Schönebeck. Dass in Gemälden weit mehr Ausdruck und Gehalt stecken kann als in Fotografien, zeigen die Tierbilder von Hjördis Tomalik. Starke, mit Schwung aufgetragene Pinselstriche geben die ganze Kraft, Eleganz und Wildheit von Tieren wieder. Sie zeigen schwarze Panther, weiße Polarwölfe, den seltenen Sumatra-Tiger und den mächtigen Orca, der mit einem Sprung aus dem Wasser auftaucht und weiße Gicht versprüht. Großformatige Bilder von wilden Tieren, gemalt mit variablen, aber immer kräftigen Pinselstrichen, zeigt die Ausstellung von Hjördis Tomalik im Heimatmuseum Schönebecker Schloss.
„Ich habe mir das Malen selbst beigebracht“, sagt die studierte Psychologin, die in Delmenhorst lebt, wo sie 1972 geboren wurde. „Nach einer Schmerztherapie hatte ich plötzlich viel Zeit und begann mit der Ölmalerei.“ Angesichts der nur langsam trocknenden Ölfarben sitzt sie durchaus mehrere Monate an einem Bild, „denn ich arbeite Schicht auf Schicht und muss warten, bis die untere getrocknet ist“. Durch diese aufwendige Malarbeit gelingt es ihr zum Beispiel, die Struktur eines Rothirschfells mit seinen komplexen, einander durchdringenden Farbfäden und dem Spiel der Schattierungen präzise wiederzugeben.
Zwar malt sie ihre Bilder nach Fotovorlagen und nicht vis-à-vis dem lebendigen Tier, doch das spezifische Wesen von Geparden, Pferden oder Bären kommt in ihrer „Kunst des Weglassens“ dennoch zum Ausdruck. Hjördis Tomalik erfasst präzise die Stofflichkeit, die Gestalt und die Lebendigkeit der Tiere.
Blick in die Seele der Tiere
Das kann nur gelingen, wenn die Künstlerin in die Seele der Porträtierten hinein schlüpft: „Mir geht es darum, die Schönheit und Reinheit der Tiere zu zeigen, die vom Menschen oft rücksichtslos zerstört und zurückgedrängt werden. Da ist durchaus eine Parallele zu meiner Kindheit, in der auch ich oft Rücksichtslosigkeit erfuhr“, sagt sie.
In gewisser Weise habe sie sich von der Welt der Menschen ab- und der Tierwelt zugewandt, bekennt die Künstlerin. „Die Natur hat mir immer viel gegeben“, sagt sie, „und vor wilden Tieren habe ich keine Angst, ich schätze ihre Kraft“.
Ursprünglich wurde Hjördis Tomalik von den Tierbildern des expressionistischen Malers Franz Marc inspiriert, die sie zunächst kopierte. Doch seit 2015 malt sie eigenständige Bilder in Kompositionen und angeregt von Fotos, die sie in Büchern, wie denen des Tierfilmers Heinz Sielmann oder auch in Fotobörsen im Internet findet. In ihrer kleinen Dachwohnung hat sie ihr halbes Wohnzimmer inzwischen in ein Atelier verwandelt.
Schon bei den Vorzeichnungen verwendet sie ausschließlich Ölfarben, die sie mit Balsam-Terpentinöl verdünnt, um falsche Linien korrigieren zu können. So entsteht eine farbige Grundlage, auf der sie Schicht auf Schicht übereinander aufträgt. „Man muss schon viel Geduld aufbringen, weil die Farben so langsam trocknen, doch dafür sind die Ölfarben bester Qualität auch elastisch, und später entstehen keine Risse im Bild“, sagt die Malerin.
„Ich möchte die Seele der Tiere darstellen, ihre Spiritualität und Schönheit“, lautet ihr hoher Anspruch. Sie träumt davon, einmal den großen Durchbruch als Malerin zu schaffen. „Jedenfalls haben mir professionelle Künstler gesagt, dass meine Bilder etwas taugen“, sagt Hjördis Tomalik.
Zu ihrer technischen Fertigkeit kommt ihre Fähigkeit, die Schwingungen eines Tieres feinfühlig wahrzunehmen. Besonders eindrucksvoll zeigt sich dies im großen Bild einer Tigerfamilie, in dem Eltern und Jungtiere eng aneinander gerückt sind – intime Nähe, Wildheit und Geschmeidigkeit kommen in ihrer konzentrierten Sicht auf das Leben wilder Tiere zusammen.
Tierwelten im Schloss
Werkschau in Schönebeck: Die Ausstellung „Tierwelten – Die Schönheit wilder Tiere“ von Hjördis Tomalik ist bis Sonntag, 15. September, im Heimatmuseum Schloss Schönebeck, Im Dorfe 3-5, zu sehen. Die Öffnungszeiten sind Dienstag, Mittwoch und Sonnabend, jeweils von 15 bis 17 Uhr, sowie am Sonntag von 10.30 bis 17 Uhr.