Die Erde vibriert, die Jockeys scheinen in der Luft zu schweben. Die Pferde rasen dem Ziel entgegen. Auf der Tribüne 10.000 Zuschauer, die jubeln, schreien, mitfiebern und hoffen, dass sie ihre Wetten gewinnen. Mittendrin: Rolf Köhler, ein erfolgreicher Bremer Geschäftsmann, der selbst fünf Rennpferde besitzt und mit seiner Lebensgefährtin Birgit Zenka-Schwarz auf der Tribüne Champagner trinkt. Wir schreiben die 1990er-Jahre und befinden uns dort, wo an unzähligen Renntagen das Leben pulsiert – auf der Galopprennbahn in der Vahr. Köhler, heute 77 Jahre alt, erinnert sich gerne an diese Zeiten zurück.
Schon in seiner Kindheit, erzählt Köhler, habe er seine Leidenschaft für den Pferdesport entdeckt. "Mein Vater hat mich in Leipzig als Kind oft mit zur Rennbahn genommen. Seitdem ließ mich dieser Sport nicht mehr los." Jahrzehnte später, als wohlhabender Bauunternehmer in Bremen, bleibt er seiner Leidenschaft treu. Bei den Veranstaltungen auf der Galopprennbahn ist Köhler fast immer dabei. Und natürlich wettet er auch. "Da war für jeden Geldbeutel was dabei", sagt der 77-Jährige. "Ab 2,50 DM konnte man eine Wette abgeben. Hatte man eine gute Quote und gewonnen, sprangen dann ein paar Tausender dabei raus."
Auf Sieg, Platz oder Einlaufwette – alles war möglich. "Die besten Quoten gab es bei der 3er-Wette, also die Nennung der ersten drei Plätze", so Köhler. "Ich selbst habe sie einmal mit zwei Bekannten gewonnen und mit je zehn DM Einsatz – also 30 DM insgesamt – wurde uns eine Gewinnsumme von 48.000 DM ausgezahlt", erzählt er. "Da floss der Champagner."
International und bodenständig
"Die Renntage in Bremen waren immer sehr gut besucht", erinnert sich Köhler. "Es kamen bis zu 10.000 Menschen aller Altersstufen und Gehaltsklassen aus ganz Deutschland. Und es war immer eine besonders tolle Atmosphäre hier." Bremen sei bekannt gewesen für seine Pferderennbahn, die durch die Kombination aus Hindernis- und Rennbahn internationale Ansprüche erfüllte. "Die ganze Anlage war super", sagt Köhler. "Und dabei blieb es bodenständig in Bremen." Gute deutsche Küche und eine Bratwurstbude habe die ansässige Gastronomie angeboten. "Kein Firlefanz wie anderswo", sagt Köhler. "In Bremen war nichts abgehoben, und das war gut so", findet der 77-Jährige, der nach eigener Aussage alle Pferderennbahnen in Deutschland besucht hat.
In den 1980er-Jahren hatte Rolf Köhler seine große Liebe Birgit Zenka-Schwarz kennengelernt. Auch sie begeisterte sich bei gemeinsamen Besuchen der Galopprennbahn schnell für den Pferdesport – und verliebte sich in eines der Rennpferde, berichtet der Rentner. "Und da ich ihr eine Freude machen wollte, habe ich ihr das Pferd gekauft", sagt er. "Mit unserem ersten Pferd 'Karriere' haben wir richtig Erfolg gehabt und gleich im vierten Rennen das Derby in Hamburg gewonnen", erzählt Köhler. "Ein tolles Gefühl."

Rennpferd-Besitzer Rolf Köhler mit seiner Tochter Janine (2.v.l.) zwischen seiner Lebensgefährtin Birgit Zenka-Schwarz und Albert Darboven (Idee Kaffee) beim Sieg von ”Karriere” in Hamburg 1988. Rechts: Pferdetrainer, Jockey und Rennbahnvorsitzender.
In den darauffolgenden Jahren kauften sie noch mehr Rennpferde für Hindernis- und Flachrennen. Sie trugen Namen wie 'Arkan', 'Moringa Donna' und 'Green Velvet'. Köhler ließ in dieser Zeit sogar selbst in Bremen züchten. Sie reisten jahrelang zu allen Rennbahnen in Deutschland: Hamburg, Baden-Baden, Hannover, Magdeburg und Gelsenkirchen. Bremen sei im Pferderennsport immer als eine gute Adresse bekannt gewesen, sagt er. "Schließlich hatten wir neben der Bremer Galopprennbahn mit seiner über hundertjährigen Tradition mit Adolf Wöhler auch einen der besten Pferdetrainer des ganzen Landes."
Köhler erinnert sich: "An neun Tagen im Jahr fanden sonntags acht bis zehn Pferderennen in Bremen statt. Das war eine tolle Zeit." Etwas Schlechtes könne er von der Galopprennbahn in der Vahr nicht erzählen. "Das Ambiente der ganzen Anlage und die tolle Atmosphäre – das war einfach klasse."
Rolf Köhler bedauert, dass mit der Schließung der Galopprennbahn, die 1907 in der Vahr gebaut wurde, ein großer Teil Bremer Geschichte zu Ende gegangen ist. "Und das hätte nicht sein müssen", sagt er. "Denn die Anlage war bis zuletzt immer gut besucht, hat internationale Standards erfüllt und die Stadt Bremen insgesamt aufgewertet."