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Das Haus am Wasser in Vegesack hat eine bewegte Vergangenheit / Vom Papageienhaus zum Atelier Domizil für Exoten und Kunst

Durch das große Panoramafenster aus Panzerglas fällt der Blick auf Grünflächen und die Weser. Das Erdgeschoss ist lichtdurchflutet und geräumig – der ideale Ort für ein Atelier. Das haben im Lauf der Zeit auch einige Kunstschaffende erkannt und im Haus am Wasser an der Weserpromenade Quartier bezogen. Vor 13 Jahren haben die Künstler Thomas Recker und Helmut Streich das sogenannte Papageienhaus angemietet und freuen sich immer über Besucher.
19.05.2013, 05:00 Uhr
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Von Imke Molkewehrum

Durch das große Panoramafenster aus Panzerglas fällt der Blick auf Grünflächen und die Weser. Das Erdgeschoss ist lichtdurchflutet und geräumig – der ideale Ort für ein Atelier. Das haben im Lauf der Zeit auch einige Kunstschaffende erkannt und im Haus am Wasser an der Weserpromenade Quartier bezogen. Vor 13 Jahren haben die Künstler Thomas Recker und Helmut Streich das sogenannte Papageienhaus angemietet und freuen sich immer über Besucher.

Vegesack. Das Haus am Wasser – im Volksmund Papageienhaus genannt – zieht mit seiner sachlich-kantigen Bauhaus-Architektur unweigerlich die Blicke der Passanten am Weserufer auf sich. Viele wissen aber gar nicht, was sich hinter der denkmalgeschützten Fassade tut. Vor 13 Jahren haben im Erdgeschoss zwei Künstler ein berufliches Domizil gefunden: Der Maler Helmut Streich und der Bildhauer Thomas Recker, welcher 2001 die Skulpturengruppe mit zwei Männern, drei Frauen und zwei Kindern für den Vegesacker Hafen geschaffen hat.

Seinerzeit hatte Recker sein Atelier noch in den Räumen des heutigen Spicariums. "Da habe ich die Modelle für die Gießerei gebaut", sagt er. In den Pausen sei er damals gern die Promenade entlang gelaufen und habe dabei das leer stehende Haus am Wasser entdeckt. Seitens der Besitzer und des Ortsamtes, das mitzubestimmen hat, gebe es die Auflage, in dem Gebäude eine Galerie oder ein Atelier zu beherbergen. Und so konnte Thomas Recker gemeinsam mit seinem Kollegen Streich das ehemalige Bootshaus des Vegesacker Rudervereins aus dem Jahr 1927 anmieten. Erbaut hat es seinerzeit der Architekt Ernst Becker-Sassenhof im Bauhausstil rechts neben seinem Wohnhaus, das heute nicht mehr existiert. Das Haus am Wasser wurde dagegen unter intensiver Mitwirkung des Landesamtes für Denkmalpflege in seiner äußeren Form wiederhergestellt. Es wird im Volksmund auch Papageienhaus genannt, weil die frühere Nutzerin Carola Schulz hier nach 1974 vorübergehend mehr als 300 farbenprächtige Papageien hielt.

Heute stehen hingegen etliche kleine Skulpturen in den Regalen. Diese Modelle für mögliche lebensgroße Bronzeplastiken verkauft der 67-jährige Thomas Recker direkt vor Ort, ebenso wie die in Serie gefertigten kleinen Abbilder seiner Vegesacker Figurengruppe. Besonders beliebt sei der kleine Junge, "einige wollen aber auch die ganze Familie haben".

Helmut Streich kreiert und präsentiert seine Arbeiten gegenwärtig vor allem während der Sommermonate im wesernahen Atelier. Pinsel, Farben und Leinwände sind hier allgegenwärtig. Inzwischen lebt der ebenfalls 67-jährige Künstler zwar vorwiegend in Magdeburg, es zieht ihn aber immer wieder an die Weser zurück. Bei schönem Wetter lassen die beiden Männer – sofern sie mal gleichzeitig im Atelier sind – dann auch mal Pinsel oder Bleistift fallen und genießen die Sonne vor dem Haus. "Dann kommen hier auch mal Leute vorbei, die Kaffee und ein Stück Kuchen haben möchten", erzählt Thomas Recker amüsiert. Tatsächlich sei es ein idealer Ort, um aufs Wasser zu gucken und die Spaziergänger zu beobachten, aber Gastronomie sei hier nicht erwünscht.

Die meisten Passanten haben aber offenbar Schwellenangst und betrachten das Papageienhaus nur aus der Ferne. Recker: "Dabei freuen wir uns über Besucher, und man kann uns auch jederzeit anrufen, falls wir nicht hier sind." Dann könnten die Gäste in aller Ruhe die Gemälde und Skulpturen sowie das traditionsreiche Gebäude in Augenschein nehmen, versichert der Künstler.

So erfolgreich Thomas Recker auch war, momentan sieht die Auftragslage wegen der Finanzkrise nicht so rosig aus. "Es gibt keine Wettbewerbe mehr, Großplastiken sind momentan nicht mehr gefragt", sagt der Bremer und seufzt. "In der Provinz bin ich der Prinz", erzählt er lachend. "Aber man muss überregional bekannt sein, um von der Kunst leben zu können."

Für eine Großplastik aus Bronze müsse ein potenzieller Auftraggeber allerdings auch tief in die Tasche greifen, gesteht Thomas Recker. Etwa 7000 Euro seien für eine etwa lebensgroße Skulptur fällig, ein Drittel davon für den Entwurf, ein Drittel für die Gestaltung des Modells und ein Drittel für die Kunstgießerei. Allein für das Modell benötige er gegebenenfalls aber auch etwa zwei Monate.

Solange die Großaufträge auf sich warten lassen, sitzt der Künstler jetzt öfter vor der Tür auf der Festzeltgarnitur und guckt den vorbeifahrenden Schiffen zu. Recker: "Was auf der Weser passiert, ist zum Teil auch für die Kunst sehr anregend."

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