In vielen öffentlichen und privaten Gebäuden standen gestern beim Tag der Architektur die Türen offen. Im Stadthaus Vegesack wurde die neue Innenraum-Gestaltung "Passagen" vorgestellt.
Vegesack. Fußstapfen im Sand ziehen sich auf einer langen Reihe von Bildern an der Wand zwischen Glastür und Treppenaufgang. Irgendwer hat zwei Herzen in den Sand gemalt. Ein Hauch von Poesie im Tunnel unter dem Sedanplatz. Die Spuren im Sand in zarten Pastelltönen begleiten Passanten auf ihrem Weg durch den ansonsten leeren, kalkweißen Raum.
"Wir wollten den Raum nicht kitschig überhöhen. Die Bilder sollen Besucher eher beiläufig begleiten", erklärt Ulrike Mansfeld. Im Laufgang unter dem Sedanplatz zwischen Tiefgarage und Stadthaus Vegesack lauschen sieben Frauen und Männer ihren Worten. Mansfeld führt die Gruppe an diesem Sonntag beim Tag der Architektur durch den Tunnel und die Passagen im Stadthaus Vegesack. Die Architektin und Professorin an der Bremer School of Architecture hat Durchgängen und Treppenhaus zusammen mit der Hamburger Fotografin Britta Isenrath ein Gesicht gegeben. Die Herausforderung bestand darin, große weiße Hallen zu füllen.
Seit November 2012 zieren nun fünf maritime Motive die Passagen. Bei der Motivwahl ließen sich Architektin und Fotografin vom Schiffsmotiv an der Stadthaus-Fassade inspirieren. Bewusst haben sie sich gegen klassische Bilder entschieden. Stattdessen zieren Collagen auf robusten Phenolharz-Platten mit 83 Einzelaufnahmen von Weserstrand, Wasser und Schifffahrt die Wände. "Unsere Idee war, die Bilder mit der Bewegung durch den Raum zu verbinden", sagt Mansfeld und zitiert den französischen Philosophen Michel de Certeau: "Die Spiele der Schritte sind Gestaltungen von Räumen. Sie weben die Grundstruktur von Orten."
Beim Gang durch die Passagen wird deutlich, was gemeint ist. Die Sandspuren im Laufgang halten Schritt mit den Passanten. Eine Herausforderung war die Gestaltung der langen Passage im Eingangsbereich des Stadthauses. 15 große Bildtafeln unter dem Titel "Überfahrt Vegesack" zeigen in Momentaufnahmen den Blick vom Wasser auf die Weserpromenade und die Stadtkulisse zwischen gläserner Werft und Lesummündung. Ein Frachter und viele kleinere Schiffe ziehen vorüber. "Wir haben uns lange überlegt, wie wir die Platten so anordnen, dass sie den eintönigen Raum spannend beleben." Die Lösung: Die einzelnen Bilder staffeln sich über- und untereinander. So entsteht ein Auf und Ab als Gegenpol zum lang gezogenen Raum. Gleichzeitig vollziehen die weserauf- und abwärts fahrenden Schiffe die Bewegung des Betrachters durch den Raum nach. Geschickt leitet das Wandmotiv den Stadthaus-Besucher am Ende des Ganges über zu den Fahrstühlen auf der anderen Seite. Die Fähre, die im Bild übersetzt von Vegesack nach Lemwerder, vollzieht die räumliche Querung nach. Neben den Fahrstühlen stößt der Besucher auf eine weitere Arbeit: Drei Collagen zeigen Ausschnitte von der Arbeit an einem Schiffsrohbau auf einer Werft.
Topografische Anordnung
Wichtig war Architektin und Fotografin, die Auf- und Abwärtsbewegung der Besucher im Stadthaus in den Bildern umzusetzen. "Wir haben die Collagen topografisch angeordnet", erklärt Mansfeld. Im Tunnel zwischen Tiefgarage und Stadthaus spült bewegtes Wasser die Besucher symbolisch an Land. Vier Collagen im Treppenhaus zeigen verschiedene Teilstücke eines Schiffes. Stockwerk für Stockwerk fügen sich die Einzelbilder zu einem Gesamteindruck: von den Masten auf der dritten Etage über den Rumpf bis zu den Spiegelungen der Masten im Kellergeschoss, wo es wieder unter die imaginäre Wasserlinie geht. Die Teilnehmer der Führung sind begeistert. "Das ist perfekt gemacht", findet ein Mann. "Wunderbar", meint eine Frau.
Das Passagen-Werk könnte bald Zuwachs bekommen. Laut Mansfeld gibt es Überlegungen, die Collagen zu ergänzen. Zusammen mit der Fotografin Britta Isenrath arbeitet sie derzeit an Vorschlägen für das Trauzimmer samt Vorraum.