Herr Patz, haben Sie in den elf Jahren Darts beim DC Vegesack schon eine ähnlich bedrohliche Situation wie in dieser Spielzeit erlebt?
Alexander Patz: Nein, so bedrohlich noch nicht. Das macht mir selber ein bisschen Angst, dass das jetzt alles so knapp ist. Diese Saison ist ganz schlimm, die letzte war ja auch nicht ganz so berauschend.
Wie lautet Ihre Erklärung für die so enttäuschende Saison?
Ich glaube, dass das daran liegt, dass wir über die Jahre immer oben dabei waren und uns zu sicher sind. Wir haben uns teilweise selber geschlagen. Jetzt müssen wir wirklich aufpassen. Teilweise haben wir auch das Problem mit dem Personalmangel und bekommen nur acht, neun Leute zusammengekratzt. Das erschwert alles ein bisschen.
Wie sieht der Fahrplan für die letzten beiden Spieltage in Wolfenbüttel und zu Hause im Blackout in Lilienthal aus – was muss vom DC Vegesack kommen, um in der 1. Bundesliga zu bleiben?
Wir müssen uns selber treu sein, an uns glauben als Einzelspieler sowie als Mannschaft. Ich weiß, dass wir eine Einheit sind und kenne das auch nicht anders. Deshalb liebe ich diesen Verein auch über alles. Wir müssen als Mannschaft auftreten und uns gegenseitig anfeuern. Ich glaube, vom Spielerischen können wir ganz oben mitspielen, das steht für mich außer Frage.
Es sind jetzt noch acht Punkte zu vergeben. Wie viele benötigt der DC Vegesack davon, um wirklich über dem Strich zu bleiben?
Wenn wir das selber in der Hand haben wollen, müssen wir mindestens sechs Punkte holen. Salzgitter ist ja nur einen Punkt hinter uns.
Angenommen, der DC Vegesack schafft den Klassenerhalt nicht. Wie geht es dann weiter?
Dann wird sich zusammengesetzt, darüber gesprochen und dann muss man mal gucken. Dazu kann ich jetzt noch nichts Konkretes sagen. Darüber hat sich noch keiner so wirklich Gedanken gemacht. Keiner denkt und glaubt daran, dass das passieren wird. Ich habe das Gefühl, das wird ein bisschen verdrängt.
Haben sie sich darüber Gedanken gemacht, ob Sie in der 2. Liga spielen würden?
Ich habe mir noch gar keine Gedanken gemacht. So lange wir es selber in der Hand haben, glaube ich an uns.
Während es für das Team sehr bescheiden läuft, sieht es bei Ihnen völlig gegensätzlich aus. Wie erklären Sie Ihre imponierende 11:0-Einzelbilanz?
Ich fühle mich momentan total wohl beim Darten. Ich habe ein bisschen was bei mir selber geändert, beim Wurfstil zum Beispiel. Ich habe momentan einen Touch, es läuft einfach. Ich fühle mich sicher und siegessicher bei den Spielen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich verlieren könnte. Dazu muss ich sagen, dass ich ein trainingsfauler Mensch bin und meistens nur bei den Bundesliga-Spielen spiele. Ich muss aber auch zeitlich durch Beruf und Familie kürzertreten.
Was ist am Board generell Ihre größte Stärke, wo ist noch Luft nach oben?
Meine größte Stärke ist auf jeden Fall das Scoring. Da bin ich bockstark. Die Doppel lassen mich ab und zu mal im Stich, das könnte man durch Training natürlich kompensieren oder verbessern.
Welches war Ihr bislang schönstes Erlebnis in Ihrer Dartskarriere?
Das war, als wir 2015 in Walldorf zum ersten Mal mit mir Deutscher Meister mit dem DC Vegesack geworden sind. Und die Two-Person-DM, die ich davor mit Lars Erkelenz gewonnen habe, war auch toll.
Im Gegensatz zu dieser Spielzeit, haben sie in den Vorjahren eher wenige Bundesliga-Partien bestritten. Woran lag das?
Die beiden Jahre davor musste ich oft aussetzen, weil ich meinen Meister mache. Deshalb musste ich die Mannschaft etwas vernachlässigen. Leider. Und mein Sohn, der Sonntag zwei wird, hat da natürlich auch noch eine Rolle gespielt.
Können Sie sich daran erinnern, wann und bei welcher Gelegenheit Sie das erste Mal Darts in der Hand gehabt haben?
Sehr gut sogar. Das war damals, als ich vor 15 Jahren angefangen habe. Eine Freundin hatte mich mal ins "Go Champion" mitgenommen und mir gesagt, dass dort Darts gespielt wird. Sie hat mich in die Szene mitgenommen. Ich weiß gar nicht, ob ich sonst da gelandet wäre, wo ich jetzt bin. Dann fing das auch an mit Training, mit der Mannschaft und es ging peu à peu ein Stückchen weiter. Als 14-, 15-, 16-Jähriger habe ich allerdings immer schon die Darts-WM geguckt und mir danach auch jedes Mal ein Board gekauft. Aber ich habe es nie aufgehängt.
Welcher Spieler begeistert Sie heute auf der Tour am meisten?
Das ist wahrscheinlich so wie bei vielen. Aber ich verfolge momentan unheimlich gerne Luke Littler. Das ist momentan das Nonplusultra. Das ist für mich einfach nur eine Maschine. Der hat Darts in eine andere Dimension geführt. Da kommt aktuell für mich auch keiner heran, der das spielen kann. Ich bin sowie immer einer, der sich an den starken und besseren Spielern orientiert. Sonst war es immer Taylor, jetzt ist es eben Littler.
Ich erinnere mich daran, dass Ihr Teamchef Detlef Dolinski vor einigen Jahren zu mir gesagt hat, dass Sie noch viel mehr erreichen könnten, wenn Sie regelmäßig trainieren würden. Sehen Sie das auch so, haben Sie eventuell Pläne diesbezüglich?
Ich merke an meinem Wurfstil und an meiner Sicherheit, dass auf jeden Fall noch Luft nach oben ist. Ich trainiere wirklich gar nicht bis wenig und merke, dass das trotzdem schon gutes Dartsspiel ist, was ich da abliefere. Und ich habe immer gesagt: Wenn ich mit meinem Meister fertig bin, will ich noch einmal irgendwas in die Richtung Tour Card Qualifier oder Super League versuchen. Dazu muss ich sagen, dass meine Frau voll dahinter steht. Das ist ja auch immer wichtig. Ich habe da Freiheiten, kann alles machen. Das tut mir auch gut. Sie sagt immer zu mir: spiel mehr, trainier mehr. Guck mal, wo der Weg hingeht.
Das Gespräch führte Jens Pillnick