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Denkmalschutz Ein besonderer Bahnhof

Es sind zahlreiche Details, die davon zeugen, dass der Bahnhof Vegesack einst sehr repräsentativ war. Warum das historische Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wird und was früher am Bahnhof los war ...
29.12.2021, 12:45 Uhr
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Von Julia Assmann/jla

Sie sind zum Teil versteckt, zum Teil aber auch ganz präsent: Schmückende Details, die bis heute davon zeugen, dass der Bahnhof Vegesack einst nicht nur wichtiger Verkehrsknotenpunkt, sondern auch repräsentatives Ein- und Ausgangstor des Stadtteils war. Weil viele der historischen Gestaltungselemente noch erhalten sind, wird der Bahnhof als Ensemble mit dem benachbarten ehemaligen Güterbahnhof (heute Kuba, Kulturbahnhof) unter Denkmalschutz gestellt.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass es hier früher hoch herging. Von hier aus pendelten die Menschen zur Arbeit, starteten ihre Sonntagsausflüge und auch für den Güterverkehr war der Bahnhof immens wichtig, denn die Wirtschaft in Bremen-Nord florierte. Dementsprechend aufwendig und detailreich wurde das Bahnhofsgebäude gestaltet: außen mit gemauertem Bauschmuck wie auffälligen Gesimsen und mit Uhren versehenen Giebeln; innen mit Säulen, auf denen Putti thronen, einem Wandbrunnen sowie Fliesen und Keramikreliefs in verschiedenen Farbtönen mit zum Teil maritimen, floralen und ländlichen Motiven. Sie zierten den Bereich des Fahrkartenschalters. Am Bahnsteig fällt zudem die Überdachung mit gusseisernen Stützen und genietetem Stahlfachwerk ins Auge.

Zweimal wurde der Bahnhof, der am 8. Dezember 1862 feierlich mit einem Festkomitee eingeweiht worden war, erweitert und ausgebaut. 1906 bekam die bis dahin eingleisige Strecke Burg-Lesum – Grohn-Vegesack ein zweites Gleis und der Bahnhof einen neuen, längeren Doppel-Bahnsteig. Die zweite Ausbauphase folgte dann ab 1914. Bedingt durch den Ersten Weltkrieg wurden die Arbeiten 1916 vorübergehend eingestellt und erst danach, bis etwa 1925, abgeschlossen. Damals bekam der Bahnhof drei neue Bahnsteige, den repräsentativen Fahrkartenschalter mit hochwertigen Fliesen und Reliefs aus der Grohner Wandplattenfabrik und eine zusätzliche Bahnsteigüberdachung.

Ein Text aus dem Buch "Grohn in Vergangenheit und Gegenwart" aus dem Jahr 1926 zeugt von der Bedeutung des Bahnhofs Grohn-Vegesack, wie er damals noch hieß. Für mehr als 120 Beamte war der Bahnhof damals Arbeitsplatz. Sie waren "zur Abwicklung des erheblichen Verkehrs" nötig, heißt es in dem Aufsatz. Im Jahr 1925 wurden am Bahnhof demnach täglich etwa 1400 Fahrkarten ausgegeben. "Den größten Teil der Reisenden machen die zu ihrer Arbeitsstätte fahrenden Personen aus, die über 2300 Wochen- und 300 Monatskarten innehaben."

Auch zu ihrem Vergnügen reisten die Menschen damals. "Sonntags findet ein bedeutender Fremdenverkehr statt; selbst für die Richtungen ab Grohn-Vegesack werden sonntäglich 600 Sonntagskarten verlangt." Und über den Warenverkehr heißt es in dem Text: "Ebenso umfassend ist der Güterverkehr, der alltäglich über 100 Güterwagen ein- und wieder ausrollen lässt." Ton für die Wandplattenfabriken stand beim Wareneingang an erster Stelle, gefolgt von Hanf und Kohle. Ausfuhrgüter waren vor allem Wandplatten, Tauwerk, Mühlenfabrikate und Heringe sowie Wolle für die Farge-Vegesacker Eisenbahn.

Mehrere Betriebe und der Hafen hatten damals direkte Gleisanschlüsse: die Norddeutsche Steingutfabrik, die ihren Hauptsitz bis Ende der 1960er-Jahre direkt hinter dem Vegesacker Bahnhof hatte, die Grohner Wandplattenfabrik, die ab 1920
zur Norddeutschen Steingut gehörte, die Bremen-Vegesacker Fischerei-Gesellschaft, die Mühlenwerke und die Gasanstalt in Grohn.

Heute hat der Bahnhof längst an Bedeutung verloren und derzeit wird überlegt, wie das Bahnhofsgebäude künftig genutzt werden kann. Die Wirtschaftsförderung, die es verwaltet, hat – wie berichtet – vor einiger Zeit ein Konzept vorgestellt, in dem unter anderem eine Gastronomie, ein Serviceschalter der Straßenbahn AG, eine Packstation, ein Supermarkt, ein Fitnessstudio und ein Pausenraum für Busfahrer angedacht sind. Bei allen Überlegungen muss die Wirtschaftsförderung künftig auch den Denkmalschutz mit einbeziehen. Möglicherweise rücken die schmückenden Elemente bei der Neugestaltung dann wieder mehr in den Mittelpunkt.

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