Es ist eine der gefährlichsten Kreuzungen Bremens: Im Einmündungsbereich der Karl-Kautsky-Straße in die Kurt-Schumacher-Allee sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Menschen verletzt worden. Eine ganze Reihe von Maßnahmen sollen nun mehr Sicherheit bringen. Einigen Vertretern aus dem Stadtteil gehen die Vorschläge des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV) allerdings nicht weit genug.
2018 sind nach Angaben des Unfallatlas der Statistischen Landesämter sieben Menschen vor dem Einkaufszentrum Berliner Freiheit zu Schaden gekommen. Die Kreuzung fand sich zuletzt auch in der polizeilichen Top-10 der Unfallschwerpunkte Bremens wider. Vor fast genau einem Jahr hatte der damalige Verkehrsausschuss der Vahr über die Kreuzung debattiert und schnelle Lösungen verlangt.
Rote Ampeln werden missachtet
Das konkrete Problem beschrieb Bernd-Stefan Köster vom ASV im neuen Verkehrsausschuss: „Es geht um Rotläufer auf dem zweiten Fahrstreifen für den Geradeausverkehr.“ Sprich: Fußgänger missachten die rote Ampel und eilen vor oder zwischen den rechts in die Karl-Kautsky-Straße abbiegende Autos zur Straßenbahnhaltestelle und betreten dabei den Fahrstreifen, der stadteinwärts führt. Die Fußgänger sind dabei zwischen den Autos nur schwer zu erkennen.
Welche Dimension das Ganze hat, belegt eine Zählung der Polizei. Diese hat an einem Morgen innerhalb von zwei Stunden 48 Rotlichtverstöße von Fußgängern gezählt. „Das ist ein eklatantes Fehlverhalten“, so Bernd-Stefan Köster. Generell sei die Kreuzung stark von Besuchern der Einkaufszentren, der Arztpraxen und der Schule benutzt.
Zehn Varianten, die Kreuzung zu entschärfen, habe sein Amt geprüft, sagte Köster. Von diesen Vorschlägen kamen einige direkt aus dem Beirat. Für tatsächlich zielführend schätzt das ASV von den zehn Ideen drei Varianten ein, dazu kommen allerdings noch weitere Maßnahmen. Alle Maßnahmen möchte das ASV nun „mit Hochdruck schnellstens“ umsetzen. „Wir wissen selbst, dass es gebotene Eile gibt“, sagte Bernd-Stefan Köster.
Mehr Patz für Fußgänger
Konkret möchte das ASV die Fußgängerfurt im Ampelbereich in ihrer Breite von vier auf acht Metern verdoppeln. „Ein Vorschlag, der aus dem Beirat kommt. Das ist etwas, das wir sehr gut finden, gerade bei den Fahrgastzahlen der Straßenbahnen.“ Der ASV gehe davon aus, dass dadurch der Übergang zur Berliner Freiheit leistungsfähiger und übersichtlicher werde. Zusätzlich möchte das ASV auf der Seite des Einkaufszentrums Leitgitter aufstellen, die die Passanten zu dem dann verbreiterten Fußgängerüberweg führen sollen. „Das sind Maßnahmen, die wir sofort umsetzen können“, sagte Bernd-Stefan Köster. Außerdem habe das ASV Tempo-30 stadteinwärts vor der Berliner Freiheit angeordnet, das noch in dieser Woche umgesetzt werden solle.
Als weitere Maßnahmen schwebt dem ASV eine Neuordnung der Parkplätze vor der Berliner Freiheit vor, Fahrradbügel direkt an der Straße als zusätzliche Barriere für Fußgänger, ein Blindenleitsystem sowie eine Veränderung des rechten Fahrstreifens. Dieser soll künftig nur noch das Rechtsabbiegen in die Karl-Kautsky-Straße ermöglichen und nicht wie bisher auch als Geradeausspur genutzt werden können.
Allerdings: Alle Vorhaben beziehen sich nur auf den Unfallschwerpunkt direkt vor der Berliner Freiheit, die Verkehrsführung auf der gegenüberliegenden Seite der Kurt-Schumacher-Allee bleibt zumindest vorerst unberührt.
Schulleiter macht seinem Ärger Luft
Nicht allen gingen die geplanten Maßnahmen dann auch weit genug. Insbesondere Christian Sauter, Schulleiter der Oberschule an der Kurt-Schumacher-Allee, war der Ärger über die verpasste Chance zu einem größeren Wurf anzumerken. „Wir haben bisher einfach Schwein gehabt! Und dass wir dieses Glück hatten, liegt daran, dass unsere Lehrer in unbezahlten Stunden da stehen und dafür sorgen, dass die Kinder einigermaßen sicher über die Straße kommen!“ Seit Beginn des Schuljahres dürfen Kinder das Schulgelände verlassen. „Auch das geht nur unter Aufstockung des Aufsichtspersonals.“ Außerdem werde die Schule komplett zur gebundenen Ganztagsschule umgebaut. „Das führt zu einer Verdoppelung der Schülerzahl, die über Mittag in der Schule sind.“ Mit entsprechenden zusätzlichen Besuchen des gegenüber liegenden Einkaufszentrums.
Er kritisierte außerdem, dass auch künftig von der Karl-Kautsky-Straße nach links auf die Kurt-Schumacher-Allee abgebogen werden kann, während an der Fußgängerampel dort grün ist. Besonders ärgerte er sich aber über den fehlenden Tempo-30-Abschnitt auf Seite der Schule. „Wir haben ein Alleinstellungsmerkmal: Wir sind wohl die einzige Schule, bei der die Tempo-30-Zone 150 Meter vor der Schule endet.“ Die Erklärung: Wenn der ÖPNV durch Tempo-30-Abschnitte verlangsamt wird, kann auf Tempo-30 vor Schulen verzichtet werden. In dem Bereich beträfe das aber nur auf einem kurzen Stück die Linie 29.
Beirat will Tempo 30 in beide Fahrtrichtungen
Die Erklärung von Bernd-Stefan Köster, warum kurzfristig nur die Seite auf der Berliner Freiheit verändert wird: „Wir versuchen, ein Paket zu schnüren für das Ergebnis der Unfallstatistik.“ Er wolle nicht absprechen, dass man sich auch mit den im Ausschuss genannten Punkten befassen müsse. „Aber das ist nichts, was wir hier und jetzt abstellen können.“ Langfristig könnte allerdings überlegt werden, ob die Haltestelle in der Mitte der Straße überhaupt noch zeitgemäß sei. Würde man den Standort heute neu planen, würde sie vermutlich direkt vor dem Einkaufszentrum platziert.
Der Ausschuss fasste einstimmig einen Beschluss, in dem sich der Beirat für das Sofortmaßnahmenpaket ausspricht und um eine zügige Umsetzung bittet. In dem Beschluss erneuerte der Beirat außerdem die Forderung nach einer Tempo-30-Regelung vor der Oberschule an der Kurt-Schumacher-Allee bis zur Carl-Goerdeler-Straße.