Sandra Schmull blickt auf die großen Werften am linken Weserufer. Sie steht an der Vegesacker Promenade, es schneit. "Hier sieht es aus wie in Bremerhaven – für mich jedenfalls", sagt die 31-Jährige. Schmull kandidiert als CDU-Direktkandidatin für den Wahlkreis 55. Dazu gehören ihre Geburts- und Wohnstadt Bremerhaven, aber auch Bremen-Nord, wo viele ihrer Freunde leben.
"Beide Orte sind sich sehr ähnlich und geben mir das Gefühl von Heimat", so die Politikerin. Aus ihrer Sicht sind beide Gebiete aber auch strukturschwach. Deswegen möchte die Christdemokratin Arbeitsplätze erhalten und neue schaffen. Gelingen soll das unter anderem, indem der Bund 500 Millionen Euro bereitstellt, mit denen das Land Bremen die Schifffahrt zukunftssicher macht. Die Politikerin setzt sich zudem dafür ein, dass der Bund die Länder mehr bei Bildung unterstützt. Ihrer Meinung nach soll er Geld für die Sanierung und Digitalisierung von Schulen zur Verfügung stellen sowie Prüfungen und Lernstandards vereinheitlichen. Vor 13 Jahren trat Schmull in die CDU ein – auch, weil sie die vielen Bildungsreformen in Bremen satthatte. Ihr Jahrgang war damals der erste, der nach zwölf statt dreizehn Jahren Abitur machte. "Die CDU hatte noch nie den Bildungssenator gestellt – und so dachte ich mir, dass ich es bei dieser Partei versuche."
Inzwischen gehört sie der Bildungsdeputation an, ist Landesvorsitzende der Jungen Union Bremen und Beisitzerin im Bundesvorstand der Mittelstands- und Wirtschaftsunion. Das ist der wirtschaftsliberale Flügel der CDU. "Ich habe immer das Gefühl, dass wir negativ über Unternehmen sprechen, aber sie zahlen unsere Löhne und stellen uns ein", erläutert die Christdemokratin. Sie möchte Anreize schaffen, damit sich Arbeiten mehr lohnt. So sollen bezahlte Überstunden künftig steuerfrei sein. Die konservative Politikerin zeigt sich überzeugt, dass beinahe alle Arbeitnehmer in Deutschland entscheiden können, ob sie Mehrarbeit abfeiern oder sich ausbezahlen lassen. "Bei meinen bisherigen Arbeitgebern war das immer so", sagt Schmull.
Einen Mindestlohn von 15 Euro, wie ihn derzeit die linken Parteien fordern, lehnt sie ab: Dieser würde ihrer Ansicht nach die Inflation anheizen und Unternehmen – die sowieso schon hohe Personalkosten hätten – weiter belasten. Zudem rutsche man in eine höhere Steuerklasse, weshalb man schlussendlich auch nicht mehr Geld habe, sagt Schmull und fügt hinzu: "Das Problem in Deutschland sind nicht die Löhne, sondern die Abgaben." Deshalb befürwortet sie die Pläne für die Einkommenssteuer der Union. "Der Spitzensteuersatz setzt viel zu früh ein. Und auch der Grundfreibetrag muss höher sein", erklärt Schmull.
Welche bundespolitischen Themen sind der Christdemokratin noch wichtig? Schmull möchte den öffentlichen Nahverkehr in Bremen-Nord verbessern: Es brauche eine höhere Taktung und ein verlässliches Schienennetz. Außerdem müssten sich die Autobahn GmbH des Bundes und die Deutsche Bahn absprechen, damit nicht mehr die Stadtautobahn und die Zugstrecke nach Bremen-Nord gleichzeitig saniert werden, sagt Schmull.
Die junge Politikerin, die als Juristin beim Bremer Raumfahrtunternehmen OHB arbeitet, lebt mit ihrem Verlobten und zwei Katern in Bremerhaven. In ihrer Freizeit spielt sie Tennis, geht ins Fitnessstudio und liest viel – zum Beispiel norddeutsche Krimis und Romane. Und glaubt die Christdemokratin, dass sie den traditionell roten Wahlkreis gewinnen kann? "Es wäre fast historisch", gibt Schmull zu, "aber ich bestreite den Wahlkampf mit einem Elan. Deswegen glaube ich, dass ich es schaffen werde."