Günther, Kantor an der Kulturkirche St. Stephani, hat neulich darauf hingewiesen, dass ganze Strukturen des kulturellen Erbes Amateurmusik beziehungsweise -gesang wegzubrechen drohen, wenn vonseiten des Senates nicht ein dauerhafter Fördertopf aufgelegt wird. Die Fördergelder aus dem Programm "Neustart Amateurmusik" des Bundeskulturministeriums reichten allein nicht aus. Wie sehen Sie das?
Ich sehe das ganz genauso, im Übrigen wie viele andere Kolleginnen und Kollegen auch. Wir brauchen dringend eine Förderung, schon, um verhindern zu können, dass noch weitere Chorleiterinnen und -leiter den Beruf wechseln.
Wie sind Sie als Chorleiterin mit den Herausforderungen der Pandemie umgegangen?
Sobald es das Wetter zugelassen hat, haben wir draußen geprobt, immer noch mit viel Abstand und wenigen Chormitgliedern. Außerdem haben wir virtuell über das Konferenz-Tool 'Zoom' geprobt. Das Problem dabei: Wir konnten einander nicht hören, aber das macht ja gerade die gemeinsame Chorarbeit aus.
Das Gespräch führte Sigrid Schuer.