Wann wird's mal wieder richtig Sommer? sang einst Rudi Carrell. Wo ist eigentlich der Winter geblieben? könnte man dieser Tage trällern. Temperaturen um zehn Grad im Januar scheinen die kalte Jahreszeit verscheucht zu haben. Für die Frauen und Männer der Bremer Stadtreinigung, die in Bremen-Nord gegen Glatteis und Schnee zu Felde rücken sollen, ist sie allerdings so präsent wie eh und je. „Wir rechnen nach wie vor mit rund 25 Winter-Einsatztagen, auch weil die Wetterlagen komplexer geworden sind“, sagt Pressesprecherin Antje von Horn.
Dass der Kampf gegen winterliche Gefahren auf Straßen und Wegen geruhsamer als früher vonstattengeht und deshalb auch weniger Personal und Material erforderlich macht, kann sie nicht bestätigen und verweist auf das Bremische Landesstraßengesetz. Danach müsse „Die Stadtreinigung Bremen“ (DSB) als kommunales Unternehmen genügend Ressourcen für einen „mittleren Einsatzwinter von etwa 25 Tagen“ bereithalten. Zumal die Wetterlage oft und nicht eindeutig sei. Temperaturen um null Grad, Restfeuchte und Raureif mit Nebel könnten insbesondere in den Nacht- und frühen Morgenstunden schnell für Glätte auf Fahrbahnen, Geh- und Radwegen sorgen.
Ist Gefahr im Verzuge, rücken im Bremer Norden 20 Mitarbeiter der Stadtreinigung aus, die regelmäßig von 35 Kolleginnen und Kollegen des Umweltbetriebs Bremen unterstützt werden. Hat der Winter mit aller Macht Einzug gehalten, kann das kommunale Unternehmen auch Fremdpersonal mit Maschinen und Geräten anfordern. Ausgangspunkt der Einsätze ist der Betriebshof an der Aumunder Feldstraße, wo in einer riesigen Halle 800 Tonnen Streusalz, 250 Tonnen Split- und Sandgemisch sowie 20.000 Liter Solemix (Natrium- oder Magnesiumchlorid-Lauge zur Herstellung einer Feuchtsalzlösung) gelagert sind. Vier sogenannte Großstreuer, fünf kleine Streufahrzeuge sowie drei VW-Transporter stehen zur Verfügung, um vor allem Feuchtsalz sowie Split und Sand zu verteilen.
Feuchtsalz wird nach den Worten von Antje von Horn aus ökologischen Gründen schon seit einigen Jahren verwendet. Dabei würden die Salzkörner mithilfe einer Salzlauge angefeuchtet und erst danach auf Fahrbahnen und Wege versprüht. Ein Verfahren, so von Horn, das trotz sparsamer Verwendung von Salz effektiv sei.
ÖPNV genießt Priorität
Und wenn die Meteorologen Schnee- und Eisglätte mit ziemlicher Sicherheit ankündigen, sind die Mitarbeiter schon früh in der Nacht im Einsatz. Vorbeugung heißt dann die Devise. Mit dem doppelten Effekt, weniger Streugut zu benötigen und die Straßen bereits vor Beginn des Berufsverkehrs sicherer zu machen. Um Pflanzen, Boden und Grundwasser möglichst vor Schäden zu bewahren, gelte ohnehin die Maxime „So viel Salz wie nötig und so wenig wie möglich“, sagt Antje von Horn.
Priorität für die Einsatzkräfte der Stadtreinigung und ihrer Helfer genießen die Vorsorge für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Mit Ausnahme von gefährlichen Bereichen und Radwegen mit Steigungen werden erst anschließend – wenn überhaupt – Nebenstraßen und Radwege von Schnee und Eis befreit. In diesem Fall sind im Stadtgebiet neben den Groß- und Räumfahrzeugen auch sogenannte Kleinstreuer mit ein bis zwei Mann Besatzung sowie kleine Lastwagen im Einsatz.
Tritt der Winter mit breiter Brust auf, kann die Bremer Stadtreinigung im Bedarfsfall auch Subunternehmen anheuern. Antje von Horn: „In dem Fall werden mehr als 200 Personen stadtweit im Einsatz sein.“ Derweilen müssen die Bremer Straßenbahn AG und die Deutsche Bahn selber dafür sorgen, dass Schienennetze funktionieren und Haltestellenbereiche rutschfest sind.
Gleichzeitig werden auch Bremens Bürger vom Gesetzgeber in die Pflicht genommen. Sie müssen die Gehwege vor ihren Grundstücken von Schnee- und Eisglätte befreien. Und zwar auf einer Breite von bis zu drei Metern. An Werktagen sind die Wege in der Zeit von 7 bis 20.30 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 9 bis 20 Uhr sicher begehbar zu machen, schreibt der Paragraf 41 des Bremischen Landesstraßengesetzes vor. Wichtig: Es darf nur Sand und lediglich in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei Glatteis, geringfügig salzhaltiges Streugut verteilt werden. Sollten allerdings Bäume den Gehweg säumen, ist Salz tabu, weil sie erwiesenermaßen die Wurzeln schädigen.
Mitarbeiter tragen viel Verantwortung
Aber mehr noch als die Grundstückseigentümer müssen die Mitarbeiter der Stadtreinigung wegen ihrer wesentlich komplexeren Arbeitsbereiche darauf achten, ökologische Schäden zu vermeiden. Aus dem Grunde, so Antje von Horn, komme insbesondere auf die Einsatzleiter der Winterdienste eine Menge Verantwortung zu. Sie würden neben ihrer beruflichen Ausbildung regelmäßig in Klima- und Wetterkunde sowie in den gesetzlichen Vorgaben geschult. Und auch die Fahrer der Streuwagen sowie die Helfer, die manuell gegen die winterlichen Unbilden ankämpften, würden in Verkehrssicherung und Arbeitsschutz unterwiesen.
Die Kosten für den Winterdienst trägt der Steuerzahler. Für einen durchschnittlichen Wintereinsatz plant das kommunale Stadtreinigungsunternehmen ein Budget von rund 500 000 Euro ein. Eine Summe, die auch dann anfällt, wenn der Winter zahm und relativ warm daher kommt. Dann, so Antje von Horn, würden die Kolleginnen und Kollegen nicht Däumchen drehen, sondern ihren Regelaufgaben wie Straßenreinigung, Abfallbeseitigung oder gärtnerischer Tätigkeit nachgehen. Die 500.000 Euro bezeichnet sie als Vorhaltekostenpauschale, die allerdings nicht ausreiche, wenn der Winter streng auftritt. Wie beispielsweise 2009/10 und 2011/12. Damals belastete der Kampf gegen Eis und Schnee die bremische Staatskasse mit jeweils 1,25 Millionen Euro.