Was machen Handball-Mannschaften gerne im Mai und Fußball-Teams bevorzugt im Juni? Richtig. Abschlussfahrten. Manche Teams trösten sich dann bei Sangria oder Lumumba über den Abstieg hinweg, andere feiern den Klassenerhalt oder bestenfalls sogar den Aufstieg mit Bier, Sekt und jede Menge guter Laune. So war es 2019. Und auch in vielen Jahren davor.
In diesem Jahr ist wegen der Corona-Krise alles anders. Aus geplanten Mannschaftsfahrten wurden bereits oder werden womöglich in Kürze geplatzte. Viele Teams hängen jedenfalls derzeit in der Warteschleife.
Klarheit haben bereits die Basketballer von Lesum/Vegesack. Die Oberliga-Herren und die gerade Bezirksoberliga-Meister gewordenen Damen wollten an diesem verlängerten Wochenende nach Sassnitz an die Ostsee reisen, haben laut Trainer Ronny Arnoldt aber bereits früh selber abgesagt. Ein großes Haus hatte für die 20 Teilnehmer zu einer Basketball-WG auf bestimmte Zeit werden sollen. Kosten sind laut Arnoldt bei der Stornierung nicht angefallen. Aufgehoben oder nur aufgeschoben? Die Korbjägerinnen und Korbjäger spielen jetzt mit dem Gedanken, vor der Saison noch etwas Gemeinsames zu unternehmen. Arnoldt: „Vielleicht vor Saisonbeginn mit dem Charakter eines Trainingslagers.“
Bekannter, besser gesagt berüchtigter, sind Mannschaftsfahrten mit dem Ziel Mallorca. Oder seit einigen Jahren auch Bulgarien (Goldstrand). „Das passt nicht zu uns“, sagt Ronny Arnoldt für die Basketballer. Andere scheuen sich indes nicht, es wieder und wieder zu machen: Mallorca am Ballermann oder in Cala Ratjada. Als legendär gelten diesbezüglich Teamfahrten des Fußball-Bremen-Ligisten Blumenthaler SV. Diese Reisegruppe verwandelte den Stand am Ballermann schon öfters in eine Bühne und veranstaltete dort Shows und Spiele, für die es viel Anerkennung von ähnlich tickenden Strandgästen gab. An derartige Inszenierungen ist momentan nicht zu denken. Möglicherweise werden die Strände Anfang Juni, wenn sich ein 15-köpfiger Tross aus Spielern und Trainern auf die Balearen-Insel begeben wollte, menschenleer sein.
Jetzt herrscht Stillstand
„Die Flüge sind gebucht, aber jetzt herrscht Stillstand. Wir beobachten die Situation“, sagt der scheidende BSV-Trainer Denis Spitzer, der in der nächsten Saison ja den Ligarivalen TuS Schwachhausen trainieren wird. Der Familienvater ist bekennender Freund von Malle-Trips und muss auch nicht um den Hausfrieden fürchten: „Das ist das, was mir meine Frau zugesteht.“ So recht daran glauben, dass der Flieger ab Bremen Anfang Juni mit den Blumenthalern abheben wird, mag er indes nicht: „Ich gehe davon aus, dass uns die Entscheidung abgenommen wird.“
Frei in ihrer Entscheidung sind indes die Kicker vom Klassengefährten SG Aumund-Vegesack und vom Landesligisten SV Grohn. „Wir haben noch nicht final geplant, sondern nur darüber gesprochen. In diesem Fall ist das ein Vorteil“, sagt „Husaren“-Spielertrainer Jan-Philipp Heine, der eine Mannschaftsfahrt aber durchaus begrüßt hätte. Heine: „Ich wollte das gerne, denn wir haben schließlich wieder mehr Zusammenhalt.“ Jetzt spricht er darüber, eventuell eine Eröffnungsfahrt – oder ein Trainingslager – vor Beginn der neuen Saison machen zu wollen. Bei der SAV hatten sich die Überlegungen, eine größere Mannschaftsfahrt durchzuführen, laut Trainer Björn Krämer früh zerschlagen. Jetzt wird Ähnliches wie im Vorjahr angestrebt, als Groningen das Ziel war. „Wir werden etwas machen“, kündigt Krämer an. Was und wann? Dann sind in Zeiten der Corona-Krise Fragewörter, mit denen die gesamte Gesellschaft rund um die Uhr konfrontiert wird.
„Dieses Jahr scheint uns ein Strich durch die Rechnung gemacht zu werden“, befürchtet Henning Schomann, der Trainer der HSG Schwanewede/Neuenkirchen in der Handball-Oberliga der Männer. Eine zehnköpfige Gruppe, die erfahrungsgemäß noch mit Kurzentschlossenen erweitert werde, wollte das gute Abschneiden des Aufsteigers vom 20. bis 24. Mai in Cala Ratjada feiern. Doch der Trip ist, wie Schomann sagt, „in der Schwebe“, der Reiseveranstalter hätte bereits eine kostenlose Umbuchung angeboten. Ein für die „Schwäne“ allerdings wenig verlockendes Angebot. Schomann: „Es hilft uns nicht, eine Abschlussfahrt im August zu machen.“
Für den „Schwäne“-Trainer hat der alljährliche Mallorca-Aufenthalt schon Tradition. Erst als Spieler, später als Trainer sei er seit 1997 fast jedes Jahr „auf der Insel“ gewesen. Wenn es am Ende dieses von ihm auch als „Spiel auf Zeit“ betitelten Wartens zu einem Ausfall der Mallorca-Mannschaftsfahrt käme, wolle man gucken, ob sich eine regionale Alternative finde.