Vielfarbige Scheiben, die wirken wie Gemälde, die durch hindurchscheinendes Tageslicht zum Leben erwachen: Wer sich schon mal in den kunstvoll gestalteten Fenstern einer Kirche verloren hat, kann nachvollziehen, warum die alte Technik der Bleiverglasung bis heute lebendig ist. Dabei ist die Arbeit, die zum Bereich der Kunstverglasung gehört, sehr anspruchsvoll und benötigt neben handwerklichem Geschick auch ein gewisses Gefühl für Material, Proportionen und Farben. Eingesetzt in Kathedralen und Schlössern nehmen die Werke zum Teil gigantische Ausmaße an. In kleinerem Format kommen sie als dekoratives Element in Zimmertüren oder Wohnungsfenstern vor. Auch wenn der Stil aktuell nicht mehr so gefragt ist, gehört die Technik weiterhin zum verpflichtenden Lehrstoff für Auszubildende des Glaserhandwerks. Mehr noch: Bleiverglasungen sind ein beliebtes Gesellenstück. Das berichtet Tim Kropp von der Fähr-Lobbendorfer Glaserei Kropp & Sohn.

Dieses Schild aus mit Blei eingefasstem Glas ziert den Firmensitz.
„Schon mein Urgroßvater hat Bleiverglasungen angefertigt und repariert“, so der Glasermeister. „Leider werden solche Arbeiten nicht mehr oft angefragt und Vorhandenes wird meistens ausgetauscht“, so Tim Kropp, der die familieneigene Kunst-, Bau- und Industrieglaserei in vierter Generation leitet. Dadurch, dass sich Werkstatt und Wohnhaus im gleichen Gebäude befinden, war Kropp von Jugend an nah dran am Geschehen. So hat er die Entwicklungen im Verglasungsbereich hautnah miterlebt. „Neben Kirchen wurden früher oft Innentüren mit Bleiverglasungen ausgestattet. In den 80ern galt es fast als Statussymbol so etwas zu Hause zu haben“, erinnert sich Kropp. Er würde gerne mal wieder eine solche Arbeit ausführen, doch fehlt dazu schon länger die Gelegenheit. „Die jungen Leute heute mögen den Stil nicht mehr und Reparaturen sind verhältnismäßig teuer“, berichtet er. Der Preis bedinge sich aus dem hohen Arbeitsaufwand. „Die Glaselemente sind mundgeblasen, werden händisch zugeschnitten und zusammengefügt“, erklärt Tim Kropp. Deshalb rät er seinen Kunden oft, gut erhaltene Bleiverglasungen zu behalten. „Da wurde mal viel Geld und Zeit rein investiert. Es ist also immer eine Überlegung wert, so etwas als Erinnerungsstück zu erhalten“.
Reine Handarbeit
Bei einer Bleiverglasung handelt es sich um reine Handarbeit. Dadurch unterscheidet sich das Verfahren von modernen Herstellungsmethoden, bei denen viel Technik im Spiel ist. Bei der Erarbeitung eines Bleiglasobjekts ist realistisches Planen gefragt. Die Ausführung trainiert den Umgang mit den unterschiedlichen Schneid- und Fügewerkzeugen ebenso wie die handwerkliche Präzision. Außerdem macht die Arbeit erfahrbar, wie sich die Materialien innerhalb der Verarbeitungsschritte und zueinander verhalten. Damit eignet sich die Technik gut, um die grundlegenden Fähigkeiten des Glaserhandwerks einzuüben. Tim Kropp, der kontinuierlich neue Glasergesellen ausbildet, erlebt, wie seine Azubis dabei auf die immer gleichen Herausforderungen treffen. „Sehr enge Kurven beispielsweise sehen auf dem Papier gut aus, lassen sich beim Schneiden und Löten aber nur schwer sauber umsetzen“, nennt der Glasermeister ein Beispiel. Somit lehrt die Herstellung einer Bleiverglasung auch, die eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen.

Bei der Herstellung eines Bleiglasobjektes trainieren die Auszubildenden den Umgang mit den unterschiedlichen Schneid- und Fügewerkzeugen.
Nach dem Berufseinstieg als vollwertiger Geselle kommen jedoch nur noch die wenigsten dazu, die Technik einzusetzen. Stattdessen liegt der Fokus auf dem Einbau moderner energiesparendender Fenster und Glasreparaturen. Bei der Glaserei Kropp & Sohn wird der Aufgabenbereich um die Planung und Installation von individuellen Duschkabinen, Spiegeln und Küchenrückwänden aus Glas sowie von Glasgeländern, Haustürvordächern und mehr ergänzt. Für Restaurationsarbeiten an Kirchenfenstern sowie Neuanfertigungen gibt es laut Kropp inzwischen Handwerksbetriebe, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben. Doch auch in seinem Unternehmen trifft hin und wieder eine entsprechende Anfrage ein. So kümmerte sich das Team um die Instandsetzung einer Bleiverglasung an der Böttcherstraße. Die Scheiben des Hauses St. Petrus, in dem sich heute die Gastronomie Ständige Vertretung befindet, wurden ausgebaut und aufgearbeitet. Kaputte Teile wurden ersetzt, das Ganze neu aufgebleit und schließlich hinter Sicherheitsglas gesetzt. So ist sichergestellt, dass die Handwerksarbeit über viele weitere Jahre erhalten bleibt.