Der Fachmann unterscheidet zwischen E-Bike und Pedelec. Der Fahrraddieb nicht. Für ihn stehen Fahrräder, egal, ob deren Elektromotoren auf Knopfdruck oder nur mit Pedalunterstützung anspringen, gleichermaßen hoch im Kurs. Das jedenfalls bestätigen sowohl die Bremer Polizei als auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) im kleinsten Bundesland.
In den vergangenen drei Jahren, so Polizei-Pressesprecherin Nastassja-Klara Nadolska, habe sich die Zahl der gemeldeten Pedelec-Diebstähle im gesamten Stadtgebiet einschließlich Bremen-Nord sukzessive erhöht. Von 417 im Jahr 2020 auf 605 ein Jahr später und auf 961 im vergangenen Jahr. Zwischen Grambke und Farge-Rekum beklagten 2020 insgesamt 22 Bürger den Verlust ihres Drahtesels mit E-Motorantrieb, 2021 registrierte die Polizei 68 Diebstahlsfälle und im vergangenen Jahr bereits 160. Und dieser Trend hält auch im Norden der Hansestadt aufgrund der bis Ende August gemeldeten Daten offensichtlich an.
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Dass die Zahl der E-Bike-Entwendungen nicht nur im kleinsten Bundesland, sondern generell bundesweit ansteigt, begründet das Statistische Bundesamt unter anderem mit der Beliebtheit dieser Fahrräder. Immer mehr Privathaushalte, auch in Bremen, verfügten über Pedelecs. Und immer Interessanter werden sie deshalb aus Sicht der Polizei für Langfinger. Zumal es sich bei den im Schnitt etwa 3500 Euro teuren Rädern um ein attraktives Beutegut handele, für das der Absatzmarkt und der Bedarf an Ersatzteilen weiter wachse.
Ein Beleg für das kriminelle Geschäft mit gestohlenen E-Bikes sind zum Beispiel die Spezialräder, die im vergangenen Jahr in einem Schuppen in Vegesack entdeckt wurden. In der Straße Am Rabenfeld hatte ein Firmenmitarbeiter mit Hilfe eines GPS-Trackers sein gestohlenes Fahrrad geortet und die Polizei alarmiert. Gefunden wurden 40 E-Bikes, Pedelecs und normale Fahrräder. Als Täter hat die Bremer Polizei inzwischen nach eigenen Angaben eine "beschuldigte Person" ermittelt.
Nur 30 Prozent gegen Diebstahl versichert
Obwohl ein Pedelec oder E-Bike wesentlich teurer ist als ein normaler Drahtesel, wurden in Deutschland angeblich nur rund 30 Prozent gegen Diebstahl versichert. Umso wichtiger stufen Polizei und ADFC-Pressesprecherin Frauke Maack die Fahrradregistrierung sowie die Verwendung eines Schlosses mit dem Siegel „Vertrauen durch Sicherheit“ (VdS) ein. Darüber hinaus sollten Fahrräder stets an einem festen Gegenstand angeschlossen werden. Zumindest den Rahmen und am besten zusätzlich noch eines der beiden Räder, erläutert Nastassja-Klara Nadolska und fügt an: „Auch in Abstellräumen." Dabei sollten die Fahrradschlösser am besten möglichst weit oben an Rahmen und Rädern angebracht werden, damit Diebe einen Bolzenschneider nicht auf den Boden legen könnten, um das Schloss mit Hilfe ihres Körpergewichts zu knacken. Darüber hinaus empfiehlt die Polizei, wertvolle Zubehörteile wie den Akku nicht am Rad zu belassen, sondern unbedingt mitzunehmen.
Im vergangenen Jahr haben die Versicherungsunternehmen nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) so viel für gestohlene Fahrräder an ihre Kunden ausgezahlt wie noch nie – insgesamt rund 140 Millionen Euro.
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Auch der Schadensdurchschnitt habe mit 970 Euro pro Rad einen neuen Höchststand erreicht. „Der Trend, vor allem teure Fahrräder zu stehlen, hat sich nach GDV-Angaben 2022 ungebrochen fortgesetzt. Diebe hätten es gezielt auf hochwertige Rennräder, E-Bikes oder Mountainbikes abgesehen, um sie weiterzuverkaufen. Laut polizeilicher Kriminalstatistik nahm die Zahl der gestohlenen Fahrräder in Deutschland im vergangenen Jahr um knapp 14 Prozent auf rund 266.000 zu. Da Diebstähle häufig nicht angezeigt werden, dürfte die Dunkelziffer allerdings noch weitaus höher liegen.
Wie der Zweirad-Industrieverband (ZIV) mitteilt, sind in Deutschland in den ersten fünf Monaten dieses Jahres 1,05 Millionen E-Bikes produziert und im ersten Quartal 190.000 Exemplare exportiert worden. Die Zahl der E-Bike-Besitzer in Deutschland ist allerdings wesentlich höher. Nach Angaben der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) besitzen rund 12,37 Millionen Personen in der Bundesrepublik, die älter sind als 14, ein E-Bike. Im kleinsten Bundesland sollen nach Angaben des ADFC aktuell von 1000 Einwohnern 76 ein Pedelec und jeder Bremer Bürger, rein statistisch betrachtet, mindestens ein herkömmliches Fahrrad besitzen.