„Wo ein Wille ist, ist auch eine Weihe“, so beendete Christiane Florin die Lesung aus ihrem Buch „Der Weiberaufstand – Warum Frauen in der katholischen Kirche mehr Macht brauchen“ am Samstagabend im Willehad-Saal der St. Johannis-Schule.
Zuvor hatte sie dem zumeist weiblichen Publikum einen Einblick in die männliche Lebenswelt der katholischen Kirche ermöglicht. „Wie eine Frau zu sein hat, definieren in der katholischen Kirche immer Männer“, sagte sie und verwies auf das 1994 von Papst Johannes Paul II. veröffentlichte Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“, in dem er erklärte, dass die Kirche keinerlei Vollmacht habe, „Frauen die Priesterweihe zu spenden“ und sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten hätten. „Die Tür ist zu“, heißt es dann auch vom aktuellen Papst Franziskus, doch diese geschlossenen Türen sind für viele Frauen nicht hinnehmbar.
Das zeigt auch die Initiative „Maria 2.0“, die umfassende Reformen der Kirche und vor allem die Priesterweihe für Frauen fordert. Eigentlich eine selbstverständliche Form der Gleichberechtigung. „Gleiche Rechte, gleiche Würde heißt es in der Politikwissenschaft. Gleiche Würde, daraus resultieren in der katholischen Kirche jedoch nicht die gleichen Rechte", sagte Florin.
Mit der 1968 entstandenen Frauenbewegung sei die Männlichkeit Jesu in der katholischen Kirche plötzlich wichtig geworden. Es sei also auch eine Frage der Macht und die Befürchtung, diese Macht zu verlieren. Türsteher vor Diskotheken hätten die Macht zu entscheiden, wer reinkommt und wer nicht: „Türsteherposten sind Machtposten, und Zulassungsfragen sind Machtfragen. Deshalb ist die Weihefrage eine Machtfrage", betonte Florin.
Jesus war ein Mann
1976 hatte Papst Paul VI. zur Begründung erklärt, Jesus sei ein Mann gewesen, ebenso die Teilnehmer des letzten Abendmahls. Der Priester verkörpere Jesus und somit auch seine Männlichkeit. Zudem sei die Kirche Braut und der Priester somit Bräutigam. „Es scheint also ein zentraler katholischer Glaubensinhalt zu sein, dass Frauen keine Priester werden dürfen“, sagte Florin. Dabei habe Jesus gar keine Aussagen zum Geschlecht, sondern eher zum Lebensstil getätigt. „Außerdem hat Jesus Frauen wie Menschen und gleich behandelt, was zu dieser Zeit unüblich war.“
Eine Gleichbehandlung, die für Florin in der katholischen Kirche ebenfalls fällig ist: „Kirche ist etwas Gewordenes. Dieses Nein zur Weihe von Frauen ist reformabel. Es ist ungerecht, jemanden qua Geschlecht auszuschließen“, stellte sie klar. Und auf die Debatte, was die Priesterweihe für Frauen denn solle, sollten sich Frauen gar nicht erst einlassen: „Das ist ein Recht, das uns vorenthalten wird.“
Eine Frau aus dem Publikum sagte daraufhin, sie sei nach 35 Jahren seit zwei Jahren wieder in der katholischen Kirche. „Ich bin frustriert“, betonte sie und fragte die Autorin: „Wie halten sie das aus?“ Florin: „Die Hoffnung, dass man mit argumentativen Debatten gewinnt, habe ich nicht. Weil es eine vermachtete Debatte ist. Man muss aber immer wieder die Argumente vorbringen.“
Eine andere Zuhörerin fragte: „Welche Maßnahmen empfehlen Sie zum Aufstand?“ Florin: „Ich bin keine Aktivistin und habe das Buch geschrieben, um das ganze Geschwurbel beiseite zu schieben. Das ist Diskriminierung – und Punkt.“ Ihr sei es darum gegangen, widerstandsfähig zu machen. „Ich kann nicht mehr als Erkenntnisse zutage fördern und eine Debatte starten", betonte die Autorin.