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Freizeitangebot in Tenever 20 Jahre Fitpoint: Warum diese Sporthalle ein Erfolgsmodell ist

Vom Bollerwagen zur Sporthalle: Fitpoint in Tenever feiert 20-jähriges Bestehen. Ein Modell, das Kinder und Jugendliche für Bewegung begeistert. Das ist das Erfolgsrezept.
09.09.2024, 05:00 Uhr
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Von Silja Weißer

Das hätte Ali Mohammad-Zadeh nicht zu hoffen gewagt. Als der Sportler und Trainer 1992 den Entschluss fasste, Kinder und Jugendliche seines Stadtteils für Bewegung zu begeistern, zog er kurzerhand mit einem Bollerwagen los – vollgepackt mit Sportgeräten. Heute gilt der Teneveraner als Initialzünder für das Fitpoint. Die Halle für Bewegung am Pfälzer Weg feiert am 13. September ihr 20-jähriges Bestehen.

Mohammad Zadeh, ausgerüstet mit Bällen und Badminton-Schlägern, wurde von den jungen Bewohnern des kinderreichsten Stadtteils Bremens nahezu überrannt. Ein Drittel der hier lebenden Menschen ist unter 18 Jahre alt. Viele wohnen in kleinen Wohnungen. Das Geld sitzt knapp, so auch für Vereinsbeiträge.

Auf der Suche nach einem Standort

Um das kostenlose Angebot zu unterstützen, machte sich der damalige Quartiersmanager Joachim Barloschky, genannt Barlo, stark. Mit einem Zuschuss von damals 500 Mark aus der Stadtteilgruppe stockte er die Ausrüstung auf. Soziale Netzwerke des Quartiers, AK Kinder, AG Jugend, sowie die Stadtteilgruppe Tenever, die Horte, Ortsamtsleiter Ulrich Schlüter und der Beirat Osterholz unterstützten das Projekt. Es begann die Suche nach einem festen Standort, einer Anlaufstelle und einem Lagerort für die Geräte. Hierfür eignete sich das Waschhaus an der Pirmasenser Straße. Kinder und Jugendliche hatten nun die Möglichkeit, an einem festen Ort Springseile, Bälle und andere Gerätschaften auszuleihen. Parallel dazu wurde die Tenever-Liga für zusätzliche Aktivitäten und Fußballturniere ins Leben gerufen.

„Die Resonanz für das Sportgeräte-Angebot war einfach überwältigend“, erzählt Zara Cemile Tolan. Die Oldenburgerin ist 2006 durch ein Berufspraktikum beim Jugendhaus Tenever auf das Fitpoint aufmerksam geworden. Neun Jahre später übernahm sie die Leitung. Immer mehr Unterstützer, darunter auch der Landessportbund, lokale Politiker, das Sozial- und Bildungsressort sowie die Grundschule am Pfälzer Weg sahen den Bedarf für eine Sporthalle. „Hier war ja nichts“, bemerkt Tolan immer wieder. So gilt die Eröffnung der „Halle für Bewegung“ 2004 als ein bedeutender Meilenstein. Ein 330 Quadratmeter großer Hallenbereich mit flexibler Trennwand ist von einer 220 Quadratmeter großen Aufwärmhalle abgeteilt. Daneben lädt eine ebenso große Bewegungslandschaft zum Toben und Klettern ein.

Birute Freimuth, damalige Leiterin der Jugendförderung bei St. Petri, der heutigen Organisation Petri und Eichen Diakonische Kinder- und Jugendhilfeträger, machte sich dafür stark, dass das Fitpoint Bestandteil der Halle für Bewegung wurde.

Ein Raumschiff im Grünen

Bewohner des Stadtteils halten sich nicht mit den Details der Bezeichnung für die Sportstätte auf. Sie nennen den halbrunden Bau mitten im Grünen hinter den Hochhaustürmen das "Raumschiff". Dabei ist die Halle alles andere als ein Fremdkörper. „Das hier kennt jeder“, sagt Irina Eichhorn, die seit 20 Jahren dem Team angehört, Trainerin und Ansprechpartnerin für Mädchen und Frauen ist. Eine Hausnummer braucht das Gebäude am Pfälzer Weg nicht. Jährlich besuchen mehr als 30.000 Kinder die Sportstätte. Schulkinder, die die Halle vormittags nutzen, nicht mitgerechnet. Für alle ist die große Bewegungslandschaft samt Turnhalle und Aufenthaltsraum mit Kicker und Küche weit mehr als ein Freizeitangebot. „Wir sprechen hier alle deutsch“, bekräftigt Atila Yeni, seit zehn Jahren Sportpädagoge im Fitpoint und zuständig für die Tenever-Liga. Rund 90 Nationalitäten wohnen in dem Stadtteil. Spielerisch erlernen die Kinder beim Sport die deutsche Sprache.

Nicht nur das. Kinder und Eltern kommen mit ihren Problemen, Sorgen und Nöten, Tolan und ihr Team hören zu und vermitteln Hilfen. Auch die Eltern untereinander vernetzen sich über den Sport. „Das hier ist ein Ort der Begegnung“, fasst Tolan zusammen. „Die Vernetzung ist der Wahnsinn“. Ausgrenzungen haben keinen Platz. In einer Mannschaft müssen Kinder aus vier Nationalitäten spielen, berichtet Fußballtrainer Yeni. Nicht nur sozial sind die Kinder und Jugendlichen gestärkt, sportliche Erfolge hat die Liga ebenfalls vorzuweisen. A-Jugend-Regionalspieler haben im Fitpoint ihre ersten Trainingseinheiten gehabt. Der Landessportbund und SV Werder Bremen unterstützen die neun Mannschaften der Liga mit Übungsleitern. Die Halle reicht schon lange nicht mehr aus. Auf dem neuen Bolzplatz und einer Wiese in der Nähe treffen sich Kinder und Jugendliche zum Kicken.

Ein Tag für Frauen und junge Mädchen

Doch nicht nur Fußball steht auf dem Programm. An fünf Tagen pro Woche stehen insgesamt 22 Angebote kostenlos zur Auswahl. Von Volleyball, Basketball, Tanzen über Mutter-Kinder-Turnen bis hin zum Mädchen-Tag. Jeder Donnerstag ist Mädchen und jungen Frauen gewidmet, die zum Chillen, Reden und Sport treiben in lockerer Kleidung die Räume nutzen. Am Wochenende werden die Hallen und der Aufenthaltsraum an Geburtstagsgesellschaften vermietet. Die Warteliste ist lang. Buchungen liegen für ein halbes Jahr im Voraus vor.

Ohne Anmeldung und ohne Eintritt ist die Feier zum 20-jährigen Bestehen des Fitpoints am Freitag, 13. September. Von 16 bis 20 Uhr sind Kinder und Jugendliche jeden Alters eingeladen, an Bewegungsspielen teilzunehmen.
Hüpfburg, Schminkstation, Bastelaktion - die Liste der Angebote ist lang. Hip-Hop, Gesang und musikalische Unterhaltung mit DJ runden das Programm ab. Höhepunkt des Nachmittags ist das Finale der Tenever-Liga, das Bürgermeister Andreas Bovenschulte eröffnet. Auch die neue Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium und ehemalige Bremer Sozialsenatorin, Anja Stahmann, ist bei der Feier dabei. Die Kinderhilfsorganisation Children for a better world finanziert alle Lebensmittel. Essen und Trinken ist für alle Gäste kostenlos. Spenden für das Fitpoint sind willkommen.

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Info

Fitpoint, Halle für Bewegung, Telefon: 0421-1785952, fit.point@stpetribremen.de.
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