Es ist eine Besonderheit – dieser Blick raus auf den Bremer Marktplatz. Einige Passanten schlendern übers Kopfsteinpflaster, der Stadtmusikantenexpress tuckert am Rathaus vorbei. All das lässt sich von hier aus beobachten – aus dem früheren Vorstandszimmer beim Bankhaus Neelmeyer. In Zukunft können dessen Kunden in diesem Besprechungsraum ihre Renditeziele diskutieren – und dabei dem Bremer Roland zuwinken

Renditeziele diskutieren mit Blick auf das Bremer Rathaus. Genau hier ist auch der Kaufvertrag über das Gebäude geschlossen worden. Früher war dort das Vorstandszimmer.
Historisches ist im Gebäude selbst kaum noch zu sehen. Das Bankhaus ist in den fast zwei Jahren komplett umgebaut worden. Es ist kein Vergleich zu vorher: Alles modern. Und alles hell. Wer durch die Räume und über die Flure läuft, könnte sich genauso gut in einem Neubau wähnen. Überall auf der Etage ist Blau zu sehen – die Farbe von Neelmeyer.
Die Privatbank ist damit wieder heimgekehrt an ihren Stammsitz. Was noch neu ist? Im Erdgeschoss dominiert Grün in verschiedenen Facetten. Die Oldenburgische Landesbank ist mit eingezogen, zu der die Bremer Traditionsbank heute gehört. Das Stammhaus von Neelmeyer bot sich als gemeinsamer Standort an.

Alles Grün im Erdgeschoss: Jens Christian Weiland von der Gustav Zech Stiftung und Markus Graw von der OLB.
Jens Christian Weiland von der Gustav Zech Stiftung hat das Projekt betreut. Eine solche Sanierung sei etwas Besonderes. Die Hauseigentümerin investiert hier 20 Millionen Euro. Allerlei Überraschungen hat es während der Bauarbeiten gegeben. Weiland fallen da die Holzbalken in der Dachkonstruktion ein – verbrannt und verschimmelt. "Das konnten wir vorher nicht sehen", erinnert der Ingenieur sich. Ein Brand? Keiner weiß dazu was. Es sei eine Hiobsbotschaft gewesen: "Wir mussten das komplette Dach oben abtragen."
Überhaupt sei das Projekt eine Herausforderung gewesen: Das Ensemble besteht aus drei Gebäuden mit unterschiedlichen Höhen. Überall sind kleine Treppenaufgänge zu finden. Doch heute ist es aufgeräumter. Markus Graw, der bei der OLB das Immobilienmanagement leitet, erinnert sich an seinen ersten Besuch vor Jahren, wie es damals noch war: "Man stand in einem Treppenhaus, machte eine Tür auf und stand im nächsten Treppenhaus."
Drei Tresore sind stoisch an ihrem Fleck geblieben, sorgen auch für Stabilität. Einer von ihnen soll künftig mit seinen Hunderten Schließfächern Platz für Wertsachen der Kunden bieten. "Das ist natürlich toll, dass so etwas Historisches erhalten werden konnte", sagt Birgit Woletz, die den Standort mit einer Kollegin leitet. Am Donnerstag wird die OLB ihre Filiale offiziell eröffnen. Interessierte können dann einen Blick hineinwerfen.
In der Filiale soll sich Digitales und Analoges mischen – so wie Bankgeschäft heute läuft. Kunden ziehen dabei am Eingang eine Nummer, damit sich keine Schlangen bilden müssen. Eine Woche vor der Eröffnung ist die Anmeldung aber noch tot: "No Internet." Eine Bar in Eukalyptusgrün für die Verweilzeit steht aber schon genauso wie Tabletplätze. Die OLB setzt das moderne Filialkonzept derzeit an mehreren Standorten um. "In der Art und Weise wollen wir die OLB zukünftig bauen", sagt Markus Graw zur Bremer Umsetzung.

Birgit Woletz leitet den Standort der OLB in Bremen zusammen mit einer Kollegin.
In der Blauen Welt im ersten Stock bei Neelmeyer herrscht noch mehr Baustellenstimmung. An den Schreibtischen sitzen aber schon alle. "Das ist schön, dass wir wieder hier sind", sagt Corinna Voss, die den Bremer Standort der Privatbank führt.
Die Etage direkt über Neelmeyer ist ebenfalls vergeben. Die Bremer Kanzlei Figura Müffelmann & Partner wird hier einziehen. Für die Etage ganz oben läuft die Suche nach einem Mieter noch. "Wir sind in Gesprächen", sagt Weiland von Zech. Oben gibt es auch Zutritt zu einer Dachterrasse mit Blick auf die Böttcherstraße. Während der Bauarbeiten gab es wegen des Gerüsts am Bankhaus dort Unmut. Die Böttcherstraße ist ein Besuchermagnet. Die Baukulisse störte die Eingangsgasse.
Warum die Verjüngungskur so ordentlich ausfallen konnte? Der Denkmalschutz prüfte zuvor. Die Fassade gilt demnach als erhaltenswert, aber nicht das Innenleben des Gebäudes. "Das war alles nicht so alt, dass es geschützt werden musste", sagt Weiland. Die Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt habe sich gewandelt: "Die wollen auch nicht mehr im Weg stehen. Die sind sehr konstruktiv."
Alles neu im Bankhaus. Eine gewisse Befürchtung habe es wegen der Umbaupläne gegeben, sagt der Leiter des Bankhauses Neelmeyer Marc Jochims. "Weil das so lieb gewonnen war. Es knarzte und es war holzvertäfelt", sagt er zum Ambiente vorher. Das sei im Rückblick aber etwas nostalgisch gewesen, die Sanierung dringend notwendig: "Es war Zeit."

Kundenschlangen soll es in der Filiale nicht geben: Wer reinkommt, zieht eine Nummer – wie an der Käsetheke im Supermarkt.