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Beirat Oberneuland Ein Politiker mit Ausdauer

39 Jahre ist es her als Kay Enholt als festes Beiratsmitglied in die Arbeit für seinen Stadtteil Oberneuland eingestiegen ist. Vieles hat sich seitdem verändert, den Fressorden hingegen, den gibt es immer noch.
24.07.2023, 05:00 Uhr
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Von Maren Brandstätter

Kay Entholt hat alles aufbewahrt. Zwei prall gefüllte Ordner liegen vor ihm auf dem Tisch, in denen hat er alles gesammelt, was mit dem Beirat Oberneuland zu tun hat. Seit seinem Eintritt ins Stadtteilparlament ist einiges zusammengekommen – denn der liegt inzwischen 39 Jahre zurück. Damit ist Entholt laut der Senatskanzlei eines der langjährigsten Bremer Beiratsmitglieder. Lediglich im Findorffer Stadtteilparlament gibt es ein Mitglied, das mit mehr als 40 Jahre noch länger dabei ist.

Das erste Foto, das Entholt aus einem der Ordner hervorholt, liegt noch weit länger als 39 Jahre zurück. Eine Gruppe von CDU-Beiratskandidaten ist darauf zu sehen – der jüngste von ihnen: Kay Entholt, 20 Jahre, Soldat. Dem heute 68-Jährigen ist das Foto etwas peinlich. Die Mode, die Frisur und überhaupt. Das Foto auf dem nächsten Flyer wurde etwa zehn Jahre später aufgenommen. Entholt trägt inzwischen Kurzhaarschnitt und Krawatte. „Das sieht doch schon etwas besser aus“, sagt er. 

Als Nachrücker fing alles an

Etwa ein Jahr nachdem die Aufnahme gemacht wurde, ist Entholt dem Oberneulander Beirat beigetreten – als Nachrücker für seinen Parteikollegen Gerhard Groll. Am 18. Juni 1984 war das. So steht es auf seiner Beitrittsbescheinigung, unterzeichnet „mit vorzüglicher Hochachtung“ von Bürgerschaftspräsident Dieter Klink. Die Arbeit und Zeit, die er seither in die Stadtteilpolitik investiert hat, habe er nie als zu aufwendig empfunden. „Wenn man am Ende etwas Positives für den Stadtteil bewirken konnte, hat es sich schon gelohnt“, findet er.

Politisches Engagement hat im Hause Entholt eine gewisse Tradition. „Mein Vater war in der FDP und auch einige Jahre Mitglied der bremischen Bürgerschaft“, erzählt Kay Entholt. Damit, dass es seinen Sohn als Jugendlichen zur CDU verschlug, habe sein Vater nie Probleme gehabt. „Die Jugendorganisationen der FDP und der SPD standen damals weit links von ihren Mutterparteien – diese Richtung entsprach nicht meiner politischen Meinung“, sagt Entholt. Und die hatte er sich bereits als Schüler gebildet. An der Philipp-Reis-Schule, die seinerzeit noch eine Realschule war, gab es einen Arbeitskreis „Schule und Politik“, den er regelmäßig besuchte. „Dort gab es viele interessante Vorträge“, erzählt Entholt. Sein politisches Interesse war damit endgültig geweckt, und er begann nach Abschluss der Schule nicht nur eine Lehre als Bankkaufmann, sondern auch, sich bei der Jungen Union zu engagieren.

Die Radwege waren damals schon schlecht

Seinen Einstieg in den Oberneulander Beirat hatte Entholt schon einige Jahre bevor er schließlich festes Mitglied wurde: als sachkundiger Bürger im Verkehrsausschuss. Der Zustand der Oberneulander Landstraße – heute ein Dauerbrenner im Beirat – sei zu dieser Zeit noch einigermaßen in Ordnung gewesen. „Die Radwege waren allerdings schon damals schlecht, aber nicht in solch katastrophalem Zustand wie heute.“ Eines der großen Themen seien bereits zu dieser Zeit die Unterführungen der Bahntrasse gewesen, die rund 30 Jahre später eingeweiht wurden. „In diesem Punkt herrschte im Beirat immer geschlossene Zustimmung“, sagt Entholt. In der Bevölkerung sei die Stimmung indes nicht so eindeutig gewesen. „Einige befürchteten, dass der Verkehr im Stadtteil mit den Tunneln massiv zunehmen würde.“ Inzwischen habe sich ja aber herausgestellt, dass diese Sorgen unbegründet waren.

Zu den Top-Themen in der jüngeren Vergangenheit zählte unter anderem der Bau eines Supermarktes auf dem ehemaligen Sportplatz an der Mühlenfeldstraße. Ein Thema, dass den Beirat viele Jahre beschäftigte und auch in der Bevölkerung heftige Diskussionen auslöste. Der Supermarkt steht seit gut zwei Jahren, dafür sorgt jetzt die geplante Bebauung des Mühlenfelds im Stadtteil für Gesprächsstoff. Insbesondere an der Dichte der Ein- und Mehrfamilienhäuser, die dort entstehen sollen, gibt es Kritik aus Teilen der Bevölkerung und des Beirats. Dass die kritische Stellungnahme des Stadtteilparlaments seinerzeit nicht einhellig war, bedauert Entholt. Eigentlich sei der Oberneulander Beirat bekannt dafür, seine Beschlüsse möglichst immer geschlossen zu verabschieden, „aber in diesem Fall hat sich die SPD für die geplante Bebauung ausgesprochen“. 

Stadtteilfeste als verbindendes Element

Auf das Oberneuland von früher angesprochen, wird Kay Entholt etwas wehmütig. Ihm fehlen die vielen Stadtteilfeste, die hier damals regelmäßig gefeiert wurden. Die waren ein verbindendes Element, das es heute kaum noch gibt, sagt er. „Man hat in Oberneuland gelebt, heute wohnen viele nur noch hier.“ Einzig die obligatorische Feier am 1. Mai auf dem Lür-Kropp-Hof sei in dieser Hinsicht ein Lichtblick. Überhaupt habe sich die dörfliche Struktur des Stadtteils in den 1970er-Jahre begonnen zu verändern. Damals habe es in Oberneuland noch diverse Krämerläden und etwa ein halbes Dutzend Tankstellen gegeben, erzählt er. 

Den Zusammenhalt im Beirat empfand Entholt über die Jahrzehnte hinweg im Großen und Ganzen als gut, wenngleich man politisch naturgemäß immer mal wieder unterschiedliche Ansichten vertrete. Die Atmosphäre sei unterm Strich so gut gewesen, dass der Beirat früher sogar einmal im Jahr gemeinsam auf Kohltour ging. Die Stimmung war stets gelöst und entspannt, erzählt Entholt, und den Fressorden gibt es heute noch. Dabei handelt es sich um den Oberkiefer eines Rindes, der inzwischen einen Platz in der Oberneuland-Sammlung im Ortsamt hat. Auch wenn die letzte Kohltour schon rund zwanzig Jahre zurückliegt, schließt Entholt eine Neuauflage nicht kategorisch aus. Die Stimmung nach der konstituierenden Sitzung des aktuellen Beirats sei sehr entspannt gewesen, sagt er. Möglicherweise entschließe sich der Beirat ja eines Tages, diese Tradition wieder aufleben zu lassen. „Wer weiß.“

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