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Der Vegesacker Fotograf Günter Franz hält Schiffe und maritime Landschaften fest / Als Sachverständiger für Gerichte gefragt Der Blick eines reinen Küstenmenschen

Günter Franz hat als Fotograf noch die ganz klassische Ausbildung genossen. Erst drei Jahre Lehre, dann kam das Fotostudium in Hamburg. Und selbst Jahrzehnte später sagt der Vegesacker Profifotograf, dass er sich im nächsten Leben wieder für den Beruf entscheiden würde, bei dem man ein besonderes Auge für Menschen, Landschaften und Situationen haben muss.
29.07.2013, 05:00 Uhr
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Von Volker Kölling

Günter Franz hat als Fotograf noch die ganz klassische Ausbildung genossen. Erst drei Jahre Lehre, dann kam das Fotostudium in Hamburg. Und selbst Jahrzehnte später sagt der Vegesacker Profifotograf, dass er sich im nächsten Leben wieder für den Beruf entscheiden würde, bei dem man ein besonderes Auge für Menschen, Landschaften und Situationen haben muss.

Vegesack. Beim Ortstermin an der Walfluke hat der 66-Jährige seine Leica M so selbstverständlich dabei, als sei sie ein Teil von ihm: "Das ist nach meiner Erfahrung das beste System, dass es gibt. Andere mögen da anderer Meinung sein, das akzeptiere ich auch." Die Kogge fährt vorbei. Im Handumdrehen hat Franz ein paar Fotos fabriziert – mit dem grünen Ufer dahinter, nicht mit den Werfthallen oder dem Fähranleger. Maritime Objekte, das Wasser und die Menschen hier sind seine Leidenschaft. Günter Franz ist von Kopf bis Fuß ein Küstenmensch: "Wenn ich irgendwo über zwanzig Meter hoch bin, fühle ich mich schon unbehaglich."

Nach langen Jahren als angestellter Industriefotograf für ein großes Bremer Unternehmen startete Günter Franz am 1. Oktober 1986 in die Selbstständigkeit. Das ist 27 Bücher und viele zehntausend Fotos her: "Der erste Buchauftrag hatte schon das Thema Bremen-Nord. Und da saßen wir dann vor diesen Mengen von Dias und hatten die Qual der Wahl." Auswahl bedeutet immer auch Verzicht auf andere fast gleich gute Schüsse. Viele Bücher hat er zusammen mit dem Vegesacker Journalisten Ulf Buschmann produziert.

Das Geld zum Leben kommt allerdings eher aus seiner Arbeit für zwei große Bildarchive, die seine Fotografien inzwischen online vermarkten: "Erfolgreich ist man dann, wenn die Summe der verkauften Bilder stimmt," hat er dabei gelernt. Die Branche hat sich seit seinen Tagen in der Foto-AG der Schule komplett verändert. Als Industriefotograf hatte Günter Franz noch eine eigene Dunkelkammer für Schwarz-weiß-Fotografien zu Hause. Insgesamt 19 Ausstellungen im In- und Ausland hatte Franz damals. Er wurde berufenes Mitglied der "Deutschen Gesellschaft für Photografie" , was er heute noch persönlich wie einen Ritterschlag für seine Profession empfindet. Dazu kam schon 1978 seine Arbeit als Sachverständiger für Fotografie, die er bis heute ausübt. Er entscheidet vor Gericht mit seiner Expertise in Urheberrechtsfragen, ob ein Bild einen künstlerischen Wert hat oder nur dokumentiert.

Tagelange Motivsuche

Der Mann weiß, wovon er spricht beim Unterschied zwischen Kunst und Knips: Anfang August startet sein nächstes Projekt zum Stettiner Haff. Mit dem Wohnmobil geht es nach Ueckermünde und von dort aus zur Motivsuche tagelang durch die Landschaft: "Die Vorbereitung nimmt immer sehr viel Zeit in Anspruch. Erst danach gehe ich raus und fotografiere, und dann lasse ich mich natürlich auch treiben." Ein weiterer Anspruch des Reise- und Botanikfotografen Franz ist es, eine Landschaft möglichst in allen Jahreszeiten festzuhalten, um ein komplette Bild von ihr zu vermitteln: "Im Winter werde ich mich im Haff dann aber zu einem Ranger ins Auto setzen. So hart bin ich nicht, dass ich dann Rad fahren muss."

Zig Fotostudienreisen hat er geleitet, etwa auch für die Bremer Volkshochschule. Franz war mit Schülern in Venedig, auf Kuba, in Marokko. "In Marokko sind die Menschen sauer, wenn Du sie fotografierst. Auf Kuba sind sie sauer, wenn Du sie nicht fotografierst," hat er dabei gelernt. Alleine ist er drei Wochen durch Havanna gezogen mit nichts als zwei Kameras und zwei Objektiven, einem Tabakbeutel, einem Stopfer und zwei Pfeifen und einem Geldbeutel dabei: "Ich kann dann vollkommen in so einer Situation versinken. Aufgewacht bin ich allerdings einmal, weil mich ein dunkelhäutiger Mann in perfektem Sächsisch ansprach. Es stellte sich heraus, dass er in Eisenhüttenstadt zu DDR-Zeiten Maschinenbau studiert hatte."

Immer geht es Franz darum, eine entspannte Atmosphäre für seine Arbeit zu schaffen, sobald er mit Menschen zu tun hat. Porträtfotografie macht er grundsätzlich nur bei seinen Auftraggebern zu Hause, weil die Leute sich dann wohler fühlen. Kunstlicht vermeidet er: "Ein Porträt ist etwas ganz anderes als ein Passbild. Das sollte schon die Eigenarten des Menschen zeigen." Eine Gratwanderung, denn immer soll das Bild natürlich auch dem Kunden oder der Kundin gefallen.

Das ist natürlich grundsätzlich so. Und immer muss es schnell gehen. Analoge Fotografie mit dem Film in der Kamera hat aus Franz’ Sicht zu Recht noch einen Liebhaberkreis, aber meist werde eben am Tag bestellt und die Lieferung einer Fotoserie am Tag danach erwartet: "Da fasse ich doch keine Filme mehr an." Zwei Bremerhavener Windkraftunternehmen gehören zu seinen festen Kunden. Die Aufträge sind dann fest umrissen: Fotografiere den neuen Tripoden für eine Windkraftanlage. In der Regel liefert Franz eine Serie von fünf bis zehn unterschiedlichen Perspektiven zur Auswahl ab. "Was dann am Ende ein gutes Foto ist, entscheide nicht ich, sondern der Kunde." Günter Franz akzeptiert, dass dann andere über seine Arbeit entscheiden.

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