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Projekt am Sozialwarenhaus für Frauen Altkleider schaffen Arbeitsplätze

Das Sozialwarenhaus des Arbeits- und Lernzentrums (alz) an der Hermann-Fortmannstraße erweitert sein Textilangebot. Grund dafür ist ein neues Arbeitsprojekt, in dem 15 langzeitarbeitslose ausländische Frauen Kleiderspenden wieder flott machen und gleichzeitig Deutsch lernen.
05.07.2013, 05:00 Uhr
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Von Volker Kölling

Das Sozialwarenhaus des Arbeits- und Lernzentrums (alz) an der Hermann-Fortmannstraße erweitert sein Textilangebot. Grund dafür ist ein neues Arbeitsprojekt, in dem 15 langzeitarbeitslose ausländische Frauen Kleiderspenden wieder flott machen und gleichzeitig Deutsch lernen.

Vegesack. Jutta Rathkamp prüft eine Damast-Tischdecke von allen Seiten. An dem gebrauchten Stück ist nichts dran. Den Preis legt sie auf 3,90 Euro fest: "Ich vergleiche, was man in anderen Second-Hand-Läden für die Ware bezahlen müsste und preise die Sachen dann dementsprechend." Klar würden die Kunden oben im Gebrauchtwarenhaus dann zu handeln versuchen, sagt die Vorarbeiterin des Textilrecyclingprojekt und schmunzelt: "Aber eigentlich steht der Preis. Neu würde man schließlich sicher 30 bis 40 Euro bezahlen."

Eine Station vor dem Auspreisen legt Vorarbeiterin Ursula Förster gerade mit der Polin Kajuth Bozenna und Teresa Treffler einen großen beigen Vorhang zusammen. Die Sache mit der Verständigung sei oftmals schwierig, obwohl einige der Frauen schon viele Jahre in Deutschland lebten.

Mit dem neuen Projekt bekommen die Migrantinnen jeweils mittwochs Sprachunterricht von einer Honorarkraft, die das alz extra bezahlt. Kajuth Bozenna etwa lebt seit 23 Jahren in Deutschland und schätzt, dass ihr bei dem Projekt auch in Sachen Verständigung geholfen wird. In Polen hat sie zehn Jahre lang als Verkäuferin gearbeitet, die Arbeit im alz findet sie nicht besonders schwierig, man müsse eben alles sortieren.

"Eigentlich tun wir ja all das, was in einem normalen Haushalt an Arbeit anfällt: Man wäscht Sachen, sortiert sie, kontrolliert sie und bessert sie aus. Nur hier bei uns fällt tausendmal soviel Zeug an wie zu Hause," erläutert Ursula Köster die Arbeit der Frauen. Jeder Reißverschluss wird hochgezogen, jeder Knopf geprüft. Trotzdem mussten sie in den ersten vier Wochen, in denen das deutlich vergrößerte Textilrecycling läuft, wenig Ausschuss komplett aussortieren. Die Qualität der Spenden ist hoch, und so mancher Fleck verschwindet während der Wäsche in den alz-eigenen Waschmaschinen aus Haushaltsauflösungen auch einfach aus den Sachen.

Die alz-Betriebsleiterin Carmen Jorek schätzt sehr, dass jetzt mehr an Textilien aus dem Souterrain ins Kaufhaus kommen: "Wir machen das ja schon ein bisschen länger, mit weniger Leuten und weniger Ware. Was nach oben kommt, ist oft ganz schnell weg." Egal ob Gardinen, Unterwäsche, Bettzeug, Kinderkleidung oder Schuhe – der Bedarf sei einfach da. Vegesacks Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt kommt zum alz-Ortstermin denn auch mit einer Spende für die Textilrecyclerinnen: Ein helles Sakko und ein gut erhaltener sandfarbener Anzug Größe 48 warten in den kommenden Tagen auf neue Träger. Dornstedt: "Hier weiß ich, dass die Sachen wieder zu Menschen aus der Umgebung gelangen, die sie gut gebrauchen können."

62 Prozent Migrantinnen

Das sei bei vielen Kleiderspenden nicht so, bestätigt auch alz-Geschäftsführer Ulrich K. Ipach: "Die gehen von hier aus per Schiff zurück nach Pakistan, Bangladesch oder den Nahen Osten – dorthin, wo sie einst herkamen. Es ist grotesk." Dazu komme, dass die Sachen meist von den Unternehmen zerkleinert würden, um nur die Fasern wieder zu verwerten. Dort würden aus Dornstedts guten Anzügen schlicht Putzlappen, die dann per Schiff wieder zurück nach Europa kämen.

Hier schafft das alz – finanziert aus Mitteln des Jobcenters Bremen und des Europäischen Sozialfonds – neben der besseren regionalen Verwertung von Kleidung außerdem noch die Arbeitsplätze. Die Spielregeln für das Projekt besagen, dass 96 Prozent der Teilnehmerinnen Frauen sein müssen und die Quote der Migrantinnen bei 62 Prozent liegen muss. Es geht letztlich um soziale Integration von wenig qualifizierten Ausländerinnen. Zusätzlich zu ihrem Arbeitslosengeld II und den Wohnkosten können die Frauen 180 Euro im Monat legal dazu verdienen. Dafür leisten sie je nach Belastbarkeit zwischen 20 und 30 Stunden in der Woche jeweils von 7 bis 14.15 Uhr. Alz-Chef Ipach: "Dazu kommen auch noch zwei Festanstellungen von Anleiterinnen."

Eigentlich gibt es jetzt nur die Sorge, dass dem Projekt der Nachschub ausgeht. Das alz bittet deshalb dringend um Kleiderspenden, abzugeben in der Hermann-Fortmann-Straße 18 im Bereich des Möbellagers. Bei größeren Mengen holt das alz die Sachen auch ab. Einen Abholtermin erhalten Spender unter der Rufnummer 0421/ 6090559.

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