Ein Gespräch mit Soyeon Starke-An fühlt sich an wie eine kleine Pause vom hektischen Alltag. Starke-An ist Künstlerin, sie arbeitet mit Ton, sie illustriert und sie malt Aquarell. "Meine Kunst, das bin ich", sagt sie mit ihrer sanften Stimme, die gleichzeitig bestimmt ist. Sie vermittelt den Eindruck, komplett in sich selbst zu ruhen und glücklich damit zu sein. Und diese Ruhe strahlt sie aus, gibt sie weiter. "Viele Menschen machen Yoga, um herunterzukommen. Ich mache auch gerne Yoga, als Ausgleich zu meinem Beruf brauche ich aber eher etwas mit Tempo", sagt sie und lacht dabei.
Seit zehn Jahren lebt die Südkoreanerin nun in Deutschland, hat in Dresden und Braunschweig freie Kunst sowie Kunstgeschichte studiert. Ihr erster Stopp allerdings war Bremen. "Hier habe ich die Sprache gelernt", sagt sie. Nach Europa wollte sie schon immer, statt Deutschland hätte sie sich auch Frankreich vorstellen können. "Meine Eltern wollten aber Sicherheit und meine Cousine hat zu dieser Zeit auch hier in Bremen gelebt", sagt Starke-An. So ergab es sich also und sie hat es nicht bereut. Trotzdem vermisst sie manchmal ihre Heimat. "Vor allem Chon, das bedeutet so etwas wie Warmherzigkeit", sagt die Künstlerin. Hier in Deutschland seien ihr die Menschen im ersten Moment oft etwas zu kalt.
Vor Kurzem sind sie und ihr Mann von Stuttgart aus zurück in die Hansestadt gezogen. Ihr Mann stammt aus der Region und wollte zurück. "Ich war auch in Stuttgart in einer Ateliergemeinschaft und habe mein eigenes Studio gegründet", sagt Starke-An. Es habe sie Kraft und Mut gekostet zurückzukommen, schließlich sei es nicht einfach, von Kunst leben zu können. Im Süden hatte sie sich bereits das Studio Kuqu aufgebaut, in dem sie sich ausgelebt hat und Workshops geben konnte. "Es war ein weiter Weg." Jetzt will sie versuchen, sich auch in Bremen zu etablieren.
Kuqu, das steht für Kunst und Quatschen und genau so solle ihr zukünftiger Laden eines Tages funktionieren: "Vorne wäre das Geschäft, hinten Räume, in denen ich Workshops geben kann", sagt sie. Ein Ort künstlerischen Austauschs, an dem sie sich nicht nur selbst ausleben, sondern andere ebenso begeistern kann. In den Workshops bringt sie Menschen Kreativität näher. Sowohl mit Aquarellfarben als auch mit Ton: "Ich lasse sie zuerst Ideen entwickeln, danach helfe ich ihnen, sie zu verwirklichen."
Seit Beginn der Pandemie waren solche Workshops nicht möglich, Soyeon Starke-An hat sich deshalb etwas anderes überlegt: die Töpferbox. Dabei handelt es sich um ein Paket mit allem, was zum Töpfern zu Hause benötigt wird - inklusive Erklärvideo mit der Künstlerin. Deutschlandweit liefert sie schon seit dem vergangenen Jahr. Der Ton ist selbst trocknend und muss daher nicht gebrannt werden. Sei Anfang Mai hat sie außerdem ein spezielles Angebot für Bremerinnen und Bremer: "Ich biete auch Ton, der gebrannt werden muss. Das können sie dann bei mir im Atelier machen", sagt sie.
Aber auch wenn die Töpferbox eine alternative Möglichkeit ist, die Kreativität der Menschen zu wecken, freut sich Starke-An trotzdem auf den Zeitpunkt, an dem sie wieder Workshops geben kann. "Es ist ein tolles Gefühl, zu sehen, wie glücklich es die Menschen macht." Vor ihrem ersten Kurs sei sie nervös gewesen. "Ich habe meine ganzen Freunde verpflichtet, einen Testworkshop mitzumachen", sagt sie und lacht dabei. So habe sie besser einschätzen können, wie sie an die ganze Sache herangehen sollte. Als der Testdurchlauf gut funktioniert hatte, sei sie beruhigt gewesen. Der erste Workshop mit Fremden habe sie begeistert.
Wie es ist, das Hobby zum Beruf zu machen? "Für mich war Kunst nie ein Hobby." Seit sie 14 Jahre alt war, sei ihr klar gewesen, dass es das ist, was sie machen wolle. "Das", sagt sie und macht eine ausschweifende Bewegung mit ihren Armen, die all das, was in ihrer Ecke des Ateliers in Regalen steht, einzufangen scheint, "das alles bin ich." Das Atelier in Schwachhausen teilt sie mit anderen Kunstschaffenden. Überall sind Leinwände, Pinsel, Farben. In Soyeon Starke-Ans Abschnitt stehen Tonfiguren unterschiedlichster Form in einem Regal, in einem anderen sind Illustrationen ausgestellt. Ein kleiner Brennofen steht vor dem Arbeitsbereich einer weiteren Künstlerin. "Der Ofen ist so klein, dass ich den Menschen in meinem alten Atelier in Stuttgart erzählen konnte, es sei ein Reiskocher", sagt Starke-An. Sie lacht, während sie sich erinnert, auch, weil eine der Künstlerinnen ihr das damals sogar geglaubt hat.
Bevor sie nach Deutschland kam, studierte Starke-An Bildhauerei in Seoul. "Noch heute ist es so, dass ich sehr viele bildhauerische Elemente in meiner Tonkunst habe", sagt Starke-An. Sie dreht ihre Töpferwaren nicht auf einer Scheibe, sondern zieht den Ton ohne die Unterstützung in die Höhe - Tassen, Vasen, Krüge. Anzusehen ist es den Kunstwerken nicht. "Es kommt auf die Technik an." Die Kunst sei für sie allerdings nicht der Prozess des Töpferns – "Da führe ich nur aus" – sondern alles, was vorher passiert. Ab dem Moment, in dem sie inspiriert ist, bis zu dem Moment, in dem sie ihre Inspiration auf Papier gebracht hat. Einen richtigen Abschluss oder ein offensichtliches Ende gebe es im Prozess des Erschaffens nicht. "Man muss loslassen können, wenn man zufrieden ist."