Ein abgehörtes Telefon sorgte am Dienstag am Landgericht für den Abbruch des Verhandlungstages im Betrugsprozess um vier falsche Polizisten. Die Verteidigerriege des Hauptangeklagten sprach von Geheimdienstmethoden, Blockadehaltung und Paralleljustiz. Die Staatsanwaltschaft würde Gericht und Anwälten wichtige Informationen vorenthalten. Kurzum: Die rechtsstaatliche Fortsetzung des Verfahrens sei nicht möglich, wenn nicht zuvor geklärt würde, wie es zum Abhören des Telefons gekommen war. Nicht, dass dieser Beschluss am Ende rechtswidrig zustande gekommen sei.
Die Staatsanwaltschaft nahm es kopfschüttelnd zur Kenntnis und wies die Vorwürfe als "völlig neben der Spur" zurück. Auch der Vorsitzende Richter vermochte keinerlei Hinweise auf Rechtswidrigkeiten bei der Beantragung der Telefonüberwachung (TKÜ) erkennen, unterbrach aber letztlich die Sitzung. Bis Donnerstag will das Gericht in dieser Angelegenheit entscheiden.
Dreimal schon war es dem 30-jährigen Angeklagten gelungen, Handys in seine Gefängniszelle in Oslebshausen zu schmuggeln. Die Telefone wurden gefunden und beschlagnahmt. Nun gab es laut Polizei Hinweise, dass der Mann sich erneut ein Telefon beschafft hatte. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin das Abhören der vermuteten Telefonnummer, eine Kammer des Landgerichts bewilligte die Überwachung. In einem "Sonderheft TKÜ/Observation" wurden die Anwälte darüber informiert.
Die Anwälte des Angeklagten vermissten in dem Heft jedoch Angaben darüber, welche Erkenntnisse der Polizei gegen ihren Mandanten vorlagen, um die Überwachung zu rechtfertigen. Zumal davon die Rede war, dass der 30-Jährige das Telefon dazu nutzen könnte, um seine Mitbeschuldigten unter Druck zu setzen. Bestärkt sahen sich die Verteidiger in ihren Vorbehalten durch das Ergebnis der Überwachung – es stellte sich heraus, dass der Angeklagte das Telefon nicht benutzte. Oder, wie es die Staatsanwaltschaft formulierte, "nicht mehr benutzte".
Die Anwälte werten all dies als Indiz dafür, dass "mit Scheuklappen" und "nur in eine Richtung" ermittelt würde, nämlich gegen ihren Mandanten. Sie forderten von der Anklagebehörde Angaben dazu, wie die Polizei auf besagte Telefonnummer gekommen war. Dies allerdings lehnte die Staatsanwaltschaft ab. Alles Notwendige sei dem Beschluss zur TKÜ zu entnehmen, hieß es nur kurz und knapp von dieser Seite.
Sturm der Entrüstung
Darauf brach bei den Verteidigern der zitierte Sturm der Entrüstung aus, gefolgt von Sitzungsunterbrechungen sowie dem Antrag, die Staatsanwaltschaft möge zu dem Vorgang detailliert Auskunft geben. Die ihrerseits signalisierte, dass sie dies unter zwei Bedingungen tun werde. Erstens: Die Person, von der der Hinweis auf das angebliche Telefon des Angeklagten stammt, müsse darüber vorab informiert werden. Zweitens: Der Angeklagte müsse zusichern, dass diese Person dadurch keine Repressalien von ihm zu fürchten habe.
Zu klären war all dies am Dienstag nicht, die Verhandlung wurde unterbrochen. Zuvor meldete sich der Angeklagte noch einmal zu Wort. Der 30-Jährige, dem vorgeworfen wird, hilflose Senioren um Millionen betrogen sowie seine Komplizen massiv bedroht und körperlich misshandelt zu haben, war empört über die Staatsanwaltschaft. Weil die ihn erneut ins schlechte Licht rücke. Dabei habe keiner etwas von ihm zu befürchten.
Der Prozess wird am Donnerstag, 15. August, um 9.30 Uhr fortgesetzt.
+++ Der Text wurde um 16.05 Uhr aktualisiert +++