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Restaurantbesprechung Ruhe nicht inbegriffen

Im Gallo herrscht von der Lautstärke her Jahrmarktsatmosphäre - zumindest zu den Hauptessenszeiten. Wem das zu lästig ist, der wird nur Spaß am Essen haben und so schnell wie möglich zahlen und gehen.
18.07.2019, 11:30 Uhr
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Ruhe nicht inbegriffen
Von Marcel Auermann

Wir öffneten die Türe, traten ein – und uns schlug ein Gemurmel, ein Musikteppich und ein Gewusel in einer Lautstärke entgegen, die wir nicht erwartet hatten, weil meine Begleitung und ich uns auf einen gemütlichen Abend eingestellt hatten. Zudem waren wir vom Fußweg zum Gallo die Ruhe gewohnt. Jedenfalls schien uns die Reservierung noch nie so angebracht wie an diesem Abend. Doch wir sahen nur noch wenige freie Tische, die eingeengt zwischen bereits sitzenden Personen standen.

Dabei wollten wir uns ungestört und vor allem ungehört von den Tischnachbarn unterhalten. Doch exakt in diesen Tischbuchten sollten wir nach einigen fragenden Blicken des Kellners platziert werden, was uns so gar nicht gefiel. Da stach uns ein letzter freier, einzeln stehender Tisch gegenüber vom Tresen ins Auge. Zwar mit der Hitze der Küche im Rücken, dem ständig mit Tablets und Tellern vorbeilaufenden Personal und der Unruhe einer Theke, an der die Kellner ihre Bestellungen abholen, direkt neben uns, aber eben nicht eingepfercht zwischen mehreren Gästen. Uns war jedoch schnell klar, dass alles an diesem Abend nicht ging.

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Widmeten wir uns also den schöneren Dingen des Abends: dem Essen. Bis zur Vorspeise aßen wir kleine, warme Pizzabrötchen mit Kräuterbutter. Meine Begleitung startete mit Antipasto di mare (8,10 Euro). Den Meeresfrüchtesalat präsentierte der Koch sehr schön mit Kräuterzweigen, einer Zitrone und einem gebratenen Scampi auf einem knallroten Teller. Die Zutaten schmeckten allesamt frisch. Aber für einen Salat hätte da noch mehr Dressing, mehr Würze dazugehört. Mein Vitello Tonnato kam einwandfrei auf den Tisch. Und vor allem mit einer ordentlichen Portion der leckeren Tunfischcreme mit Kapern. Dafür zahlte ich gerne 8,20 Euro.

Wir fuhren mit Agnello Griglia (19,50 Euro) fort. Das gegrillte Lammfilet meiner Begleitung war eine Wucht: zart und innen noch rosa. Die frischen Kräuter lieferten ein angenehmes Aroma. Ich wollte zuerst das Steinbeißerfilet nach Art des Hauses (19,50 Euro), das es aber nicht mehr gab. Leider. Für einen kurzen Moment wusste ich nicht, was ich stattdessen nehmen sollte, bis ich auf der Kreidetafel das Angebot des Tages entdeckte: Kalbsleber (16,50 Euro). Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellte. Ich hatte drei große Stücke Leber auf dem Teller, die in Mehl angebraten waren.

Dazu reichte der Koch eine kräftige, dunkle Soße, die den etwas trockenen, zu festen Polentadreiecken Schmackes verlieh. Für meine Begleitung und mich stand zudem in der Mitte des Tisches noch eine kleine Platte mit gut gewürztem Gemüse und gebratenen Kartoffeln. Zur Hauptspeise bestellte ich einen spritzigen Chardonnay. Das 0,2-Liter-Glas kostete 3,90 Euro. Ein wohltuender Preis, den sich einige Restaurants, in denen das Glas Wein oft erst ab sechs bis sieben Euro zu haben ist, abschauen könnten.

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Als süßen Abschluss entschied sich meine Begleitung für ein cremiges Tartufo (4 Euro). Allerdings fehlte der typische flüssige Kern, der diese trüffelähnliche Eisspezialität ausmacht. Ich genoss ein Cassata-Eis (4 Euro), das viele kandierte Früchte beinhaltete. Als wir gingen, gab uns der Kellner einen Tipp mit auf den Heimweg. Wir sollten doch beim nächsten Mal bei der Bestellung angeben, dass wir an einem Einzeltisch sitzen möchten. Wir schauten uns fragend an und rätselten, ob es nicht jedem Gast lieber wäre, ungestört an einem Tisch zu sitzen anstatt eng an eng mit den unbekannten Sitznachbarn sämtliche Gespräche teilen zu müssen.

Fazit: Im Gallo herrscht von der Lautstärke Jahrmarktsatmosphäre – zumindest zu den Hauptessenszeiten. Wem das zu lästig ist, der wird nur Spaß am Essen haben und so schnell wie möglich zahlen und gehen. Feilen die Betreiber also am Konzept und schauen sie, wie man Ruhe, Gemütlichkeit und wenigstens ein bisschen Intimität in diesen Laden bekommt, stimmt neben dem guten Essen auch noch die Atmosphäre.

Gallo; Hamburger Str. 29, 28205 Bremen, Telefon: 0421 2443064, Öffnungszeiten: Montag bis Sonnabend von 12 bis 14.30 Uhr und von 18 bis 23 Uhr, Sonntag von 18 bis 23 Uhr, teilweise barrierefrei, Internet: www.gallo-bremen.de

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