Unter welchen Bedingungen leben die zurzeit 647 Menschen in der zentralen Erstaufnahmestelle für Geflüchtete an der Lindenstraße (Zast)? Offenbar auf engem Raum und ohne Privatsphäre. Über Probleme bei der Unterbringung hatte zumindest eine Deutschlehrerin in einem Interview mit der NORDDEUTSCHEN berichtet. Im Flüchtlingsausschuss des Beirates Vegesack ging es nun darum, wie die Situation verbessert werden könnte. Zur Sprache kamen auch vermeintliche Übergriffe von Wachleuten.
Die Aufnahmestelle sei derzeit nicht voll belegt, betonte der Leiter der Einrichtung, Jürgen Raabe-Schwarz, den Ausschussmitgliedern gleich zu Beginn der Sitzung im Vegesacker Stadthaus. Das Gebäude bietet Platz für 734 Menschen. „Die aktuelle Entwicklung ist, dass nicht so viele Menschen über Weihnachten gekommen sind. Wir haben keine Belegungsprobleme.“ Lena Kemker, beim Sozialressort für die Unterbringung von Geflüchteten zuständig, nannte Zahlen: 2019 sind 1191 Personen nach Bremen gekommen. Das waren 12,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Allerdings schwankten die Belegungszahlen der Aufnahmeeinrichtung erheblich: „Wir haben eine hohe Fluktuation. Einige müssen Bremen wieder verlassen oder gehen ins kommunale Unterbringungssystem oder nach Bremerhaven“, so Kemker. „Es ist nicht so, dass jemand jahrelang in der Notunterkunft leben muss.“
Zurzeit seien vor allem Frauen, Männer und Kinder aus Nigeria, Ghana, Syrien und der Russischen Förderation in der Zast anzutreffen. Zu den zuzugsstärksten Ländern habe 2019 unter anderem Syrien (311 Personen), Iran (156), Türkei (100) sowie Afghanistan und der Irak gehört.
Verbesserte Ausstattung des Spielplatzes
Die in der NORDDEUTSCHEN geschilderten Probleme bei der Unterbringung seien erkannt und sollen 2020 behoben werden. Was die bauliche Situation betrifft, seien das Sozialressort und der Eigentümer im Abstimmungsgespräch. Jürgen Raabe-Schwarz sicherte zu: „Die Wände werden wegen des Schallschutzes hochgezogen.“ Auch bei der Ausstattung des Spielplatzes habe die Sozialbehörde nachgebessert. Wipp-Tiere wurden angeschafft. „Und die neuen Fußballtore sollen bis Ende des Monats da sein“, so Lena Kemker. Beantragt sei auch Wlan für alle Räumlichkeiten. „Aber das ist schwierig: Das Gebäude ist aus Stahlbeton. Innerhalb des Gebäudes bekommen wir keine Verbindung. Das müssen wir den Technikern überlassen.“
Künftig sollen die Bewohner der Einrichtung auch nicht mehr so oft nachts durch Feueralarme geweckt werden. Die Behörde wolle Schutzvorrichtungen anschaffen, damit Alarme künftig nicht so einfach ausgelöst werden können. „Es kommt vereinzelt vor, dass Leute auf ihren Zimmern rauchen“, so Raabe-Schwarz. Doch die Mehrzahl der Alarme würden von Kindern oder von Leuten ausgelöst, „die gucken wollen, wie es geht.“
Gegen „menschenunwürdige Zustände“ in der Unterkunft hatte ein Bewohner-Bündnis bereits im Mai vergangenen Jahres vor der Bremer Sozialbehörde demonstriert. Damals hieß es, dass in einem Zimmer bis zu elf Personen lebten, es keinerlei Ruhe und Privatsphäre gebe, und Fenster und Heizungen defekt seien. Schwerwiegende Vorwürfe wurden dabei vor allem gegen das Sicherheitspersonal erhoben. Das Bündnis „Together we are Bremen“ sprach von „massiven und mehrfachen körperlichen“ Attacken von Sicherheitskräften auf junge schwarze Geflüchtete. Sicherheitsleute hätten einzelne Bewohner verfolgt, sie bedroht und körperlich angegriffen. Der Geschäftsführer des zuständigen Sicherheitsdienstleisters erklärte damals, die Vorfälle würden in enger Zusammenarbeit mit dem Sozialressort untersucht. Zu den Vorfällen soll es gekommen sein, als Hausverbote durchgesetzt werden sollten, hieß es aus der Behörde.
Nach den Worten von Lena Kemker seien mittlerweile Gespräche mit allen Beteiligten geführt worden. Demnach hat es auch personelle Konsequenzen gegeben: Einige Sicherheitskräfte wurden versetzt. Auch quartierte die Verwaltung betroffene Bewohner um. Für dieses Jahr kündigte Lena Kemker ein Deeskalationstraining für alle Mitarbeiter an. Zudem wurde vor dem Eingang der Einrichtung ein neuer Wach-Container aufgestellt. „Die Kontrollen sind verbessert worden. Das ist für uns, für das Wachbüro und für den Stadtteil gut“, sagte Einrichtungsleiter Jürgen Raabe-Schwarz.