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Reparieren statt Wegwerfen Jedes Gerät bekommt eine Chance

Die Elektro-Selbsthilfe-Werkstatt im Klimaquartier Ellener Hof hat jeden Montagnachmittag geöffnet. Zurzeit können Geräte dort abgegeben werden, die Idee dahinter ist aber noch eine andere.
11.08.2022, 06:30 Uhr
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Von Margot Müller

Mitten im aufstrebenden Klimaquartier Ellener Hof, zwischen den zahlreichen Baustellen, strahlt das weiße Gebäude mit der Fahrrad-Station viel Ruhe aus. Hier befindet sich auch das Büro „Ellener Hof Quartierservice“ des Beschäftigungsträgers Bras. Auf dem kleinen Vorplatz herrscht immer reges Treiben.

Jeden Montag von 16 bis 19 Uhr ist  dort die Elektro-Selbsthilfe-Werkstatt geöffnet. Das Team vom Fahrradverleih überlässt den Kollegen dann gern die Arbeitstische. Das Angebot mit dem Repair-Café gibt es seit Mai 2021.

Drei pensionierte Elektroingenieure kümmern sich ehrenamtlich um defekte Staubsauger, Toaster oder Radios. „Wir raten, jedem Gerät noch eine Chance zu geben und es bei uns prüfen zu lassen, bevor man sich von ihm trennt“, sagt Bernd Drewitz, ehemaliger Industriemeister der Elektrotechnik. Er wohnt hier im Stadtteil um die Ecke und kennt die freiwillige Arbeit bereits aus der Klimawerkstatt in der Bremer Neustadt. Gemeinsam mit seinen Kollegen Volker Diesing und Bernd Ruschmeyer ist damit ein engagiertes Team im Einsatz.

Rettung für defekte Elektrogeräte

Für die Initiatoren des Klimaquartiers Ellener Hof – ein Projekt des BUND-Landesverbandes Bremen und der Bremer Heimstiftung – ist das Angebot ein wichtiger Beitrag für den Klimaschutz vor Ort. „Es trägt dazu bei, dass Elektrogeräte länger genutzt werden und weniger neu gekauft wird“, erklärt Projektberaterin Karina Korfhage von der Heimstiftung.

Sie berichtet von Finanzmitteln in Höhe von mehreren Tausend Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, mit deren Hilfe man erforderliches Werkzeug und Material einkaufen konnte. Dazu gehören auch wichtige Löt-Utensilien und ein VDE-Prüfgerät. In einem großen Metallschrank ist in sorgfältig beschrifteten Kisten und Schubladen alles übersichtlich sortiert.

Der ehemalige Energieanlagen-Elektriker Bernd Ruschmeyer ist als freiwilliger Techniker gern dabei und erzählt, was man hier eigentlich repariert. Dazu gebe es mittlerweile eine nette Antwort: "Alles, was einen Stecker hat und man hierher tragen kann." In der Hauptsache werden Kleinhaushaltsgeräte begutachtet, ebenso Audiogeräte, aber auch Exoten wie ferngelenkte Modellautos, überfahrene Rasenmäher-Kabel oder ein Gartenhäcksler.

Von Laptops bis Lampen

Verschiedene Radios, Laptops, Lampen und Bügeleisen werden zur Reparatur gebracht. Der Wackelkontakt wird behoben, und aus zwei kaputten Geräten kann ein Funktionstüchtiges gemacht werden – mit Ersatzteilen aus dem anderen. Bisher wurden wohl insgesamt schon mindestens 150 Geräte begutachtet, wovon mehr als die Hälfte auch tatsächlich repariert werden konnten. Wenn es nicht klappt, hält sich die Enttäuschung meist in Grenzen. Es war eben einen Versuch wert.

Auf den Werktischen lagen schon viele alte „Schätze“: eine Stereoanlage aus den 1950ern sowie ein Küchenmixer aus den 1960er-Jahren beispielsweise. Auch Familien mit Elektrospielzeug schauen vorbei. Das Schöne an der Tätigkeit sei, dass man miteinander ins Gespräch komme. „Da werden Tipps ausgetauscht und man lernt dazu. Das macht Spaß“, so die freiwilligen Helfer.

Alles wird unter die Lupe genommen

An diesem Montag hat Bernd Ruschmeyer bereits eine Bohrmaschine wieder in Ordnung gebracht. Helmut und Ingeborg Weiss aus Osterholz sind schon zum zweiten Mal mit ihrem defekten Toaster vorbeigekommen. „Der Reparatur-Service ist eine tolle Sache. Wir können dabei auch mit den Technikern klönen und fachsimpeln,“ sagen sie, auch wenn der Toaster nun doch nicht mehr zu retten ist und zur Recycling-Station gebracht werden soll.

Heiko Voigts aus der Dürener Straße hat seinen geliebten Radiowecker mitgebracht, der ihn seit 15 Jahren allmorgendlich mit Musik weckt. Nun ist der Radioempfang kaputt: Es erklingt nur noch ein schriller Ton. Techniker Bernd Drewitz nimmt das Gerät auseinander und macht sich handwerklich geschickt an die Arbeit.

Gegenentwurf zur Wegwerf-Gesellschaft

Das Repair-Café will zur heutigen Wegwerf-Gesellschaft eine Alternative bieten. „Natürlich gibt es hoffnungslose Fälle – insbesondere Produkte jüngeren Datums, die man zum Beispiel durch verklebte Gehäuse gar nicht reparieren kann“, erklärt Bernd Drewitz. Doch jeder Gegenstand, der länger gebraucht und damit später weggeworfen wird, spare Grundstoff- und Energiemengen für die Herstellung von etwas Neuem ein.

In der Werkstatt sollen Eigentümer eigentlich kleinere elektrische Geräte auch selbst reparieren können. Aufgrund der aktuellen Corona-Vorschriften musste der Ablauf angepasst werden, sodass die Geräte derzeit nur abgegeben und nicht gemeinsam repariert werden. Bis 18.30 Uhr können die  Geräte – in sauberem Zustand – in der Werkstatt abgegeben und nach der Reparatur wieder mitgenommen werden.

Info

Die Elektro-Selbsthilfe-Werkstatt, Ilse-Kaisen-Straße 30 in der Fahrradstation, ist montags von 16 bis 19 Uhr geöffnet. Anfahrt über die Ludwig-Roselius-Allee 181 oder 183.Kontakt per E-Mail repaircafe-bremen@web.de oder Telefon 0421/17537072. Weitere Informationen unter https://klimaquartier-ellener-hof.de/elektro-selbsthilfe-werkstatt.

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