Auf insgesamt 20 Haltepunkte kommt die Regio-S-Bahn-Linie 1 zwischen Farge und Verden. Fahren die Züge an jeder Station auch nur wenige Sekunden später ab, können die sich auf die gesamte Fahrtstrecke gerechnet zu mehreren Minuten addieren. Deshalb startet die Nordwestbahn nun ein Pilotprojekt, das solche Verspätungen verhindern soll.
Kommt ein Zug nicht pünktlich, liegt das häufig an der hohen Auslastung auf der Strecke zwischen Farge und Verden, sagt Steffen Högemann, Sprecher der Nordwestbahn. "Hinzukommen Baustellen sowie Störungen an Bahnübergängen und Signalen, die ebenfalls zu Verzögerungen führen." Diese Probleme lassen sich allerdings nur durch den Ausbau und die Modernisierung des Schienennetzes lösen und sind damit langfristige Ziele.
Aber auch kurzfristig ließe sich die Pünktlichkeit der Regio-S-Bahn erhöhen. Dafür sei es notwendig, dass die Züge auf die Sekunde genau abfahren. Das ist bisher allerdings nicht immer der Fall. Häufig warten die Triebfahrzeugführer so lange, bis auch die Fahrgäste eingestiegen sind, die noch zur Bahn sprinten. Dabei ist eigentlich die im Fahrplan veröffentlichte Abfahrtszeit auch die tatsächliche Abfahrtszeit des Zuges und nicht, wie irrtümlich vermutet, die Zeit der letzten Zustiegsmöglichkeit, sagt Robert Palm, Regionalleiter der Nordwestbahn. Entsprechend ließe der Fahrplan es eigentlich auch nicht zu, kurz auf Fahrgäste zu warten.
Fahren die Züge wenige Sekunden verspätet ab, wirkt sich das nicht nur auf die Passagiere in der jeweiligen Bahn aus, die dadurch später an ihr Ziel kommen. Aufgrund der engen Taktung im Netz der Regio-S-Bahn kann sich die Verspätung auch auf andere Züge übertragen.
Deshalb startet die Nordwestbahn am kommenden Freitag, 15. April, ein sechsmonatiges Pilotprojekt. In dieser Zeit werden die Bahnen alle Stationen zwischen Farge und Verden sekundengenau verlassen. Soll ein Zug in Vegesack beispielsweise um 7.05 Uhr in Richtung Hauptbahnhof abfahren, wird er das fortan mit dem Zeigersprung tun, wie Palm es nennt. Damit die Bahn tatsächlich um 7.05 Uhr losfahren kann, sei es erforderlich, dass die Türen bereits kurz vor der fahrplanmäßigen Abfahrtszeit geschlossen werden. Ein Einstieg um 7.05 Uhr ist ab Freitag somit nicht mehr möglich.
Für die Nordwestbahn geht es bei diesem Projekt aber nicht nur um die Pünktlichkeit, sondern auch um den Umweltschutz. "Wir haben ein System zum umweltfreundlichen fahren", sagt Steffen Högemann. "Uns ist allerdings aufgefallen, dass unsere Triebfahrzeugführer nur selten die Gelegenheit haben, sich danach zu richten." Denn in der Regel müssen die Mitarbeiter versuchen, Verspätungen aufzuholen. Dadurch steigt allerdings der Stromverbrauch, und auch der Verschleiß an der Bahn nimmt zu. "Gerade auf der Regio-S-Bahn-Linie 1, auf der es viele Haltepunkte sowie Ein- und Ausstiege gibt, kann die rechtzeitige Abfahrt ein Faktor sein, der schon vieles verändert", so der Unternehmenssprecher.
In einem halben Jahr will die Nordwestbahn das Projekt auswerten und dabei unter anderem auch berücksichtigen, wie die Erfahrungen der Fahrgäste sind. "Danach werden wir schauen, ob die Regelung auf andere Linien übertragbar ist", sagt Steffen Högemann. "Vielleicht sind das dann auch nur einzelne Streckenabschnitte." In Gegenden, wo viele Stationen aufeinanderfolgen, würden die Bahnen dann auf die Sekunde genau abfahren und dort, wo weniger Haltepunkte sind, bei Bedarf auch weiterhin kurz auf Fahrgäste warten.