Es gibt Leute, die sagen, dass Dieter Meyer-Richartz quasi der Erfinder der Maritimen Meile ist. Er hat die Strecke am Vegesacker Weserufer vermessen. 1986 war das. Meyer-Richartz ging mit einem Meterzähler vom Podest des Lesum-Anlegers zum Schulschiff, vom Schiff zur Hafenbrücke, von der Brücke zur Hafenkneipe Grauer Esel, vom Grauen Esel zum Utkiek... bis er schließlich beim früheren Gelände der Bremer Bootsbau GmbH ankam. Der Zähler zeigte 1852 Meter an. Was einer Seemeile entspricht.
Seither, sagt Meyer-Richartz – und sagen auch andere – haben immer mehr Menschen von der Maritimen Meile statt vom Vegesacker Weserufer gesprochen: Stadtplaner, Wirtschaftsförderer, Ortsamtsleiter, Tourismuschefs, Politiker. Meyer-Richartz war nichts von alledem. Er fuhr zur See, arbeitete lange Zeit in Hamburg, um später wieder nach Vegesack, wo er aufgewachsen ist, zurückzukehren. Er kennt deshalb die Meile, wie sie früher war. Und er weiß, wie sie heute ist. Er ist fast täglich dort. Meyer-Richartz gehört zu den Mitgliedern des MTV Nautilus, die Vegesack-Besuchern die Signalstation erklären.
Auch sie heißt inzwischen anders: Weil Schiffen nicht mehr angezeigt werden muss, wie tief beziehungsweise hoch das Wasser der Weser steht, hat man aus ihr eine Gezeitenstation gemacht. Meyer-Richartz informiert über die Gravitation von Mond und Sonne, über Ebbe und Flut, über Navigation per Seezeichen und Radar. Und immer wieder auch über die Meile selbst und was wann war: etwa der Bau der Uferpromenade 1923 und die Gründung des Stadtgartenvereins sieben Jahre später. Meyer-Richartz weiß noch, dass es am Ufer einen Badestrand gab und im Stadtgarten getanzt und Kaffee serviert wurde.
So lang wie heute war die Promenade damals nicht. In den 70er-Jahren kam ein Abschnitt hinzu, der zuvor zur Vulkan-Werft gehörte. Auch die Signalstation war nicht immer dort, wo sie jetzt ist. Bis 1952 stand sie am Hafen, der so alt ist wie kein anderer künstlich angelegter Anlegeplatz in Deutschland: fast 400 Jahre. Auch eine Hafenbrücke gab es früh. Erst eine aus Holz, dann eine aus Stahl. Die jetzige Brücke kam 1999. Sie war ein Millionenvorhaben zur Weltausstellung – und, soweit sich Meyer-Richartz erinnert, das einzige Expo-Projekt für die Meile.