Es ist eine Nachricht ganz am Ende des Tagesordnungspunktes Vergabe der Kinder- und Jugendhilfemittel in der jüngsten Sitzung des Osterholzer Ortsbeirats gewesen, die die Gemüter noch mal in Wallungen gebracht hat: Offenbar plant das Sozialressort eine Abschaffung der Controlling-Ausschüsse, die bisher über die Mittelvergabe an die Jugendeinrichtungen in den Stadtteilen entscheiden. Das wäre einschneidend, denn die Jugendhilfemittel sind der größte Posten, bei denen die Beiräte mitentscheiden können.
Millionenbetrag für Jugendliche
Um es für Osterholz in eine Perspektive zu setzen: Für die Kinder- und Jugendhilfe stehen dem Stadtteil in diesem Jahr 1,16 Millionen Euro zur Verfügung, über dessen Vergabe der Beirat über seine Teilnahme am Controlling-Ausschuss, in dem außerdem Vertreter der Einrichtungen und des Sozialressorts sitzen, mitentscheidet. Zum Vergleich: Die sogenannten Globalmittel, eine Art allgemeiner Haushalt der Beiräte, betrugen in Osterholz im vergangenen Jahr 73.865 Euro und das Stadtteilbudget, also Geld, das für verkehrslenkende Maßnahmen ausgegeben werden kann, im selben Jahr 88.638 Euro.
"Die Mittelvergabe soll zentral geregelt werden", sagte Beiratssprecher Wolfgang Haase (SPD) über die am selben Tag eingegangene Nachricht aus dem Sozialressort. Petra Putzer, Abteilungsleiterin beim Amt für Soziale Dienste (AfSD) und zuständig für die Kinder- und Jugendhilfe in Osterholz, bestätigte diese Nachricht in der Sitzung. "Ja, es gibt ein neues Finanzierungsmodell." Demnach sollen die Ausschüsse abgeschafft und in die Hände der Sozialzentren und Jugendhilfeausschüsse gelegt werden. "Das kann ich noch gar nicht glauben", so Putzers Fazit.
Dass eine neue Regelung der Vergabe für die Jugendmittel notwendig ist, ist weitgehend unstrittig. Denn das bisherige System konnte Kostensteigerungen wie zum Beispiel durch Lohnerhöhungen, Mieten und Energiekosten nur unzureichend abdecken. Hinzu kommt, dass mit der aktuellen Praxis einige Stadtteile mehr Geld bekommen als ihnen eigentlich nach Anzahl von Kindern und Jugendlichen zustünde – das war das Ergebnis des Jugendberichts 2022.
Für Osterholz dürfte eine Neuausrichtung deswegen eine Korrektur nach unten bedeuten, denn der Stadtteil bekommt mehr Geld pro Jugendlichem als andere Stadtteile. Hemelingen hingegen könnte von einem neuen System profitieren, denn 2022 erhielt der Stadtteil zum Teil deutlicher weniger Geld pro Kopf als andere.
Bisher war die Beteiligung der Beiräte über die Controlling-Ausschüsse im Ortsbeirätegesetz geregelt. Darauf wies Ralf Dillmann (Grüne) hin. "An der Stelle müssen wir einhaken und darauf pochen, dass die Gesetze eingehalten werden." Es sei eine originäre Aufgabe und könne nicht "mal eben so" von einer Behörde verändert werden. In der aktuellen Fassung des "Ortsgesetz über Beiräte und Ortsämter" vom Dezember 2024 sind im zehnten Paragrafen die Zustimmungs- und Entscheidungsrechte der Beiräte genannt. Im zweiten Absatz ist geregelt, dass die Beiräte im Einvernehmen mit der zuständigen Behörde über die Mittel der Kinder- und Jugendförderung entscheiden.
Beirat kündigt Widerstand an
"Es kann nicht angehen, dass wir kein Mitspracherecht mehr haben, es ist eine Aufgabe von uns für unsere Kinder und Jugendlichen in unserem Stadtteil", sagte Annette Kemp (SPD). "Dafür müssen wir jetzt streiten, dafür müssen wir uns versammeln und sagen: So geht es nicht!", forderte sie. Der Beirat müsse weiterhin mitbestimmen können. "Wir sind alle aufgefordert, uns dieser Diskussion zu stellen und werden in den Austausch mit der Beirätekonferenz gehen und unseren Einfluss geltend machen", kündigte Haase an. Die Beirätekonferenz ist ein Zusammenschluss aller Bremer Beiräte. Eine einstimmige Haltung in der Beirätekonferenz über alle Parteigrenzen hinweg kommt daher eine gewisse Bedeutung zu.
Von einem "Paradigmenwechsel" bei der Finanzierung der Jugendarbeit spricht auf Anfrage das Sozialressort. Bislang habe der Haushaltsgesetzgeber die Summe festgelegt, künftig soll über ein neues Verfahren der tatsächliche Bedarf definiert werden. Grundsätzlich zeigt sich das Sozialressort überrascht von den Reaktionen, so seien die Beiräte in die Neukonzeptionierung eingebunden gewesen.
Veränderungen werden kommen
Letztlich sei aber schon jetzt gesetzlich geregelt, dass das Amt für Soziale Dienste die Letztverantwortung bei der Mittelvergabe trage. Bedeutet: Wenn ein Controlling-Ausschuss keine einvernehmliche Lösung findet oder ein Beirat die vorgeschlagene Verteilung ablehnt, dann entscheidet das Amt für Soziale Dienste über die Verteilung.
Die Rolle der Controlling-Ausschüsse werde sich schon daher verändern, weil der Jugendhilfeausschuss der Bürgerschaft unter Beteiligung der Beiräte von der Beiratsebene auf die Ebene der Sozialzentren übergehen soll. Damit müssten mehrere Beiräte in die jeweilige Entscheidung eingebunden werden. Hintergrund sei, dass die derzeitige Struktur als zu kleinteilig wahrgenommen werde, um das Ziel einer hochwertigen Jugendarbeit zu erreichen.
Für Osterholz ist das Sozialzentrum sechs zuständig, in dessen Zuständigkeit auch der Stadtteil Hemelingen fällt. Wenn es so kommt, wie die derzeitige Pläne es andeuten, müssten also künftig diese beiden Stadtteile ihre Zustimmung zur Verteilung geben oder zumindest in die Entscheidungsfindung eingebunden werden. Ob das die Verteilung einfacher macht, wird sich zeigen müssen.