Mit dieser Einigung ist das Ende der Hachez-Produktion in der Bremer Neustadt besiegelt. Die soll 2020 in ein neues Werk des dänischen Mutterkonzerns Toms verlagert werden. 133 Mitarbeiter verlieren dadurch ihren Job. Doch was ihnen Hachez als Ausgleich für diese unternehmerische Entscheidung zahlt, dafür brauchte es seine Zeit. Seit April hat der Betriebsrat des Bremer Schokoladenherstellers Hachez mit der Geschäftsführung über einen Sozialplan verhandelt. Am Montag legte Hachez-Geschäftsführer Christian Strasoldo dem Betriebsrat nun den unterschriebenen Vertrag vor.
Der ließ sich am Nachmittag nochmals ausreichend Zeit, um gemeinsam Seite für Seite durchzugehen – nach einer so langen Zeit sollte es am Ende nicht an diesen Stunden fehlen. "Es sind sehr zähe Verhandlungen gewesen", sagte Iris Münkel von der Gewerkschaft Nahrung – Genuss – Gaststätten (NGG), die dem Betriebsrat zusammen mit dem Bremer Arbeitsrechtler Michael Nacken beratend zur Seite stand. Hachez-Geschäftsführer Strasoldo sagte: „Die erreichte Lösung ist für beide Seiten akzeptabel. Wichtig ist zudem, dass wir uns auf dem Verhandlungswege geeinigt haben und Streiks vermieden wurden." Die Einigung gebe Planungssicherheit.
Der Sozialplan sieht laut NGG nun vor: Die Mitarbeiter erhalten pro Jahr Betriebszugehörigkeit zwischen 0,6 und 0,75 Monatsgehältern. Je mehr der Mitarbeiter sich dem 58. Lebensjahr annähert, desto Mehr Geld erhält er. Diejenigen, die kurz vor der Rente stehen, erhalten wiederum etwas weniger Geld. Mitarbeiter mit Kindern sowie schwerbehinderte Mitarbeiter erhalten laut Hachez darüber hinaus zusätzliche Leistungen. Für alle Mitarbeiter gibt es eine Transfergesellschaft, in die sie eintreten können, um sich beruflich qualifizieren zu können, und die bis zu elf Monate gehen kann. Dort erhalten sie 80 Prozent ihres Nettogehalts. Wer in die Transfergesellschaft wechselt, erhält außerdem auch noch sein Weihnachtsgeld. Michael Nacken als Fachanwalt für Arbeitsrecht sagte: „Wer sonst vor dem 1. Dezember das Unternehmen verlassen würde, bei dem wäre das nicht der Fall.“
Aus drei Millionen wurden sechs
Für den Eintritt der Mitarbeiter in die Transfergesellschaft gibt es kein einheitliches Datum. Das erfolgt flexibel je nach Mitarbeiter. Wann dann der letzte Mitarbeiter die Produktion verlassen wird, ist ungewiss. Arbeitsrechtler Nacken sagte dazu: „Wollte der Arbeitgeber vorerst nur drei Millionen Euro für die Mitarbeiter auf den Tisch legen, sind es am Ende sechs Millionen Euro geworden“, so Nacken. Und das sieht er schon als einen Erfolg an. Für die Verhandlungen berief sich die Gewerkschaftsseite auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Ende des vergangenen Jahres. Demnach können Gewerkschaften Sozialtarifverträge schließen – allerdings nur für die Mitarbeiter, die Mitglied in der Gewerkschaft sind. Nacken sagte: „Lag der gewerkschaftliche Organisationsgrad am Anfang noch bei 20 Prozent, wurden daraus dann 50 Prozent.“
Hachez wurde 2012 vom dänischen Schokoladenhersteller Toms übernommen. Seitdem wurden immer wieder Mitarbeiter entlassen. Anfang 2018 verkündete der damals noch recht neue Hachez-Geschäftsführer Strasoldo die Verlagerung der Produktion von Bremen nach Polen. Anfang 2019 begannen die Verhandlungen über einen Sozialplan. Im April machten die Hachez-Mitarbeiter – mehrere von ihnen über 30 Jahre im Werk tätig – mit einem Warnstreik auf ihre Situation aufmerksam. Sie beklebten ihre Autos mit Sprüchen wie: „Karl macht sich Sorgen … doch Toms verspricht, dass die Produktion in Bremen fair beendet wird.“ Als es auf dem normalen Wege nicht zu einer Lösung kam, ging es dann in der sogenannten Einigungsstelle weiter.
Strasoldo betonte, dass die Zugeständnisse, die Hachez in den Verhandlungen gemacht hatte, nur durch die finanzielle Unterstützung des Mutterkonzerns, also der Toms-Gruppe, möglich gewesen seien. 80 Mitarbeiter aus Vertrieb und Marketing werden in Bremen bleiben, um von hier Hachez, Feodora und die dänische Marke Anthon Berg für den deutschen Handel zu bespielen – aber wohl von einem anderen Standort aus als der Westerstraße. Laut Geschäftsführung ist noch keine Entscheidung über den Verkauf gefallen.
Wann die letzte Praline das Bremer Werk verlassen wird, ist noch unklar. Mehr als die Hälfte der Osterproduktion soll noch von hier kommen. Laut Betriebsrat ist spätestens Ende 2020 Schluss. Die Verlagerung der Produktion erfolgt nach Hachez-Angaben schrittweise und ist davon abhängig, wie schnell die Produktion im polnischen Nowa Sól anlaufen kann. Für einige Mitarbeiter könnte laut NGG die Zukunft beim Getränkehersteller Vilsa weitergehen – da gebe es bereits Kontakte.