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Amtsstuben werden Luxuswohnungen Altes Haus, teures Haus

Seit 2016 sind Handwerker dabei, aus dem alten Ortsamt in Vegesack wieder eine Villa zum Wohnen zu machen. Wie viele Luxusappartements fertig sind – und warum sich das Projekt verzögert hat. Ein Überblick.
16.03.2019, 07:42 Uhr
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Altes Haus, teures Haus
Von Christian Weth

Vegesack. Jürgen Depken hat einiges in Kauf genommen, um dort zu wohnen, wo er jetzt wohnt. Er zog in ein Haus, bevor es fertig war. Anderthalb Jahre ist das her. Es machte ihm damals nichts, dass jeden Tag die Handwerker kamen. Und es macht ihm auch heute nichts, dass sie noch immer kommen. Depken will, dass gut wird, was die Investoren geplant haben: aus einem Vegesacker Altbau wieder das zu machen, was er ursprünglich mal war – eine Villa zum Wohnen. Es ist ein Millionenprojekt und eines, bei dem der Denkmalschutz strenge Vorgaben macht. Jetzt, nach einjähriger Verzögerung, stehen die Arbeiten kurz vor dem Abschluss.

Einen Monat vor dem Einzug war Depken in seiner Wohnung und sagte „hier“, wo nichts war: Hier der Herd, hier der Ofen, hier der Arbeitstisch mit Drehstühlen. Mittlerweile kann man sehen, was aus seinen Plänen für die Küche geworden ist. Anthrazitfarbene Schränke sind in eine Wand eingelassen, gegenüber ist der Kochbereich und dazwischen der Tisch. Der Raum ist so groß wie in manchen Häusern das Wohnzimmer. Depken wohnt auf 209 Quadratmetern. Was er seine Traumwohnung nennt, nennen andere anders: Luxus. Zum Beispiel Guido und Ralph Böning. Die beiden sind zwei von vier Chefs der Hansegrund GmbH, die das Gebäude gekauft hat und umbauen lässt.

Ein Haus im Haus

Die beiden Brüder sagen, was auch Depken sagt: dass das Haus nicht irgendein Haus ist. Sondern ein historisches und darum eines mit wechselvoller Geschichte: Weserstraße 74-75. Es war mal Behörden- sowie Ortsamtssitz und davor die Villa des Kaufmanns und Senators Carl Wilhelm August Fritze – die Villa Fritze, für die Bönings ein „Anwesen“, ein „opulentes Bauwerk“, ein „Kulturdenkmal“. Im Exposé werben sie für „stilvolles Wohnen vis-à-vis der Weserpromenade“. Depken, der der Erste war, der in die Villa einzog, wohnt mittlerweile nicht mehr allein im Haus. Der frühere Textilhändler und jetzige Ruheständler hat jetzt drei Parteien als Nachbarn. Vier von acht Wohnungen stehen noch leer.

Eigentlich wollten Bönings weiter sein, als sie bisher gekommen sind – mit dem Umbau wie mit der Vermarktung. Dass erst die Hälfte der Wohnungen verkauft ist, kommt für die Brüder nicht von ungefähr. Guido Böning sagt, dass sie keinen Rohbau anbieten wollten, sondern Wohnungen, die fertig sind. Doch eben fertig wurden die Wohnungen nicht so schnell wie geplant. Im Sommer 2017, als Depken einzog, war Böning davon ausgegangen, dass die Arbeiten ein halbes Jahr später abgeschlossen sind. Doch umgebaut wurde auch 2018 und wird bis heute. Zumindest eine Wohnung, die er das „Haus im Haus“ nennt, weil sie die einzige ist, die einen separaten Eingang und Garten hat, ist nach wie vor Baustelle.

