Jahrzehntelang lag die „Wietze“ auf dem Trockenen – jetzt hat sie ein Schwimmkran wieder ins Wasser gehievt. Der verrostete Heringslogger ist verkauft. Ein skandinavischer Unternehmer hat das marode Schiff übernommen. Er will versuchen, was in Vegesack nie gelungen ist: die „Wietze“ zu restaurieren. Der Logger wird jetzt dorthin gebracht, von wo die BV2-Betreibergesellschaft des Vereins MTV Nautilus ihn 1999 geholt hat: nach Schweden. Wie viel der Käufer bezahlt hat, lässt die Wirtschaftsförderung offen. Der reine Schrottpreis des Schiffes wurde von ihr vor Jahren auf 15 000 Euro geschätzt.
Eigentlich wollte die Wirtschaftsförderung den Logger längst verkauft haben. Im Sommer vergangenen Jahren sollte er versteigert werden. Der Termin verstrich jedoch ergebnislos: Es gab keine Bieter – bis der skandinavische Unternehmer auftrat. Andrea Bischoff sagt, dass mit ihm seit November verhandelt wurde. Für die Sprecherin der Wirtschaftsförderung ist der schwedische Käufer ein Glücksfall, weil er will, was Bremen immer wollte: das Traditionsschiff sanieren und wieder fahrtüchtig machen. Die „Wietze“, einer der letzten Stahlsegellogger, war 1902 auf der Vulkan-Werft gebaut worden.
Der Käufer hat an dem Schiff bereits mehr gemacht, als die Bremer Bootsbau Vegesack GmbH machen sollte: Er ließ den Rumpf abdichten und ein provisorisches Führerhaus aufs Deck montieren. Norbert Lange-Kroning hat die Arbeiten auf dem früheren Bootsbau-Gelände am Vegesacker Weserufer verfolgt. Der Funktionär des MTV Nautilus geht davon aus, dass die „Wietze“ von einem Schlepper längsseits genommen wird, um sie nach Schweden zu bringen. Nach Vegesack kam der Logger anders – an Bord eines Küstenmotorschiffes. Erst sollte er zerschnitten und per Laster transportiert werden.
Wrack im Wasser
Damals war der Heringslogger in einem noch schlechteren Zustand als heute. Als die BV2-Betreibergesellschaft ihn ausfindet gemacht hatte, lag er halb überflutet an einem Ufer in der schwedischen Kleinstadt Hudiksvall. Lange-Kroning weiß noch, wie schwer es war, das Wrack aus dem Wasser zu heben – „mehrere Kräne waren notwendig“ – und wie viel der Transport nach Vegesack am Ende gekostet hat – „100 000 Mark“. Ursprünglich hatte die Betreibergesellschaft mit halb so viel Geld gerechnet, doch: „Ein voll gelaufenes Schiff“, sagt Lange-Kroning, „lässt sich nun mal nicht so einfach bergen.“
Die 100 000 Mark hat die Gesellschaft des Vereins längst abgeschrieben: Was mal geplant war, wurde nie von der Bremer Bootsbau Vegesack GmbH umgesetzt. Erst sollte der Beschäftigungsträger die „Wietze“ fahrtüchtig, dann nur schwimmfähig machen – und schließlich bloß noch als Kulturdenkmal herrichten, das an Land aufgebockt wird. Doch auch wenn die Zielvorgaben immer kleiner wurden, blieb der Heringslogger ein Wrack. Dabei hatte die Deputation ein Jahr nachdem das Schiff wieder in Vegesack war rund zehn Millionen Mark für den Träger und die Restaurierung bewilligt.
Warum der Logger nie fertig wurde, wissen auch Politiker nicht, die das Projekt „Wietze“ von Anfang an verfolgt haben. Zum Beispiel Rainer W. Buchholz von der FDP. Bereits 2007 hatte er den Senat gefragt, was denn nun mit dem Schiff ist und wie viel Geld in dessen Sanierung investiert wurde, aber nach seinen Worten keine klare Antwort bekommen. Wenige Jahre später beschäftigte die Fraktionen etwas anderes: die Insolvenz des Beschäftigungsträgers. 2012 war auf dem Gelände am Vegesacker Weserufer für die Frauen und Männer, die für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden sollten, endgültig Schluss.
Ausverkauf in den Schiffsbauhallen
Noch im selben Jahr begann der Ausverkauf auf dem Bootsbau-Gelände. Das komplette Inventar des Beschäftigungsträger wurde zwangsversteigert: Schweißtische kamen unter den Hammer, Hobelbänke, Schmiedewerkzeuge. Die Liste der Objekte war so lang, dass der Auktionator an machen Tagen 900 Positionen anpries – und mehrere Tage brauchte, bis die Schiffsbauhallen leer waren. Auch Boote wurden angeboten. Nur die „Wietze“ nicht. Sie war aus der Insolvenzmasse herausgenommen worden. Bremen wollte sie behalten. Genauso wie den Aussichtsturm, den Lehrpfad, den Ponton.
Mittlerweile gehören allerdings auch sie zu einer Verkaufsmasse. Die Lürssen-Gruppe will die Gewerbebrache am Weserufer wieder zu einer Gewerbefläche für den Schiffsbau machen. Seit drei Jahren verhandelt sie inzwischen mit der Wirtschaftsförderung.