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Bremen-Osterholz aus anderem Blickwinkel Einmal rund um die Osterholzer Feldmark

Auf der neu angelegten Laufstrecke in Osterholz können sich ambitionierte und weniger ambitionierte Läufer messen. Unser Autor hat den Selbstversuch gemacht.
15.05.2021, 12:00 Uhr
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Von Christian Hasemann

Laufen ist einfach, denke ich, als ich mir die Schuhe zubinde am Startpunkt der neuen, zehn Kilometer langen Feldmarkstrecke, die am Weserpark beginnt. Einmal rund um die Osterholzer Feldmark, der grünen Lunge des Bremer Ostens. Ich habe beim Yoga Gelenke gespürt, die ich noch nicht kannte, habe beim Drachenbootrennen nicht den Takt gefunden, bin beim Treppenlauf vom Feuerwehrmann in Schutzmontur überholt worden und habe nach Crossfit transzendentale Erschöpfungszustände erlebt. Laufen ist dagegen einfach, meine ich. Man fängt an und... das war's. Nach acht Kilometern sollte ich anders denken.

Schuld ist Jochen. Soweit ich weiß, nutzen Läufer das kumpelhafte Du untereinander, deswegen bleibe ich komplizenhaft beim Vornamen. Er beendet zufällig in dem Moment seinen Lauf, als Helmuth Gaber vom Verein Aktiv für Osterholz erklärt, wie es zu der Einrichtung der Strecke kam. "Nicht nur der Bürgerpark, sondern auch die Feldmark ist eine grüne Lunge", betont Gaber. "Die meisten kennen leider nur die Osterholzer Heerstraße, aber dass etwas weiter südlich der große Brocken Feldmark liegt, weiß kaum jemand." Es geht also darum, Werbung für die etwas andere Seite des Stadtteils zu machen.

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Im Lockdown im vergangenen Jahr habe es erste Gespräche gegeben, um eine Strecke entlang der Feldmark auszuwählen, erzählt Gaber. Damit der sportliche Ehrgeiz nicht auf der wortwörtlichen Strecke bleibt, entschloss sich der Verein, auf eine App zu setzen, mit der Läufer sich mit anderen messen können.

Im Rekordtempo sei das Vorhaben laut Gaber dann umgesetzt worden. Knapp 10.000 Euro hat das gesamte Projekt Feldmarkstrecke gekostet. 3000 Euro konnte Gaber vom Ortsbeirat einwerben, den Rest steuerte der Verein Aktiv für Osterholz bei. Gaber sieht die Strecke auch als Angebot für Firmen. "Man kann über die App zum Beispiel Laufwochen ausrufen für Mitarbeiter und deren Familien, oder Krankenkassen könnten Bonuspunkte verteilen, wenn die Strecke erwandert oder erlaufen wird."

Ob Bonuspunkte oder der Wettkampf mit Kollegen: Das ist für mich jetzt erst mal nicht entscheidend. Denn Jochen gibt mir heute die Zeit vor. Eine Stunde und dreizehn Minuten hat er für die Strecke gebraucht, automatisch gemessen von Funkpylonen am Start/Ziel und an weiteren Punkten entlang der Strecke.

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Die ersten Meter führen hinter dem Weserpark entlang und dann über die Völkerser Straße Richtung Bahnhof Mahndorf. Enten schwimmen quakend im Osterholzer Landwehr, in den Vorgärten leuchten Tulpen, Kirschbäume und Birnbäume blühen, die ersten Bodendecker leuchten violett und Vergissmeinnicht reckt in vielen Gärten rechts und links des Weges seine zartblauen Blüten in die Höhe. Eher kleinstädtisch fühlt es sich hier an. Vom Weserpark sind nur dumpfe Geräusche zu hören. 

Am Bahnhof Mahndorf überquere ich den Ehlersdamm, hier wandert der Blick zum ersten Mal ungehindert in die Feldmark, es geht entlang der Bahngleise und an der Eppenhainer Straße über diese hinweg. Hier nun linksseitig eher schmuckloser Geschosswohnungsbau, rechtsseitig leichtes Seitenstechen. Bis zur Elisabeth-Selbert-Straße folgt der keuchende und viel zu warm angezogene Läufer dem Rodenfleet. 

Einen guten Aussichtspunkt, der zum nötigen Verschnaufen einlädt, bietet sich nun an der Elisabeth-Selbert-Straße, die über die Bahnstrecke führt. Grün soweit der Blick reicht nach Osten, im Westen zeigt sich die Hemelinger Industrie mit dem Bahnausbesserungswerk, in der Ferne ist der Turm des SWB-Kraftwerks im Hemelinger Hafen zu erkennen.

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Ab dem Wasserturm schlängelt sich die Laufstrecke durch die Eisenbahnersiedlung, einst gebaut, um den Arbeiterinnen und Arbeitern des Bundesbahnausbesserungswerks Wohnraum in der Nähe anbieten zu können. Ein idyllisches Quartier mit adretten, bunten Vorgärten, nur ganz selten mal eine mit Schotter ausgelegte Fläche. Außergewöhnliche Architektur gibt es am Glockenturm der Kirche zum Guten Hirten zu bestaunen. 

Der Blick fällt auf das Smartphone: Ich muss mich jetzt ranhalten, um die Zeit von Jochen zu unterbieten. Das ist schade, denn der Weg führt nun durch die malerische Osterholzer Dorfstraße mit seinen historischen Höfen wie dem Lachmundshof von 1755, dem Aumund-Kopp-Hof und am Ende dem Schimmelhof. Ungefähr auf halber Strecke das Café Törtchen, wo ich gerne eines hätte, aber wegen Corona und der drängelnden App nicht einkehren kann.

Die Beine sind bleischwer. Aber es sind ja nur noch ein paar hundert Meter. Ich komme wieder an der Osterholzer Landwehr an und laufe und laufe – bis ich merke, dass ich eine der deutlich sichtbar angebrachten Markierungen verpasst habe. Das erklärt natürlich auch die Zeit: eine Stunde und einundzwanzig Minuten. Damit reicht es für einen mäßig guten, vorletzten Platz in der Highscore. Laufen ist einfach, rechtzeitig am Ziel kommen nicht unbedingt.

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