Spezialisten als Handwerker

Warum es nicht so zügig vorangegangen ist wie gedacht, hat nach Bekunden der Brüder mehrere Gründe. Ralph Böning spricht von Handwerkern, die bei diesem Projekt keine normalen Handwerker sind, sondern Spezialisten. Und Spezialisten, meint der Investor, sind momentan noch schwerer zu bekommen als normale Handwerker. Er zeigt auf die Fliesen am Boden, auf den Stuck an der Decke, auf die Ornamente der Säulen, auf Türen, Fenster, Geländer. „Alles Alte ist restauriert und nichts durch Neues, das auf alt gemacht wurde, ersetzt worden.“ Was einfacher gewesen wäre und damit die Arbeiten beschleunigt hätte. Was aber weder gewollt noch vom Denkmalschutz erlaubt war.

Darum, sagt er, haben sich die Arbeiten verzögert – und weil es während des Umbaus mehrere Planänderungen gab. Sowohl bei den Wohnungen im Dachgeschoss als auch beim sogenannten Haus im Haus im Parterre. Die beiden Geschäftsführer wollen zeigen, worüber sie sprechen. Erst geht es die Treppe rauf, später runter. Oben gibt es drei Wohnungen, zwei große, eine kleine. Die größte misst 165, die kleinste knapp 40 Quadratmeter. In allen ist das Parkett so neu, dass die Investoren blaue Plastikhüllen über ihre Schuhe ziehen. Und in allen sind die Decken so hoch, dass die Holzträger des Daches zu sehen sind. Auch das wollte der Denkmalschutz so: Altes sollte nicht bloß erhalten, sondern auch sichtbar gemacht werden.

Die Geschäftsführer wollten noch etwas anderes: die Loggien der beiden großen Wohnungen vergrößern. Doch so einfach ging das nicht. Schon gar nicht ohne weitere Stützträger und ohne neue Kalkulation eines Sachverständigen. Guido Böning weiß nicht mehr genau, wie lange es gedauert hat, bis die Genehmigung vorlag, aber: „Es hat länger gedauert als erwartet.“ Genauso wie die Erlaubnis, einen Kellerraum zum Wohnraum zu machen, damit das „Haus im Haus“ im Erdgeschoss, bisher 125 Quadratmeter groß, noch mehr Platz bieten kann: knapp 160 Quadratmeter. Brandschutz, Fluchtwege, Statik – alles, sagt der Investor, musste wegen des einen zusätzlichen Zimmers erneut geprüft und bewertet werden.

Nur dieser Raum und die dazugehörige Wohnung noch, dann soll der Umbau endgültig abgeschlossen sein. Seit 2016 sind die Handwerker in der Villa. Begonnen hat das Projekt allerdings fünf Jahre zuvor, als Bönings das Haus am Weserhang für einen Millionenbetrag kauften, aber noch nicht umbauen konnten. Das hatte nicht nur mit den Denkmalschutz zu tun, sondern auch mit den Debatten darüber, ob der Garten des 150 Jahre alten Gebäudes privat werden kann oder öffentlich bleiben muss – und wo überhaupt die Käufer der Luxuswohnungen ihre Autos parken sollen. An eine Tiefgarage, so wie sie inzwischen hinter dem Haus gebaut wurde, hatten die Investoren anfangs nicht gedacht.

Im Budget, sagen beide, ist das Projekt trotzdem geblieben. 2,5 Millionen Euro Investitionskosten – die Zahl nannten Bönings vor anderthalb Jahren, als Jürgen Depken als Erster in das Haus einzog, und diese Zahl nennen sie, nachdem sich mittlerweile drei weitere Käufer eingerichtet haben. Mit Problemen, die vier übrigen Wohnungen zu vermarkten, rechnen die beiden Investoren nicht.“Immobilien, die besonders sind“, sagt Guido Böning, „werden stark nachgefragt.“ Auch wenn die Preise für diese Immobilien genauso besonders sind. Allein für jede der beiden großen Dachgeschoss-Wohnungen veranschlagen die Investoren so viel Geld, dass man davon auch zwei Einfamilienhäuser bauen könnte: Die eine Wohnung ist für 680 000, die andere für 690 000 Euro zu haben.

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