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Hochwasserschutz an der Weser Denkmalschutz könnte Deichschart retten

Im Zuge der Deichertüchtigung am linken Weserufer könnte der Huckelrieder Deichschart am Werdersee verschwinden. Das versucht der Neustädter Beirat nun zu verhindern. Das Argument: Er gehört zum Stadtbild.
10.06.2023, 07:00 Uhr
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Denkmalschutz könnte Deichschart retten
Von Karin Mörtel

Seit 1882 gibt es am Buntentorsteinweg diese kleine Lücke im Deich am Werdersee, das Huckelrieder Deichschart. Es ist mit Flügeltüren verschließbar, wenn eine Sturmflut oder ein Binnenhochwasser die Weser weit über die Ufer treten lässt. Damit die Neustadt vor Überflutungen verschont bleibt.

Aktuell ist es fraglich, ob das Deichschart auch noch in Zukunft seine Aufgabe erfüllen wird oder komplett aus der Neustadt verschwindet. Denn für die Deichschützer ist das historische Bauwerk mittlerweile ein Risikofaktor, den sie im Zuge der anstehenden Deichertüchtigung am linken Weserufer beheben wollen. Weil die langfristig erwarteten Hochwasserereignisse laut Berechnungen viel heftiger ausfallen werden als Ende des 19. Jahrhunderts und auch heute noch. Und dafür wäre das Deichschart in seinem jetzigen Zustand laut den Fachleuten nicht stabil genug.

Wie kann man den Hochwasserschutz am Deichschart verbessern?

Eine von drei Lösungs-Varianten, die derzeit in der Umweltbehörde untersucht werden, ist der Verschluss der Lücke, was den Abbau des Deichschartes mit sich bringen würde. Das teilt Hauke Krebs mit, der in der Umweltbehörde für den Ausbau der Stadtstrecke des Deiches am linken Weserufer verantwortlich ist.

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Dasselbe Schicksal würde das Bauwerk ereilen, sollte die Stadt sich für die Neubau-Variante des Deichschartes entscheiden. Nur bei der Dritten Option, einer Sanierung, bliebe es erhalten. Wenn auch nicht komplett, weil sich sein Aussehen verändern würde, wenn es neue Bauteile erhält, um die Neustadt besser schützen zu können.

Was würden die drei Lösungswege kosten?

Die Kosten für die drei Varianten sind unterschiedlich: Eine Sanierung des heutigen Deichschartes würde laut Berechnungen 600.000 Euro kosten, ein Neubau wäre mit 800.000 Euro am teuersten und ein Verschluss der Lücke ist mit 450.000 Euro veranschlagt.

Der durchgehende Deich ohne Lücke ist die einzige Variante, für die es Bundesmittel aus dem Fördertopf für Hochwasserschutz gäbe, sagt Hauke Krebs. Weil ein Deichschart an dieser Stelle eben nicht unbedingt gebraucht wird. Selbst die Feuerwehr hat signalisiert, dass sie ihre Boote auch mit einem kleinen Umweg ins Wasser lassen kann. Und auch im Erhalt und der Pflege wäre es die günstigste Variante für die Jahre nach dem Umbau des Deiches an dieser Stelle.

Den Erhalt oder einen Deichschart-Neubau müsste die Stadt selbst finanzieren. Es sei denn, sie findet andere Fördermöglichkeiten.

Welche Vor- und Nachteile hat ein Verschluss der Lücke?

Am besten schneidet in einer aktuell abgeschlossenen Machbarkeitsstudie der Verschluss der Lücke ab. Der Deich würde sozusagen durchgezogen, Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, müssten dann andere Wege zum Werdersee nehmen. Die Rampe neben der Eisdiele gegenüber vom Rewe-Markt würde dafür barrierearm ausgebaut. Und auch der Zugang über den Rosenweg auf der anderen Seite des Deichschartes würde verbessert werden. „Das ist die Variante, die die Stadt am wenigsten kosten würde und für den Hochwasserschutz am besten wäre", sagt Krebs.

