Vegesack. Die Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hat es jüngst verdeutlicht: Im Katastrophenfall ist eine reibungslose Kommunikation unter den Helfern immens wichtig. Unterstützt werden können Feuerwehr, Polizei, Technisches Hilfswerk und weitere Einsatzkräfte im Notfall von Funkamateuren. Sie haben den Vorteil, dass ihr Funk eine große Reichweite hat. Die Funkamateure vom Vegesacker Ortsverband des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC) bauen unter anderem deshalb derzeit ihre Relais-Anlage auf dem Dach eines Hauses in der Vegesacker Fußgängerzone aus.
Wer die zahlreichen Stufen bis ganz nach oben steigen will, braucht Kondition. Die Mitglieder des DARC müssen eine ganze Reihe von Treppen bewältigen, um die Anlage zu erreichen. Auch das ist ein Grund dafür, dass die Nordbremer Mitglieder des DARC die Relais-Funkstelle in den vergangenen Monaten digitalisiert haben. Zu dem ursprünglichen Repeater, der bereits in den 1970er-Jahren auf dem Dach installiert wurde, sind weitere Funkrelais gekommen. Nun kann die Anlage auch von einem Smartphone, einem Tablet oder PC aus gesteuert und überprüft werden. Der anstrengende Aufstieg ist dafür nicht mehr unbedingt nötig.
Neben der Modernisierung ist ein weiteres Ziel, die Funkstelle vom Stromnetz unabhängig zu machen. Zumindest vorübergehend soll die Anlage auch dann funktionieren, wenn der Strom einmal ausfällt. "Dafür werden wir einen Akku installieren, der einspringt, wenn es keinen Strom gibt", erläutert Jens Knorr, Vorsitzender des Deutschen Amateur-Radio-Clubs, Ortsverband Vegesack. Auch drei zusätzliche Antennen haben die Funkamateure bereits installiert, demnächst soll ein drittes Relais eingebaut werden. "Dann können im arbeitsintensiven Fall alle drei Relais unabhängig voneinander arbeiten."
Die Nordbremer Funkamateure sind für die Unterstützung der Bremer Einsatzkräfte also gut gerüstet. In Anspruch genommen wird das Hilfsangebot laut Knorr bisher allerdings nicht. Der Vorsitzende bedauert das, vor allem vor dem Hintergrund, dass es in anderen Bundesländern sehr wohl Kooperationen mit Funkamateuren gibt. "Wir werben beim Katastrophenschutz für die Zusammenarbeit mit uns, aber leider stößt unser Angebot in Bremen nicht auf großes Interesse", sagt Jens Knorr.
Beirren lassen sich die Funkamateure von dem Desinteresse jedoch nicht. Einerseits ist ihre Begeisterung für die Technik viel zu groß. Andererseits kennen sie zahlreiche Beispiele, bei denen die herkömmliche Kommunikation schlichtweg versagt. Knorr, der das Amateurfunkrufzeichen DK2KL hat, beschreibt eine Situation zum Jahreswechsel, die vermutlich jeder schon einmal erlebt hat: "Nachrichten, die um Mitternacht per SMS oder per App verschickt werden, kommen mit großer Verzögerung an, weil das Netz schlichtweg überlastet ist." Auch Telefonate können zum Jahreswechsel häufig nicht geführt werden. Das Internet sei ebenfalls ziemlich fragil. "Wenn bei Bauarbeiten eine Leitung zerstört wird, sind die Anwohner häufig tagelang ohne Verbindung", sagt Knorr.
Weltweit große Gemeinschaft
Im Katastrophenfall sind Telefon, Internet und Funkverbindungen von Sicherheitsbehörden ebenfalls entsprechend anfällig. "Funkamateure können dagegen auch unter eingeschränkten Bedingungen Funkverbindungen aufbauen", betont der Vegesacker DARC-Vorsitzende. Rechtliche Grundlage für alle Funkamateure ist das Amateurfunkgesetz, erläutert er. Jeder Funkamateur muss zunächst eine Prüfung bei der Bundesnetzagentur ablegen, in der neben Gesetzeskunde auch Wissen zur sogenannten Betriebskunde und Elektronik abgefragt wird.
"Die Funkamateure sind weltweit eine große Gemeinschaft und es gibt die Verpflichtung keine politischen Aussagen zu tätigen. Nationalität, Religion, Beruf: Das spielt alles keine Rolle", betont Knorr. Wie schnell eine Verbindung selbst in weit entfernte Regionen aufgebaut werden kann, demonstriert Knorr auf dem Dach des Gebäudes schließlich mit seinem Handfunkgerät. Er spricht hinein: "CQ Deutschland" und tätigt damit einen allgemeinen Anruf. Tatsächlich reagiert nach kurzer Zeit ein Funkamateur – wie sich herausstellt ein Bekannter aus Sulingen, der gerade in Schweden unterwegs ist. Von ihm hört Knorr in dem kurzen Gespräch, was er soeben selbst festgestellt hat: An der Funk-Anlage gibt es gerade eine Störung. Da er gerade daneben steht, kann er das Problem direkt vor Ort beheben. Durch die Digitalisierung der Anlage wäre das jetzt auch aus der Ferne möglich.