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Bremer Sozialwissenschaftler "Beitrag zu einer geschlechtergerechteren Entwicklung"

Bremer Sozialwissenschaftler bringt das Ketakeeti-Entwicklungshilfemodell auf die Formel: "Statt ein 'weißes Gewissen' im globalen Norden zu finanzieren – arme Frauenkollektive im globalen Süden ermächtigen."
15.03.2024, 05:00 Uhr
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Von Ulrike Troue

"Ketaaketi ist ein Projekt, das den Ärmsten der Armen nicht aus einer bevormundenden, postkolonialen Perspektive gewissermaßen von oben herab 'wohltätig' unter die Arme greift, sondern stattdessen die Kompetenzen und Potenziale der Betroffenen selber in den Vordergrund stellt und sie dazu ermächtigt, Initiative zu ergreifen und Projekte anzugehen, die sie selbst für prioritär erachten. Dazu erhalten die Dorfkollektive rechtlich nicht kontrollierte, unbefristete und unverzinsliche Mikrokredite.

Diese werden nach erfolgreichem Rückfluss an den nächsten Haushalt weitergegeben. Über Verteilung und Verwendung der Kredite wird vor Ort kollektiv entschieden. Alle beteiligten Haushalte sind daran interessiert, dass die anderen erfolgreich sind – was dazu führt, dass sie einander helfen, um ihrerseits an die Summe zu gelangen. Eine äußere Kontrolle ist nicht nötig.

Dabei wird auch die Macht der Frauen im Dorf gestärkt: Es sind in aller Regel die Frauen der Haushalte, die sich versammeln, um kollektive Entscheidungen darüber zu treffen, wie mit dem Geld verfahren werden soll. Es sind daher auch Kollektive von Frauen, die gemeinsam Lösungswege entwickeln, um sich aus dem Elend fortzubewegen und dabei einander gegenseitig helfen, während die Männer sich oft darum bemühen müssen, in diesen Projekten eine konstruktive Rolle zu finden.

Ketaaketi hat also einen Weg gefunden, die sogenannte Entwicklungshilfe von postkolonialen Machtstrukturen freizumachen und weist einen überaus effizienten Weg auf, mit minimalen Mitteln maximale Erfolge zu erzielen. Gleichzeitig wird die Kohärenz in den dörflichen Gemeinschaften nicht geschwächt, sondern sogar gestärkt. 

Ketaaketi zeigt zudem neue Wege auf, wie der Respekt vor Frauen in den ärmsten der armen Gemeinschaften gesteigert, wie die Macht von Frauenkollektiven gestärkt, wie also zugleich mit der ökonomischen Hilfe auch ein Beitrag zu einer geschlechtergerechteren Entwicklung geleistet werden kann."

Zur Person

Der Soziologe Dr. Jacob Fruchtmann lehrt an der Constructor University in der School of Humanities and Social Sciences Politikwissenschaft, Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaften, Typologie, Außereuropäische Sprachen. 

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