Denn ein Deich steht immer da und hält das Wasser ab, wenn es einmal zum Ernstfall kommen sollte. Ein Tor muss jemand verschließen, der rechtzeitig vor Ort sein muss, und – salopp gesagt – die Türen dürfen nicht klemmen.

Auch für die Entschärfung der häufigen Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern vor dem Deichschart wäre es gut, begründet Krebs. Denn die Menschen auf dem Fahrrad würden auf der neuen Radpremiumroute dann über den Deich geleitet, während der Fußverkehr davon getrennt dann näher am Wasser seinen eigenen Weg bekommen soll. „Wenn ein Deichschart bleibt, landen die Radfahrer dann aber doch erst einmal wieder auf dem Fußweg", so Krebs.

Doch auch die Nachteile verschweigt Hauke Krebs nicht. „Die Barrierefreiheit wird etwas schlechter an dieser Stelle, auch wenn wir die Rampe umgestalten", räumt er ein. Denn es macht ja einen Unterschied, ob man ebenerdig ans Wasser kommt, oder erst den Deich erklimmen muss. Außerdem würde den Neustädterinnen und Neustädtern ein markantes Bauwerk verloren gehen.

Warum will der Beirat Neustadt das Deichschart erhalten?

Genau an diesem Punkt setzt der Beirat Neustadt an mit einem aktuellen Beschluss aus dem Bauausschuss. Darin fordert der Beirat, „die Denkmalwürdigkeit des Deichscharts in der Neustadt durch das Landesamt für Denkmalschutz prüfen zu lassen."

Der Beirat begründet seine Forderung damit, dass das Deichschart „ein in Bremen einmaliges Bauwerk" und für die Neustadt stadtteilprägend sei. Es müsse daher „unbedingt als Denkmal geschützt werden". Ein Verlust des Deichschartes würde nach Einschätzung des Beirates „unwiederbringlich zu einem kulturellen Schaden und unersetzlichen Verlust führen."

Was würde der Denkmalschutz an der Lage verändern?

Im Landesamt für Denkmalschutz laufen in diesen Tagen die Vorbereitungen, um das Bauwerk daraufhin zu überprüfen, ob es unter Schutz gestellt werden sollte. „Ich gehe eher einmal davon aus, dass es klappt", gibt Amtsleiter Georg Skalecki eine erste, vorsichtige Prognose ab. Zunächst müsse jedoch noch die Ortsbegehung und die historische Recherche abgewartet werden.

Sollte sich herausstellen, dass das Deichschart ein Denkmal wird, „müssen wir sehen wie man den Hochwasserschutz auch mit dem alten Deichschart gewährleisten kann", so Skalecki. Denn eins sei klar: „Der Hochwasserschutz hat Vorrang", so der Amtsleiter. Aber, fügt er an, „er gibt ja immer verschiedene Wege zum Ziel."

Denkbar sei beispielsweise, dass mit den Deichbauern abgestimmt wird, „welche Teile alt, wertvoll und authentisch sind und daher möglichst erhalten bleiben sollten." Andere Teile könnten dann für einen verbesserten Hochwasserschutz verändert werden.

Wie geht es nun weiter?

Hauke Krebs betont, „dass wir noch in einem sehr frühen Planungsstadium sind und durch unsere sehr frühe Beteiligung der Öffentlichkeit noch genug Zeit haben, um weitere Argumente aufnehmen zu können."

Die Forderung des Beirates sieht er durchaus auch als Chance, die beste Lösung zu finden. „Wenn das Bauwerk tatsächlich einen Denkmalstatus erhält, könnte das ja auch Möglichkeiten bieten, für die Sanierung an Fördergelder aus anderen Quellen zu kommen", sagt Krebs. Schlussendlich werden am Ende Bürgerschaft und Senat über das Schicksal des Deichschartes entscheiden.

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