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Vegesacker Fotogruppe Blendwerk’01 Die Stille mit der Kamera festgehalten

Sechs Nordbremer Hobby-Fotografen haben das Thema „Stille“ auf ganz unterschiedliche Weise interpretiert und mit der Kamera festgehalten. Aktuell stellen sie die Ergebnisse im Vegesacker Kito aus.
12.02.2020, 17:05 Uhr
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Von Jörn Hildebrandt

Vegesack. „Stille entfaltet sich“, sagt Katja Pourshirazi, Leiterin des Overbeck-Museums, „und Stille ist nicht nur die Abwesenheit von Klang.“ Die Vernissage im Kito zur Jahresausstellung der Vegesacker Fotogruppe Blendwerk’01 unter dem Titel „Zauber der Stille“ bot den Gästen Gelegenheit über das Wesen der Stille nachzudenken.

Sechs Hobby-Fotografen bilden die Gruppe Blendwerk’01. Jeder hat Fotos für die Jahresausstellung ausgewählt, die nun im Vegesacker Kito gezeigt wird. Zuvor haben sich alle auf unterschiedliche Weise mit Stille befasst. „Das ist ein Thema, das bei uns jahrelang unter den Tisch gefallen ist“, sagt Meinhard Jantz-Kondering von der Fotogruppe. Die 2001 gegründete Amateurgruppe fotografierte anfänglich noch vor allem analog in Schwarz-Weiß, hat sich inzwischen aber auch der farbigen Digitalfotografie zugewandt. Ihre jährlichen Ausstellungen stellte sie zunächst im Bürgerhaus Vegesack aus, seit 2012 zeigen die Mitglieder von Blendwerk’01 ihre Fotos regelmäßig im Kito.

In den Fotos von Peter Kehl entsteht Stille, wenn Objekte vor tiefschwarzem Hintergrund in rot-goldenem Licht erscheinen, geheimnisvoll beleuchtet von nur einer kleinen Lichtquelle. In den Bildern von Michael Jacoby herrscht sogar dort Stille, wo man sie eigentlich nicht erwartet: vor Hochhäusern oder einem Hafen. Die Abenddämmerung legt auch über diese geschäftigen Standorte eine Atmosphäre tiefer Ruhe.

Fotograf Meinhard Jantz-Kondering sagt: „Ich suche Situationen, um Stille zu fühlen. Und wenn mich ein gewisser Zauber umfängt, spüre ich ihm mit der Kamera nach.“ Für seine Fotos mit untergehender Sonne hinter weiten Wasserflächen, mit zauberhaft zart rotem Himmel oder einem Kirchenfenster, das Grün von draußen hindurch schimmern lässt, hat er lange Belichtungszeiten verwendet. So nimmt sich Jantz-Kondering für seine Bilder viel Zeit: „Ich drücke erst auf den Auslöser, wenn ich selbst zur Ruhe gekommen bin.“

„Der Zauber der Stille berührt die Grenzen und das Wesen der Fotografie“, sagt Thomas Pörschke, Vorsitzender des Vereins Kito – Altes Packhaus Vegesack, während der Vernissage. Zu Beginn der Fotografie-Geschichte seien noch Stillstand und Starre der abgelichteten Personen notwendig gewesen, damit die Bilder nicht verwackelten. „Heute hat sich das gewandelt: Die Fotografie bildet inzwischen den Flügel eines fliegenden Vogels oder einer sich brechenden Welle am Strand scharf ab. Doch kann ein Foto überhaupt Stille festhalten?“ fragt Pörschke und antwortet mit einem gedehnten Jein: Das Bild lebe letztlich von einem Wechselspiel mit dem Betrachter, in dessen Innern Stille entstehen müsse.

Wenig später herrscht im Ausstellungsraum tatsächlich fast völlige Stille. Denn Ute Schmidt-Theilmann, Pastorin in der Lesumer St.-Martini-Gemeinde, hat drei Mal eine Klangschale angeschlagen und das Publikum aufgefordert, für zwei Minuten völlig still zu sein. „Wen die Stille wirklich erfasst, wird von etwas ergriffen, was Verstand und Sinne nicht begreifen können“, sagt die Pastorin. Doch diese Erfahrung halte meist nicht lange an – schnell werden wir wieder von der Alltagsroutine mit ihren Sortierungen und Bewertungen gepackt. „Deshalb machen sich viele zum Beispiel auf den Pilgerweg nach Santiago de Compostela oder praktizieren Stille-Übungen“, sagt Ute Schmidt-Theilmann.

Doch schließlich kann der Besucher Stille auch durch die Fotografien erfahren. Sie erscheint hier in vielfältigen Stimmungen: Bei Meinhard Jantz-Kondering abends am Meer, mit den wehenden Schatten an einer Wand oder Birkenstämmen, die dicht an dicht stehen. Fotograf Klaus Baete findet den Zauber der Stille in der Natur, indem, wie er sagt, Licht, Stimmung und Umgebung auf ihn wirken, und er möchte, dass er durch die Bilder ein wenig davon weitergeben kann. Jürgen Beuren findet ein andere Art von Stille in Porträts von Menschen, die ihre Augen geschlossen halten und große innere Ruhe ausstrahlen. Ob Landschaft, Stillleben, Situationen oder Menschen: Die meisterhaften, oft an Gemälde erinnernden Fotografien der Gruppe laden zu einer kleinen Reise in die Stille ein, die auf vielfältige Art erfahrbar ist.

Info

Zur Sache

Fotografengespräche

Die Ausstellung „Blendwerk’01 – Zauber der Stille“ ist noch bis Sonntag, 19. April, im Kito, Alte Hafenstraße 30, zu sehen. An den Sonntagen 2. März, 22. März und 5. April, jeweils um 11 Uhr, stehen die Fotografen zu Gesprächen bereit. Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet fünf Euro, ermäßigt vier Euro.

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