Bremen-Nord. In vielen Bundesländern ist es bereits passiert, jetzt ist auch Bremen und das niedersächsische Umland an der Reihe: Analoges Kabelfernsehen und Radio stehen vor dem Aus. In Zukunft können Kabelkunden beides nur noch digital empfangen. Das analoge Signal wird in der Nacht vom 6. auf den 7. August abgeschaltet. Besitzer alter Fernsehgeräte, die vor 2010 erworben worden und nicht für DVB-C ausgerüstet sind, sollten deshalb jetzt schnell handeln, denn sonst könnten sie das Nachsehen haben.
Viele Kabelkunden dürften von der technischen Umstellung nicht betroffen sein. "Wir nehmen an, dass 90 Prozent der Kabelkunden schon jetzt digital sehen und hören", sagt Heike Koring, Sprecherin von Vodafone Kabel Deutschland. "Ich glaube, dass die Dunkelziffer ein bisschen höher ist", meint dazu Frank Boyken, seit vier Jahrzehnten als Service-Dienstleister für TV- und Hi-Fi-Geräte in Bremen-Nord und dem Umland unterwegs. Allerdings: Aus Gesprächen mit Kunden, die nach der Info-Post von Vodafone bei ihm angerufen haben, weiß er, dass die meisten Fernsehbesitzer bereits digital schauen.
Viele Besitzer von älteren Flachbildschirmen könnten auch analog und digital empfangen, müssten nur eine kleine Umstellung vornehmen. "Aber die meisten wissen das gar nicht", sagt Boyken. "Ich glaube, 15 bis 20 Prozent der Kabelkunden besitzen noch ein analoges Zweitgerät", sagt Achim Schultze von Radio Schultze in Vegesack. "Die stehen meist im Gäste- oder Schlafzimmer."
Wie merkt man, dass man noch analog schaut? Frank Boyken hat einen simplen Tipp, um das zu überprüfen: "Wer mit seinem TV-Gerät ARD und ZDF in HD-Qualität empfangen kann, muss einen dunkle Mattscheibe nicht fürchten. Erkennbar ist dies am Sender-Logo." Wer außerdem ARD One, ZDF Neo oder Tagesschau 24 empfängt, kann sich ebenfalls entspannt zurücklehnen. Lohnenswert ist jedoch auch immer ein Blick in die Unterlagen für den Fernseher.
Besitzer eines alten Röhrengerätes oder eines Flachbildschirms, der nicht über DVB-C verfügt, müssen definitiv nachrüsten und sich auf den Weg zum Fachhandel machen. Dort gibt es die für das Kabelfernsehen erforderlichen DVB-C-Receiver, die mit dem TV-Gerät verbunden werden. Die Kosten liegen inklusive Anschlusskabel und Installation bei rund 100 Euro, erklärt Boyken. Die Alternative: Die Besitzer von Altgeräten schaffen sich gleich einen neuen Fernseher an. Die jüngste Generation hat einen digitalen Empfänger integriert. Der Besitzer kann wie gewohnt das Gerät mit einer Fernbedienung benutzen.
Die Umstellung von analog auf digital findet zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens statt. Zeitweise werden Kabelkunden von Vodafone über ihren Anschluss dann nicht fernsehen, telefonieren oder ins Internet gehen können. Während der Umstellung wird Vodafone auch die digitalen Sender und Internet-Frequenzen neu sortieren. "Viele Digital-Receiver und Kabel-Router führen die Umstellung ganz automatisch durch", sagt Unternehmenssprecherin Heike Koring. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Geräte in der Umstellungsnacht nicht vom Stromnetz getrennt werden.
Dass die Frequenzen während der Abschaltung der analogen Kanäle neu geordnet werden, könnte aber ein Problem sein. Noch kann niemand genau absehen, wie viele digitale Kanäle den Platz wechseln. Und wie groß der Aufwand nach der Umstellungsnacht sein wird, wenn das Gerät die digitalen Kanäle nicht von allein umstellt. Den Kabelkunden, bei deren Fernsehgerät nach der Umstellungsnacht nichts passiert ist, rät Heike Koring, einen Sendersuchlauf zu starten.
Verbraucher, die sich bereits einen Receiver zugelegt haben, sollten am Morgen des 7. August auch auf jeden Fall nachschauen, ob sich die Sendersortierung geändert hat. Sonst müsse auch dieser Kunde einen weiteren Sendersuchlauf starten, betont die Vodafone-Sprecherin. Dies gelte auch für die Kunden, die digital schauen und ein Sky-Abo besitzen. Auch dort könnte es zu einer Neuordnung kommen. Wer wissen möchte, welche Sender er ab dem 7. August mit seinem Gerät empfangen kann, dem rät Heike Koring einen Blick ins Internet. Unter www.vodafone.de und persönliche Sendersuche kann man seine Heimatadresse eingeben und erhält so eine Liste der künftig empfangbaren Sender.
Wer aus seinem Handbuch nicht schlau wird oder sich nicht traut, selbst einen Suchlauf zu starten, der sollte sich unbedingt an einen TV-Fachmann wenden. Achim Schultze hat schon hunderte Anrufe bekommen. "Die Kabelkunden sind verunsichert", meint er. Auf alle Fragen hat Achim Schulze allerdings auch nicht sofort eine Antwort. "Weil wir eben momentan nicht wissen, wie die Senderbelegung aussehen wird."
Schulze und Boyken raten allen betroffenen Kunden, nicht erst bis zum 7. August mit dem Receiver-Kauf zu warten. Es könnte passieren, dass sie einige Tage auf den Fernsehempfang verzichten müssten. "Die Digital-Signale sind ja bereits in der Steckdose", sagt Frank Boyken. Jeder Hausbesuch dauere mit Receiver-Anschluss und der Sendersuche eine gute Stunde. "Wir können nicht 100 Kunden am Tag bedienen, das dauert Tage", meint auch Achim Schultze.
Alternativen zum Kabelempfang
Empfang über eine Sat-Antenne: Hierfür fallen bis zum Jahr 2022 keine monatlichen Kosten an. Die öffentlich-rechtlichen Sender können fast alle in hochauflösender HD-Qualität empfangen werden, Privatsender wie RTL, Sat.1 oder Pro Sieben in digitaler Qualität. Wer HD-Qualität will, zahlt dafür 5,75 Euro im Monat.
Empfang über DVB-T2 mit einer Dach- Boden- oder Zimmerantenne: Auch bei diesem System werden die öffentlich-rechtlichen Sender in HD-Qualität empfangen. Die Privatsender werden dagegen ausschließlich in HD-Qualität gegen eine monatliche Gebühr von 5,75 EUR ausgestrahlt.
Empfang übers Internet bieten Telekom, Vodafone mit einem separaten Receiver an. Die monatlichen Kosten erfahren sie bei ihrem Netzanbieter.