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Lange Wartezeit bei PV-Anlagen Über ein Jahr Warteschleife: Kein Stromanschluss durch Wesernetz

Im März 2023 hat ein Bremer Dachdeckermeister den Antrag für einen Hausanschluss seines Neubaus mit PV-Anlage gestellt. Der ist längst bezogen, aber den Stromanschluss hat Wesernetz immer noch nicht geschafft.
05.12.2024, 05:00 Uhr
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Über ein Jahr Warteschleife: Kein Stromanschluss durch Wesernetz
Von Florian Schwiegershausen

Beim Anschluss einer Fotovoltaikanlage (PV-Anlage) ans Netz müssen sich Bremer offenbar auf noch längere Wartezeiten einstellen als bisher. Das zeigt das Beispiel von Lutz Detring. Seit über eineinhalb Jahren wartet der Inhaber eines Dachdeckerbetriebs in der Bremer Neustadt darauf, dass sein Neubau in der Kornstraße endlich ans Netz angeschlossen wird. Den ersten Antrag inklusive Lageplänen hatte er am 13. März 2023 gestellt. Seitdem geht es Hin und Her, wie der Schriftverkehr zeigt. Eigentlich sollte am vergangenen Montag ein Vertreter von Wesernetz vor Ort vorstellig werden, aber weder am Montag noch am Dienstag ließ sich jemand vor Ort blicken. Detring hat den Eindruck, dass bei der Netztochter des Bremer Energieversorgers SWB die eine Hand nicht weiß, was die andere tut.

Direkt an der Einfahrt zum Firmengelände an der Kornstraße hat Detring neu gebaut. In dem Gebäude hat im Erdgeschoss die Autovermietung und der Kfz-Betrieb Schlobohm neue Büroräume plus Werkstatt mit Hebebühne bezogen. Dort ist ausreichend Platz, um auch Lkw-Zugmaschinen zu reparieren. Hier werden auch Detrings Lieferfahrzeuge repariert, wenn mal etwas sein sollte. Über der Werkstatt befinden sich sechs Wohnungen, die zum Teil für die Beschäftigten des Dachdeckerbetriebs gedacht sind. „Angesichts des Fachkräftemangels wollen wir auch auf diese Weise als Arbeitgeber attraktiv sein“, sagt Detring. Auf dem Dach des Gebäudes wurde eine Fotovoltaikanlage montiert, die den Strom für eine moderne Wärmepumpe liefert.

Ausweichende Antworten von SWB

Zusätzlich braucht es dafür allerdings auch Strom aus dem Netz, insbesondere in den Wintermonaten. Doch der kommt seit Monaten per Kabel und Baustromzähler von seinem Dachdeckerbetrieb weiter hinten in der Kornstraße. Diese Lösung war eigentlich zur Überbrückung für die Zeit einer Baustelle gedacht. Bei der offiziellen Einweihung der Kfz-Werkstatt vor einigen Wochen hätte auch die Autowerkstatt gern den Anschluss gehabt. Doch daraus wurde nichts.

Dieses Beispiel ist kein Einzelfall. Der WESER-KURIER hat bereits mehrfach über die monatelangen Wartezeiten beim Netzanschluss von Gebäuden mit PV-Anlage berichtet. Der verantwortliche Bremer Energieversorger SWB mit seiner Tochter Wesernetz begründet die Verzögerungen damit, dass für die Durchmessung der Leitungen qualifizierte Mitarbeiter fehlen. Wie viele genau fehlen, wollte das Unternehmen dem WESER-KURIER nicht sagen. Es hieß pauschal, dass sich der Mangel an Fachpersonal an den unterschiedlichsten Stellen bemerkbar mache. Auch die derzeitige Wartedauer auf den Anschluss wollte der Versorger nicht nennen. Statt Wochen oder Monate zu nennen, sagte SWB-Sprecherin Angela Dittmer nur: „Bei Wesernetz gehen monatlich etwa 200 bis 300 Fotovoltaik-Anträge ein. Die kürzeste Durchlaufzeit haben Vorgänge, die mit allen erforderlichen Unterlagen eingereicht werden.“ Nicht nur für den Anschluss von Fotovoltaikanlagen benötigt das Unternehmen Zeit: Auch die Beantwortung dieser Medienanfrage dauerte bei der SWB zehn Tage.

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Die Bundesnetzagentur als Überwachungsbehörde für Strom, Gas und Telekommunikation hat im Gegensatz zu anderen Bereichen bisher keine gesetzliche Handhabe, den Energieversorgern bei zu langen Wartezeiten eine Art Ordnungsgeld aufzubürden. Sprecher Michael Reifenberg erklärte allerdings auf Anfrage: „Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien haben grundsätzlich einen zivilrechtlichen Anspruch gegenüber dem jeweiligen lokalen Netzbetreiber auf unverzüglichen und vorrangigen Netzanschluss.“ So steht es auch in Paragraf Acht des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) geschrieben. Das zielt auf PV-Anlagen ab, die Strom erzeugen und den überschüssigen Strom mit entsprechender Vergütung ins Netz des örtlichen Betreibers einspeisen dürfen. „Unverzüglich“ bedeute „ohne schuldhaftes Zögern“, wie es auch die EEG-Clearingstelle beschreibt. Diese Einrichtung soll dazu dienen, Streitigkeiten außergerichtlich zu klären.

Bundesnetzagentur: Anschluss der PV-Anlage "unverzüglich"

Die Stelle schreibt auch vor, dass der Netzbetreiber, wenn ihm alle notwendigen Informationen vorliegen, spätestens nach acht Wochen über den Zeitplan informieren müsse, wann die PV-Anlage angeschlossen werde. „Die Verzögerung darf nicht durch Umstände bedingt sein, die aus der Sphäre des Netzbetreibers stammen und von ihm verschuldet werden. Zu diesen Umständen können zum Beispiel die Netz- und die Unternehmensstruktur des Netzbetreibers gehören“, heißt es von der EEG-Clearingstelle. Verstößt der Netzbetreiber gegen seine Pflichten, könnten Schadensersatzansprüche gegen den Netzbetreiber in Betracht kommen (BGB, Paragraf 280).

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Dachdeckermeister Lutz Detring wäre es dagegen lieber, wenn Wesernetz einfach nur seinen Neubau anschließen würde: „Wenn wir als Handwerksbetrieb so arbeiten würden, hätten wir längst keine Kunden mehr.“



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