Nichts in dem blitzblanken Haus mit Garten in Arsten deutet auf den ersten Blick darauf hin, dass Günter Dahnken jahrelang eine der Schlüsselfiguren im Reigen der Bremer Rettungsdienste gewesen ist. Erst wenn er seine Auszeichnungen und Orden aus der Schublade holt und über seine Einsätze wie nach der Flutkatastrophe im Ahrtal spricht, wird klar: Der Mann hat während seiner knapp 45 Berufsjahre nicht nur den Menschen im Land Bremen große Dienste erwiesen.
Erste-Hilfe-Kursus als Karrierestart
Seine Karriere begann schon in jungen Jahren, auch wenn er damals noch keine Ahnung hatte, dass eine Schulprojektwoche zum Thema Erste Hilfe sein späteres Berufsleben prägen würde. Denn eigentlich stand ein ganz anderer Beruf auf seinem Wunschzettel an die Zukunft. "Ich wollte unbedingt zur Berufsfeuerwehr", sagt Dahnken. Doch durch seine Begeisterung für die Erste Hilfe hat er schließlich erst als ehrenamtlicher und später als hauptamtlicher Rettungshelfer den Weg zum Malteser Hilfsdienst gefunden.
Geburt auf dem Rembertikreisel
Gleich bei seinem zweiten Einsatz als noch recht unerfahrener Rettungssanitäter musste er als Geburtshelfer einspringen. Ein Erlebnis, das den damals 19-Jährigen tief beeindruckt hat. Sieben weitere Geburten sollten im Laufe der Jahre folgen, wobei ein Kind im Rettungswagen während der Fahrt um den Rembertikreisel das Licht der Welt erblickte. "Es sind für mich die einzigen Einsätze gewesen, die rein positiv waren, weil es um ein neues Leben ging", so Dahnken.
Je höher er die Karriereleiter aufsteigt, desto seltener fährt er persönlich im Rettungswagen mit. Irgendwann ist er es, der das große Ganze im Blick behält, die Einsätze koordiniert, passende Fachkräfte als Team zusammenstellt und sich mit der Politik, Behörden und den anderen Rettungsdiensten austauscht.
Mobile Sanitätsstation
Während seiner Zeit als Führungskraft hat er unter anderem den Fahrdienst für körperlich eingeschränkte Menschen ausgebaut und die Notfallvorsorge sowie den Sanitätsdienst weiterentwickelt. Ein sichtbares Ergebnis war die Entwicklung einer deutschlandweit einzigartigen mobilen Sanitätsstation, die technisch bestens ausgestattet während Großveranstaltungen wie dem Weihnachtsmarkt in Bremen regelmäßig im Einsatz ist. "Es steht immer eine Teamleistung dahinter, ich habe das nicht alleine gemacht", betont er im Rückblick auf seine Karriere.
Herausfordernder Einsatz im Ahrtal
Als er gefragt wird, ob er nach der verheerenden Flut im Ahrtal helfen könne, die medizinische Notfallversorgung der Menschen vor Ort wieder ins Laufen zu bringen, überlegt Dahnken nicht lange und sagt zu. Als er im Katastrophengebiet ankommt, kann er das Ausmaß der Zerstörung kaum fassen: "Es war wie nach einem Krieg ohne Waffen", sagt Dahnken.
Die Wassermassen seien schon weitgehend abgelaufen und die Bergungs- und Aufräumarbeiten schon auf Hochtouren im Gang gewesen. Doch die Linien oberhalb der 2. Geschosse vieler Häuser hätten deutlich gezeigt, wie massiv das Wasser in die Siedlungen vorgedrungen war.
"Auf der Landstraße ist man teilweise durch einen Korridor von bis zu zehn Meter aufgetürmten Schutt und Schrott inklusive zerstörter Autos und Wohnmobile gefahren", berichtet Dahnken. Besonders die persönlichen Schicksale der Menschen vor Ort, die er während seines Einsatzes kennenlernt, berühren den Profi stark. "Diese Menschen haben nicht nur Angehörige verloren, sondern auch ihr gesamtes Hab und Gut sowie häufig auch noch ihren Job, weil viele Betriebe ebenfalls zerstört worden sind", so Dahnken. Für den erfahrenen Helfer "mein bislang schlimmster Einsatz und gleichzeitig die prägendste Erfahrung meines Berufslebens".
Er ist als Abschnittsleiter für eine Strecke von 23 Kilometern im Ahrtal dafür zuständig, dass die Bevölkerung, aber auch die vielen Rettungskräfte vor Ort, im Notfall versorgt werden können. Und das, "obwohl die gesamte Infrastruktur zerstört war und es kein funktionierendes Krankenhaus in der Nähe mehr gab", so Dahnken.
700.000 Menschen auf Weltjugendtag in Panama
Auch verschiedene Auslandseinsätze haben Eindruck bei Dahnken hinterlassen. Darunter die Begleitung des katholischen Weltjugendtages in Panama-Stadt mit etwa 700.000 Menschen, die am Abschlussgottesdienst teilgenommen haben. Auch Papst Franziskus gab es dort aus der Nähe zu sehen. "Es war schwer beeindruckend, diese Menschenmasse zu sehen", sagt Dahnken.

Auch den Weltjugendtag in Panama-Stadt hat Dahnken 2019 begleitet.
Reisen im Ruhestand
"Ich habe keineswegs die Nase voll gehabt", versichert der 63-Jährige mit Blick auf sein bewegtes Berufsleben. Dennoch wolle er lieber etwas früher seinen Ruhestand genießen, solange er noch fit sei.
Denn es zieht ihn mächtig in die Ferne. Gemeinsam mit seiner Frau will er mit dem eigenen Wohnmobil auf Tour gehen: sechs Monate lang durch Kanada und Nordamerika bis nach Mexiko und wieder zurück. Und dann sind da noch spontane Unternehmungen und die Zeit mit der Familie, die vorher nicht vorhanden war, die er jetzt genießen möchte.
So ganz lässt ihn sein Beruf dennoch nicht los: Er macht ehrenamtlich weiter in einer Führungsrunde sowie bei Einsätzen, um die Notfallversorgung bei Großveranstaltungen auf der Bürgerweide abzusichern. Aber eines ist anders, sagt Dahnken: "Ich nehme mir jetzt das Recht heraus, auch häufiger einmal Nein zu sagen."