Corona macht es ihnen schon nicht leicht. Doch mit der Eiseskälte dieser Tage haben es die Obdachlosen in Bremen-Nord, und nicht nur dort, besonders schwer. Als die Pandemie noch nicht in der Welt war, gab es für all die Menschen, die kaum Geld und kein Zuhause haben, jeden Sonntag um 13 Uhr einen Lichtblick.
Dann, wenn es im Gemeindesaal der Christuskirche in der Georg-Gleistein-Straße aus den Kochtöpfen dampfte. Wenn sie hier im Warmen zusammen mit den anderen Gästen um die Tische herum saßen, schnackten und aßen und mal für eine Weile das raue Leben draußen vergessen konnten. Zwischen 80 und 100 Gäste haben das Angebot genutzt. Daran ist seit Corona nicht mehr zu denken.
„Wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir die Menschen trotzdem versorgen können“, sagt Pastorin Ulrike Bänsch, Leiterin der Obdachloseninitiative Nordbremer Kirchengemeinden, die sonntags für die warme Mahlzeit sorgt. Ganz gestrichen ist das Essen nicht. Auch nicht beim Szenetreff der Inneren Mission, der zwischen Christuskirche und Vegesacker Freizeitheim Anlaufstelle für Wohnungslose ist. Auch ein Lichtblick.
Pandemie wird zur Belastung
Je nach Jahreszeit steuern bis zu 70 Menschen den offenen Treff an, erzählt Sozialarbeiterin Gimmy Wesemann, die seit gut zehn Jahren vor Ort ist. Wenn ihr Beratungsbus vor dem Treff steht, wissen die Menschen: Hier gibt es Kaffee, Tee, warmes Wasser für Brühe, Corona-Masken, Pflaster, Zuspruch. Und außerdem: klare Worte. Gimmy Wesemann hilft den Gästen, wenn sie Anträge stellen oder Widersprüche einreichen müssen, sie begleitet sie zu Ärzten und macht auch mal „freundliche und weniger freundliche Ansagen“. Vier Tage in der Woche – von Montag bis Donnerstag – ist sie vormittags bis nachmittags da.
Mit Corona, erzählt Gimmy Wesemann, ist es anders geworden. „Aber es ist wichtig, dass das Angebot kontinuierlich weitergeht.“ Vor allem, dass es etwas zu essen gibt. Vor rund vier Jahren war es dem Szenetreff gelungen, mithilfe von Spenden regelmäßig Suppe anzubieten. „In der Innenstadt haben sie die Möglichkeit, an jedem Tag in der Woche eine warme Mahlzeit zu bekommen.“ In Bremen-Nord war das nicht so. Bis eine „nicht unerhebliche Spende“ auch in Vegesack ein Suppenprojekt anschob. „Aber Corona hat das Projekt gekillt“, bedauert die Sozialarbeiterin. „Weil wir die Abstände nicht einhalten können.“
Im März musste die Suppenlieferung abbestellt werden. Stattdessen verteilte Gimmy Wesemann für ihre Gäste Lunchpakete. Trotzdem hat sie gespürt, dass den Besuchern die warme Mahlzeit fehlt. „Wenn sie Suppe essen, ist Frieden“, beschreibt Gimmy Wesemann die Stimmung. Also beschloss sie, dieses Projekt – „eines meiner Herzensprojekte“ – zumindest ein wenig wieder aufleben zu lassen. „Die Leute, die hierher kommen, haben Hunger.“ Nun schenkt sie am vorletzten und letzten Dienstag im Monat wieder Suppe aus.
Corona hat das Leben schwieriger gemacht für ihre Besucher. Nicht nur wegen der fehlenden regelmäßigen Mahlzeit. „Auch weil die Toiletten geschlossen sind“, gibt die Sozialarbeiterin zu bedenken. Seitdem hat sie für die Gäste auch Flüssigseife an Bord. „Man kann sich bei mir die Hände waschen.“
Die Ehrenamtlichen von der Obdachlosen-Initiative spüren ebenfalls, dass Corona eine hohe Belastung für die Wohnungslosen ist, berichtet Ulrike Bänsch. „Es fehlt ihnen, sich beim Kaffee auszutauschen. Da macht sich die Einsamkeit bemerkbar. Manche haben keinen guten Ort, wo sie hinkönnen.“ Die Atmosphäre hat bei all den Corona-Beschränkungen gelitten. „Manche bleiben deswegen weg“, weiß die Pastorin. Aber Mahlzeiten soll es sonntags trotzdem geben. Nach wie vor liefert Friedehorst das Essen. Helfer verpacken es vor Ort. „Weil nicht gemeinsam gegessen werden darf, müssen die Gäste sich das Essen abholen“, erklärt Ulrike Bänsch. Mit dem Ordnungsamt sei das abgestimmt. Auch Masken würden verteilt. „Es ist von allen Seiten deutlich geworden“, sagt die Pastorin, „dass diese Arbeit weitergehen muss und unterstützt wird.“
Spenden sind willkommen
Auf die warme Sonntagsmahlzeit müssen wohnungslose Menschen auch in Zeiten der Corona-Pandemie nicht verzichten. Die Obdachloseninitiative Nordbremer Kirchengemeinden bietet nach wie vor sonntags um 13 Uhr in der Christuskirche in der Georg-Gleistein-Straße in Vegesack ein Mittagessen zum Mitnehmen an.
Der benachbarte Szenetreff der Inneren Mission bietet zudem am vorletzten und letzten Dienstag im Monat Suppe an. Sozialarbeiterin Gimmy Wesemann ist von Montag bis Donnerstag vormittags bis nachmittags anzutreffen. Hier können sich die Gäste auch mit Heißgetränken versorgen.
In Blumenthal sorgen überdies seit Anfang Dezember zwei Unterkünfte mit insgesamt 36 Plätzen dafür, dass Obdachlose nicht auf der Straße leben müssen. „Es ist wichtig, dass wir diese Option haben, damit die Menschen im Warmen sein können. Die Plätze werden gut angenommen“, sagt Blumenthals Ortsamtsleiter Oliver Fröhlich. Diese Unterbringungsmöglichkeit sei als Übergangslösung gedacht. Wünschenswert sei der Bezug einer Wohnung.
Die Projekte sind auf Spenden angewiesen. Wer etwas für die Menschen in den Unterkünften spenden möchte, so der Ortsamtsleiter, kann sich unter der Telefonnummer 0421/361 7424 im Ortsamt melden.