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Schottergärten Mehr Schottergärten in Bremen: Was eine Initiative dagegen unternimmt

Bäume, Blumen, Büsche sind sind gut fürs Stadtklima und gut für Insekten. Dennoch wächst laut Nabu-Chef Sönke Hofmann die Tendenz zum Schottergarten. Dagegen gibt es eine Initiative aus Oberneuland.
13.06.2022, 10:15 Uhr
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Von Silja Weißer

Schotter, Kies und Granit anstelle von Tulpen, Gräsern und Büschen: Bremens Vorgärten mutieren zunehmend zu Steinwüsten, warnt Oberneulands SPD-Chef Derik Eicke. In einem Schreiben an Klimaschutzsenatorin Maike Schaefer (Grüne) fordert er dazu auf, den Ausschuss in einer öffentlichen Sitzung über die Folgen dieser Entwicklung zu informieren. Und die sind nicht ohne.

Sönke Hofmann, Geschäftsführer des Naturschutzbundes Bremen (Nabu), beurteilt den Trend, die Erde vor den Häusern nicht zu bepflanzen, sondern mit Steinen zuzuschütten als alarmierend. „Das ist das Gegenteil von Klimabegegnung“, sagt er und appelliert damit an die individuelle Verantwortung, auch im Kleinen das Klima zu gestalten.

Steine heizen sich auf

Viele Schottergärten seien auf einer Folie oder einem Vlies angelegt. Freiflächen dienten nicht nur als Versickerungsflächen. Mit einfachem Schotter würden sie lebensfrei gemacht, Staub und Erde werde durch die Luft getragen, anstatt Insekten Lebensräume zu bieten. Ohne die Verdunstung drohten die Areale wortwörtlich zu Schotterwüsten zu werden. Die Steine heizten sich auf, speicherten Wärme und strahlten sie ab – für das Stadtklima ein Problem.

Seit 23. Mai 2019 ist auf Initiative der Grünen-Fraktion gesetzlich verankert, bei Neubauten Flachdächer zu begrünen und Freiräume zu bepflanzen. Während das Versiegeln von Vorgärten in Bremen unzulässig ist, sind vor dem Erlass angelegte Schottergärten grundsätzlich erlaubt, sie stehen aber im Gegensatz zum Begrünungsgebot.

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Ordnungswidrigkeit droht

Der Verstoß gegen das Ortsgesetz werde als Ordnungswidrigkeit eingestuft, erläutert Senatspressesprecher Jens Tittmann. Die Höhe der Geldbuße richtet sich nach der Größe des Gartens und ob eine Wiederholung erfolgt ist, führt er aus. Sie dürfte sich eher im dreistelligen Bereich bewegen, schätzt er. Weit kostspieliger sei es wohl, den Garten zurückzubauen. Es gelte jedoch, dass Schottergärten, die vor dem Erlass des Gesetzes existierten, Bestandschutz haben, neue können der Behörde gemeldet werden.

„Wer kontrolliert das?“, fragt sich Eicke, dem es an der Umsetzung hapert. Mehrere Kommunen in Deutschland hätten ähnliche Gesetze erlassen. Tittmann räumt ein: "Man ist ein Stück weit angewiesen auf Bürgerinnen und Bürger vor Ort und die Beiräte, weil die Polizei und der Ordnungsdienst beim Streifendienst nicht jeden Vorgarten kontrollieren können".

Steine kosten viel Geld

Immer mehr Grundbesitzer lassen sich von dem Gesetz nicht abschrecken und ersetzen Begrünung durch Steine, sei es als Parkraum oder, so spekuliert Hofmann, „weil es dann ordentlicher und sauberer aussieht.“ Dabei sei dies ein Trugschluss warnt der Nabu-Geschäftsführer: „Die Vorstellung, ein Kies- und Schottergarten sei besonders günstig und pflegeleicht, ist falsch“. Allein die Anschaffung der Steine koste viel Geld, dazu setzten sich nach wenigen Jahren Moos und Wildkräuter ab. Die Reinigung der Patina mit chemischem Moosvernichter sei aufwendig und alles andere als umweltfreundlich, erläutert Hofmann und führt aus: „Gärten mit verschiedenen Blumensorten, Obstbäumen und Sträuchern sind für den Erhalt der Artenvielfalt wichtig. Bienen, Käfer, Schmetterlinge und Eidechsen bietet ein solcher Raum Nahrung und Unterschlupf“.

Über Insektenhotels kann Hofmann nur müde lächeln. „Das ist kein Ersatz für einen richtigen Garten“, betont er und zeigt auf dem Nabu-Gelände im Vahrer Feldweg 185 auf üppige Brennnessel-Büsche, die als Raupenfutterpflanze für etliche heimische Falterarten dienen. Exotische Pflanzen mögen zwar schön aussehen, doch heimische Tierarten fühlten sich in einem Garten mit einer Vielfalt regionaler Pflanzen wohler. Da reiche es oft schon, eine Handvoll Blütensamen zu streuen. „Den Rest macht die Natur schon selbst“, versichert Hofmann. „Hier und da ein bisschen zurückschneiden oder wegnehmen, der Rest ruckelt sich“, weiß der Fachmann.

Aufklärung geplant

Dass Hobbygärtner aus Unwissenheit die Alternative eines Schottergartens wählen, ist für ihn vollkommen unverständlich. In einer Zeit, in der jeder zwei Stunden lang den besten Handytarif googeln könne, mangele es nicht an Zeit und Möglichkeit, sich über eine sinnvolle Bepflanzung zu informieren.

Eicke plädiert dennoch für verstärkte Information. Er möchte in Oberneuland Flyer verteilen und noch vor den Herbstferien zusammen mit dem Nabu eine Veranstaltung zum Thema „sinnvolle Begrünung“ auf die Beine stellen. Auch die Stadt setzt derzeit noch auf Aufklärung. Eine Broschüre „Bremer Vorgärten“ gibt bereits Tipps, wie sich auf kleinem Raum eine attraktive Gestaltung des Gartens realisieren lässt (unter bremer-umwelt-beratung.de). Gegebenenfalls wird das Ortsgesetz noch in die Landesbauordnung integriert, kündigt der Senatspressesprecher als möglichen weiteren Schritt an.

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