Zwergscharbe, Zwergtaucher und Löffelreiher – solche Raritäten aus der Vogelwelt lassen sich mit etwas Glück auch in diesem Herbst an der Neuen Weser entdecken. Wenn der Sommer zu Ende geht, lockt das Schutzgebiet südlich des Weserwehrs in jedem Jahr Zugvögel an – unter ihnen Durchzügler, die nur kurze Zeit an der Neuen Weser auftauchen, aber auch Wintergäste, die über die gesamte kalte Jahreszeit vor Ort verbleiben.
Nach einem Deichdurchbruch an der Weser im Jahre 1981 wurde das neu entstandene Gewässer ökologisch umgestaltet und ein knapp 35 Hektar großes Gebiet 1988 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Inzwischen wird es das ganze Jahr über von zahlreichen Wasservogelarten als Brut-, Rast- oder Nahrungsplatz genutzt. Außer dem lang gestreckten Stillgewässer gehören auch umliegende Weidengebüsche, Röhrichte, Hochstauden, Flutrasen und Grünland dazu.
„Seit Langem nutzt der Kormoran das Gebiet als Schlafplatz“, sagt Thomas Kuppel, Vogelexperte beim BUND, „doch auch die seltene Zwergscharbe, ein kleinerer Verwandter des Kormorans, schläft hier.“ Thomas Kuppel, Vogelexperte hat diese Art als Erstnachweis für Bremen im Jahre 2022 im Hemelinger Außendeichsland beobachtet. Die Zwergscharbe, die hauptsächlich in Südosteuropa vorkommt, ist an ihrem rotbraunen Kopf von den zahlreichen Kormoranen zu unterscheiden.

Der See Neue Weser und die umliegenden Wiesen sind Vogelschutzgebiet.
Eine Seltenheit in Deutschland
Mit seinem schwarzen, löffelartig verbreiterten Schnabel ist der Löffelreiher einer der auffälligsten Vögel, die man an der Neuen Weser entdecken kann. „Seit dem Jahre 2021 hat der seltene Löffelreiher dort auch gebrütet“, weiß Thomas Kuppel. Eine weitere Reiherart, der Silberreiher, leuchtet mit seinem schneeweißen Gefieder schon aus weiter Ferne, wenn er im Grünland nach Nahrung sucht. Vor einigen Jahren war dieser Reiher in Deutschland noch eine Seltenheit, inzwischen ist er im Bremer Raum häufig und zuweilen auch zwischen Scharen von Graugänsen zu sehen, die in den Grünlandflächen rings um die Neue Weser äsen. Graugänse lassen sich aber auch schwimmend in großen Anzahlen auf dem Stillgewässer beobachten. „Unter den häufigen Graugänsen ist auch ein Tier, das eine gelbe Halsmanschette trägt“, weiß Thomas Kuppel. Mit solchen auffälligen Ringen am Hals werden Gänse im Rahmen von Forschungsprojekten individuell markiert, um Aufschluss über ihre Aufenthaltsorte und Flugrouten zu erhalten. Mehr und mehr besiedeln auch Nonnengänse das Gebiet, von denen viele ihr Verbreitungsgebiet von der Nordseeküste ins Binnenland verlagert haben.

Seit den 90er-Jahren brütet der Löffelreiher an der Nordseeküste und immer öfter auch in Bremen.
Zwei Flöße als Brutmöglichkeit
Als regelmäßiger Gast ist unter den häufigen Haubentauchern auf dem Wasser der Neuen Weser auch ein naher Verwandter, der weit kleinere Zwergtaucher auszumachen, der zum Jagen von Fischen immer wieder unter Wasser verschwindet. Doch auch wer die Seltenheiten in der Vogelwelt nicht entdeckt, kann von der Wehrstraße aus den zahlreichen Kormoranen zuschauen, die auf dem Wasser schwimmen und auf den Bäumen der Inseln ihre Flügel zum Trocknen ausbreiten, da ihr Gefieder nicht wasserabweisend ist. Der BUND Bremen hat auf der Neuen Weser zwei Flöße ins Wasser gesetzt, auf denen Fluss-Seeschwalben Brutmöglichkeit geboten wird. Auf den Plattformen landen immer wieder Rabenkrähen oder Möwen, um Ausschau zu halten oder zu ruhen.
Wer die zahlreichen Enten – unter ihnen Reiher-, Pfeif- und Tafelenten – an der Neuen Weser bestimmen will, bringt am besten ein Spektiv mit: Dann lassen sich die großen Mengen von Enten, die meist weit entfernt in Ufernähe schwimmen, auch von der Straße aus sehr gut beobachten.